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23.08.03 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 23. August 2003


Es stinkt. Wenn Senatoren Wäsche waschen 
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Häßliche grüne Schlieren verunstalten den für gewöhnlich anmutigen Alster-See inmitten Hamburgs. Das liegt an den Blaualgen, die sich wegen der Trockenheit ausgebreitet haben, behaupten die einen. Falsch, der Schmierkram kommt von der schmutzigen Wäsche, die im Rathaus gewaschen wird, sagen die anderen. Seit dieser Woche wissen wir, wer recht hat:

Am Dienstag fielen den stets um eine gewisse Vornehmheit bemühten Hamburgern die Nasen ab von dem bestialischen Gestank, der aus ihrem Regierungsgebäude quoll. Innensenator Schill hatte gedroht, mit Bettkantengeschichten über den Bürgermeister auf Tournee zu gehen. In der selbsternannten Hauptstadt der Diskretion ein Verbrechen, für das dem (Ex-)Senator viele am liebsten wie weiland dem Piraten Störtebeker "seinen Kopf zwischen die Füße gelegt" hätten, vulgo: Rübe ab! Bürgermeister Beust schmiß die eklige Petze bloß raus. Zu spät, die Dreckwäsche hing bereits aus dem Fenster, und der gefeuerte Schill fuchtelte so heftig damit herum, daß sogar Schmuddelgeschichten-gestählte Skandaljournalisten aus dem Gleichgewicht kamen, umhergewirbelt von den üblen Winden.

Unzählige Hamburger hätten sich gewünscht, daß es ihnen an diesem unsäglichen Dienstag so geht wie der "Super-Nacht" USA einige Tage zuvor: Das Licht geht aus, keiner sieht mehr etwas, die ganze Metropole ist für einige Stunden praktisch weg. An der Elbe verhängten am Dienstag lediglich dicke graue Wolken den Himmel über den irritierten Hansestädtern.

Dem Kanzler hingegen ging die Sonne auf: Wenn ein Politiker stürzt, dann nur über private Dinge. Seine Politik spielt hierfür keine Rolle. Das war die Lehre aus Hamburg und ist wahrhaft eine gute Nachricht für die Bundesregierung. Und darüber hinaus für alle Deutschen, denn endlich können Rot und Grün ihr Versteck- und Verwirrspiel in der Steuerpolitik nun einstellen, mit dem sie ihre sagenhafte Unfähigkeit bislang zu kaschieren trachteten. Aus (der unbegründeten) Furcht, für falsche Entscheidungen davongejagt zu werden, hatten sie es sich angewöhnt, jeden Beschluß durch einen anderen wieder aufzuheben oder so zu gestalten, daß niemand mehr durchblickt. Dieses Hin und Her muß aufhören. Der Regierung passiert schon nichts, wenn sie uns ganz ehrlich anvertraut: Wir können es zwar nicht, machen aber trotzdem weiter, weil's halt so gut bezahlt wird. Wegen des Chaos räumen mittlerweile sogar Steuerberater - den Tränen nahe - ein, den Überblick über ihr Metier zu verlieren. Das kann krank machen.

So hat sich ein Gebrechen, das einst nur unter Politikern, Intellektuellen und Medienleuten anzutreffen war, bis in die ärmste Schicht der Sozialhilfe-Fälle ausgebreitet: die "Deutschland-Allergie". Wie bekannt wurde, mußte sich ein Stütze-Empfänger bis ins ferne Florida flüchten, um Leben und Gesundheit nicht weiter zu lädieren, nachdem ihn die tückische Krankheit heimgesucht hatte. Die Medien heuchelten Wut darüber, daß er sein Strand-Apartment vom deutschen Staat finanziert bekommt. Natürlich kriegt er das, schließlich steht ihm die Solidarität seiner Leidensgenossen in der Politik doch wohl zu. Außenminister Fischer läßt keine Gelegenheit aus, vor der Gefährlichkeit des Krankheitserregers "Deutschland" zu warnen. Wenn er an Deutschland nur denkt, durchrasen ihn Horrorbilder von KZs und Massenmord. Wem wird da nicht übel? Fischers durchfurchtes Antlitz, sein verkniffener Blick, die blödsinnig gestelzte Sprache - all das sind die typischen Symptome für Deutschland-Allergie im Endstadium.

Davor muß die Welt geschützt werden, weshalb deutsche Kultureinrichtungen rund um den Globus ein ("differenziertes") Bild von Deutschland malen, das einer Reisewarnung (Höchste Stufe: Vom Besuch dringend abzuraten) gleichkommt. Für die Leichtsinnigen, die dennoch hinfahren, sind in der Gefährdungszone zwischen Flensburg und Füssen überall Warnstationen installiert worden. Man nennt sie unheilschwanger "Mahnmale".

Unverständlich ist, daß trotz der gesundheitlichen Risiken immer noch so viele Menschen nach Deutschland reisen. Es gibt schließlich andere Urlaubsziele, die auch ihren gruseligen Reiz haben. Seit über zehn Jahren locken uns Fernsehen und Zeitungen mit aufregenden Beiträgen über Killerkommandos, Massenexekutionen und radikale Islamisten ins heitere Algerien. Eine Gruppe von Deutschen, Schweizern und einem Holländer hat es irgendwann nicht mehr in den Sesseln gehalten. Das wollten sie hautnah miterleben, und das haben sie dann auch. Das Land ließ sie buchstäblich gar nicht mehr los, ganz gefangen waren sie von den Besonderheiten dieser wild-urwüchsigen Region. Gut für die Gesundheit ist so ein Ausflug obendrein. Über Leute, die von vergleichbaren Safaris wiederkehrten, wird berichtet, daß sie über Jahre hinaus, ja manchmal sogar für ihr ganzes Leben gegen Deutschland-Allergie immun waren.

Auch die malerischen Wüstensöhne, die sich monatelang um die Reisegruppe gekümmert hatten, profitieren. Kulturell wie wirtschaftlich. Reisejournalisten nennen solche Querfeldeintouren gern "sanften Tourismus", der sich wohltuend vom "Massentourismus" abhebe. Der sanfte Tourismus habe den Vorzug, daß er nichts zubetoniere und die Kultur des Ziellandes respektiere. In der Tat hatten bei dem Algerien-Trip die Einheimischen klar die kulturelle Oberhand. Anpassen mußten sich ihre Gäste. Außerdem flossen zum Dank fünf Millionen Euro aus Berlin in die Sahara.

Vorvergangene Woche ist übrigens die erste LTU-Maschine in Kabul gelandet. Gebirgstouren vor dem einmaligen Panorama sollen ganz unbeschreiblich sein. Man stört auch gar nicht - im Gegenteil. Wenn es unter den einheimischen "Warlords" zum Streit über die Deutschen kommt, dann nur um die Frage, wer uns für die nächsten Monate bei sich haben darf.

Die Fahne des Pauschaltourismus hält unten im Tal derweil die Bundeswehr-Verwaltung hoch. Das heißt: Alles hat wie zu Hause zu sein, landestypische Abweichungen werden nicht geduldet. So stieß es einem General übel auf, daß Verteidigungsminister Struck seinen Soldaten erlauben wollte, ihre Wagen auch noch zu fahren, wenn die Abgassonderuntersuchung abgelaufen war. Das muß ein prächtiges Bild gewesen sein: Eingehüllt in die Abgase ohrenbetäubend knatternder afghanischer Schrottmöhren zanken sich General und Minister über die Einhaltung der deutschen Umweltauflagen. Die Deutschen trennen da unten sogar ihren Müll, der laut Vorschrift erst draußen vor dem Tor - und keinen Meter vorher - von den Afghanen wieder zusammengekippt werden darf.

So ein Algerien-Trip ist gut für die Gesundheit: Die Deutschland-Allergie verfliegt oft für immer