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23.08.03 / Bergengruen entführt in längst versunkene Welten

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. August 2003


Voller Fabulierfreude
Bergengruen entführt in längst versunkene Welten

Es soll ja Zeitgenossen geben, für die der tägliche Börsenbericht bewegender ist als das menschliche Verhalten in Grenzsituationen. Doch: "Es gibt mehr Ding' im Himmel und auf Erden als eure Schulweisheit sich träumen läßt", liest man bei Shakespeare. Und für diese Dinge hat der Dichter und Schriftsteller ein besonderes Ohr. Er lauscht hinein in die menschliche Seele und schildert auf das lebendigste das, was er sah, was er hörte. Zu diesen begnadeten Schriftstellern gehört der Baltendeutsche Werner Bergengruen. In Riga 1892 geboren, besuchte er auf Wunsch des Vaters die Schule in Lübeck - dieselbe übrigens wie Thomas Mann; sein Ab-itur legte er in Marburg ab und studierte dort und in München sowie Berlin Theologie, Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte. Am Ersten Weltkrieg nahm Bergengruen als Ulan teil; auch beteiligte er sich an den Kämpfen der baltischen Landwehr.

Zunächst arbeitete der Baltendeutsche als Journalist in Berlin und Memel. 1923 dann erschienen seine ersten Bücher, eine Novelle und ein Roman. Weitere sollten folgen, in denen immer wieder die tiefe Ver- bundenheit des Schriftstellers mit seiner Heimat zutage trat. 1937 aus der Reichsschrifttumskammer wegen seiner jüdischen Ehefrau ausgeschlossen, zog sich Bergengruen in die "innere Immigration" zurück. Nach dem Krieg lebte der mehrfach mit Preisen Ausgezeichnete in Zürich, Rom und schließlich in Baden-Baden, wo er 1964 starb.

Zu seinen bekanntesten Büchern gehört der Roman "Der Großtyrann und das Gericht" aus dem Jahr 1935. Aber auch seine Novellen und Erzählungen wurden schon damals gern gelesen. Und so ist es erfreulich, daß bei nymphenburger in der Verlagsgruppe Langen Müller Herbig nun wieder Erzählungen des Baltendeutschen erschienen sind. Mit viel Phantasie und Liebe zum Detail erzählt Bergengruen "Von baltischer Reiselust", erzählt Geschichten von schrulligen Alten und übermütigen Jungen, von der Liebe und der Anarchie, von Schelmenstreichen und kleinen Boshaftigkeiten. Souverän und voller Fabulierfreude nimmt der Autor seinen Leser bei der Hand und entführt ihn in längst versunkenen Welten. man

Werner Bergengruen: "Von baltischer Reiselust. Erzählungen", nymphenburger in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung, München, 200 Seiten, geb. mit farbigem Schutzumschlag, 14,90 Euro