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16.08.03 / Scholz und die politische Buchstaben-Lehre

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 16. August 2003


Hans-Jürgen Mahlitz:
Scholz und die politische Buchstaben-Lehre

Eines muß man Gerhard Schröders "Mann fürs Grobe" schon lassen: In der Kunst, sich zwischen alle Stühle zu setzen, läßt er sich so leicht nicht übertreffen. Den erneuten Beweis lieferte er mit seinen jüngsten Auslassungen über "soziale Gerechtigkeit" und "demokratischen Sozialismus". Diese beiden Begriffe haben für SPD-Generalsekretär Olaf Scholz nur noch "geringe Aussagequalität".

Mit anderen Worten: Sie sind dringend reformbedürftig, sollten folglich auf dem nächsten Parteitag im November völlig neu interpretiert, am besten sogar gleich ganz entsorgt werden - in der Mottenkiste der sozialdemokratischen Ideologie-Geschichte. Dagegen wehrt sich die Parteilinke vehement: Scholz erweise mit solchen Erwägungen der SPD einen Bärendienst, es gehe schließlich um den seit 140 Jahren aufrechterhaltenen Programm-Kern. Den aufzugeben sei so, als wenn "die CDU das C aus ihrem Namen streicht".

Dieser parteiübergreifende Vergleich deutet darauf hin, daß wir es hier mit einem grundsätzlichen Problem zu tun haben. Natürlich würde die CDU nie das C aus dem Namen streichen: Es hat sich über die Jahrzehnte als Markenzeichen verselbständigt, der Konsument kennt es, muß aber nicht unbedingt wissen, was es bedeutet. Dazu paßt, daß viele CDU-Politiker (bis in die aktuelle Parteispitze!) innerlich das C längst gestrichen haben.

Bei den anderen Parteien sieht es kaum anders aus. Was in der FDP eines Heuss oder Mende mit dem F gemeint war, ist unter Westerwelle zur organisierten Spaß-Libertinage entartet. Die Grünen nennen sich zwar immer noch grün, haben aber längst vergessen, daß sie einst als natur- bewegte Umweltschützer angetreten waren. Ihre wahre Symbolfarbe ist dunkelrot; die Partei wird dominiert von einem Konglomerat aus Alt-68ern, Ex-Chaoten im Nadelstreifen und Schickimicki-Karrieristen mit dem Motto "links reden - rechts leben".

Insofern ist es also nur konsequent, wenn nun der SPD-Generalsekretär laut darüber nachdenkt, welch tieferen Sinn das S im Parteinamen künftig haben soll. Sozialistisch? Sozialdemokratisch? Sozial im Sinne sozialer Gerechtigkeit? Oder - wie bei anderen das C oder das F - nur ein x-beliebiger Buchstabe, der im Alphabet gerade frei war?

Auch wenn ihre ideologischen Positionen von der Geschichte überholt, als unhaltbar und inhuman entlarvt sind - der SPD-Linken gebührt Respekt dafür, daß sie sich der von Scholz propagierten Beliebigkeit widersetzt. Ähnliches hätten auch die Unionsparteien heute bitter nötig: Prinzipientreue, Rückbesinnung auf christlich geprägte Werte und sogenannte preußische Tugenden - und eine Portion Mut, dazu auch zu stehen, notfalls gegen die eigene Parteiführung.

Nur so ließe sich jenes "System Kohl" überwinden, das in unterschiedlichen Varianten unser gesamtes Parteiensystem lähmt - und somit letztlich die Entwicklung unseres Gemeinwesens.