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30.08.03 / Tödliche Hitzewelle / Frankreich: Vor allem Alte und Kinder betroffen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 30. August 2003


Tödliche Hitzewelle
Frankreich: Vor allem Alte und Kinder betroffen 
von Pierre Campguilhem

Anders als in der Bundesrepublik Deutschland, wo die Sterbefälle aufgrund der Hitzewelle vor allem in Süddeutschland registriert wurden, ist dieses meteorologische Ereignis in Frankreich zu einer Nationalkatastrophe geworden. Nach Schätzungen des Hauptbestattungsinstituts "Pompes Funèbres générales" hat die Hitzewelle in Frankreich mehr als 10.000 Tote während der ersten drei Wochen des Monats August gefordert. Besonders betroffen waren ältere Menschen und Säuglinge sowie solche Menschen, deren Gesundheitszustand als äußerst labil eingestuft wird. Die französische Regierung und der Staatschef Jacques Chirac scheinen sich dieser Katastrophe nicht voll bewußt gewesen zu sein. Chirac war während der Hitzewelle in Kanada im Urlaub, Raffarin in den Alpen, und der Gesundheitsminister, Professor Jean-Français Matti, akzeptierte als alleinige Konsequenz die Kündigung eines hohen Beamte, da er selbst als Sündenbock nicht herhalten wollte.

Nach Angaben des regierungsnahen Figaro wurde neben Frankreich auch Belgien mit 1.500 Toten von der Hitzewelle betroffen. Spanien oder Italien sowie die Schweiz registrierten eine fast normale Lage, so daß die hohe Sterblichkeit in Frankreich ein schlechtes Licht auf das französische Gesundheitswesen zu werfen scheint. Obwohl die Medien, abgesehen von den oppositionellen, mit Zurückhaltung auf diese Krise reagieren, sind sie jedoch dazu verpflichtet, über die zwischen den Sozialisten und dem Regierungslager ausgetauschte Polemik zu berichten. Laut den Sozialisten hat die Regierung mit einer nicht zu entschuldigenden Verspätung gehandelt, während das Regierungslager die durch Jospin und seine Sozialministerin Elisabeth Guigou beschlossene Verkürzung der Arbeitszeit auf fünfunddreißig Stunden pro Woche als hauptverantwortlich für die Krise in den Krankenhäusern sieht. Wie dem auch sein mag, es ist offensichtlich, daß das Gesundheits- wesen in Frankreich zu reformieren ist.

Nach seiner Rückkehr aus Kanada hat Staatschef Chirac in eine Rundfunk- und Fernsehansprache versprochen, daß die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden. Die Regierung weiß, daß die Linke tief gespalten ist und keine einmütige Meinung zur Gesundheitskrise hat. Sie will diese Maßnahmen jedoch bis Oktober zurückstellen. Auf jeden Fall wird für eine Reform des Gesundheitswesens Geld benötigt, und da das Bruttoinlandsprodukt während des zweiten Quartals um 0,3 Prozent geschrumpft ist, bezweifeln die Wirtschaftsbeobachter, daß genügend Geld zur Umsetzung der Regierungspläne vorhanden sein wird. Insofern ist mit einer Vergrößerung des Haushaltsdefizits zu rechnen, um so eher, als die Dürre zu Ausfällen bei der Agrarproduktion geführt hat.

Jean-Piere Raffarin scheint bewußt zu sein, daß der kleine Mann durch die Schwerfälligkeit des französischen Staats allmählich er- sticken könnte, und so ist es nicht erstaunlich, daß er zunächst die Steuerlast vermindern will. Die Linke wirft ihm genau das vor und pocht auf "die französische Besonderheit" in Europa und sogar in der Welt, wobei der Staat so viel Geld bekommen muß, daß er sei- ne Umverteilungsmission erfüllen kann. Die jetzige Lage im Gesundheitswesen ist nach Ansicht der Linken dadurch entstanden, daß die konservative Regierung mit weniger staatlichem Einfluß die Probleme behandeln will. Die Debatte dürfte die politischen Stäbe bei der Vorlag des Haushalts 2004 beschäftigen, wenn das durch die Hitzewelle verursachte Fiasko etwas vergessen sein dürfte.

Zur Zeit schätzen die Kommentatoren, daß die jüngste Krise die Zerbrechlichkeit des französischen Staatswesens ans Tageslicht bringe, während ihrerseits die parlamentarische Opposition nur von einer politischen Krise spricht.

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