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20.09.03 / ... und die Mafia mischt kräftig mit / Kampf der Nationen auf dem Balkan ist nur durch Kriminalität finanzierbar 

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. September 2003


... und die Mafia mischt kräftig mit
Kampf der Nationen auf dem Balkan ist nur durch Kriminalität finanzierbar 
von R. G. Kerschhofer

Im Schatten der Geschehnisse im Nahen und Mittleren Osten verblaßt ein permanenter Krisenherd, der uns viel näher liegt und ebenfalls einiges kostet: Denn in und zwischen den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien ist die Situation alles andere als rosig.

Am blutigsten geht es derzeit in Makedonien zu, wo nach Intervention der Nato 2001 zunächst eine scheinbare Ruhe einkehrte und unter internationalem Druck eine slawisch-albanische Koalitionsregierung installiert wurde. Es kam in letzter Zeit vermehrt zu Überfällen auf Polizisten, Feme-morden, Besetzun- gen von Dörfen und Fluchtbewegungen. Bei Gefechten wurden sogar Kampfhubschrauber der Armee eingesetzt.

Unter der albanischen Minderheit sind neue kleine Milizen entstanden, seit sich die UCK in eine Partei verwandelte und die einstigen Milizenführer in Regierungsämter aufstiegen. In Makedonien genau wie in ethnisch gemischten Gebilden sonstwo zeigt sich, daß Freiheitsbewegungen nach ihrer "Domestizierung" allmählich ihre Anhänger an neue Gruppen verlieren, weil die eigentlichen Probleme ungelöst bleiben. Bleiben müssen.

Zwischen Freiheitskampf und organisierter Kriminalität gibt es einen gleitenden Übergang. Kein Gangster ist nicht auch ein wenig Patriot, wenn es ihm nützt oder wenn er gar einer unterdrückten Minderheit angehört, und kein Rebell kann zur Finanzierung des Kampfes auf "gewöhnliche Kriminalität" verzichten. Heute vor allem Drogen- und Menschenhandel.

Die Emotionen gehen sogar um Mutter Teresa hoch, die 1910 - noch unter osmanischer Herrschaft - in Üsküb geboren worden war. So hieß damals Skopje, die Hauptstadt des heutigen Makedonien. Um die seliggesprochene Albanerin ist ein regelrechter Kult entstanden, und sowohl die mehrheitlich muslimischen Albaner als auch die orthodoxen Slawisch-Makedonier suchen sie zu vereinnahmen. Albanische Intellektuelle konnten sich erfolgreich dagegen wehren, daß ein Denkmal für die katholische Nonne in Rom mit der politisch korrekten, aber sachlich falschen Aufschrift "Tochter Makedoniens" versehen wird.

Auch im angrenzenden Kosovo verhärten sich die Fronten, wenngleich es derzeit nur zu kleineren Zwischenfällen kommt. In den albanischen Gebieten herrscht wildwuchernde Bautätigkeit, in den serbischen Teilen aber Stagnation, was gleichermaßen auf die unklare politische Zukunft und die Misere in Serbien selbst zurückzuführen ist. Genau wie in Bosnien und Kroatien haben die internationalen Bemühungen um Wiederherstellung einer multiethnischen Bevölkerungsstruktur und um Rückführung von Vertriebenen oder Geflüchteten wenig Erfolg, weil die Betroffenen selbst dies meist gar nicht wollen. Um alles Geld, das bisher für "friedenserhaltende Maßnahmen" ausgegeben wurde, hätte sich jeder im jeweiligen Mutterland schon ein komfortables Haus leisten können - aber es darf eben nicht sein.

In Serbien wird die Regierung von mehreren Korruptionsskandalen erschüttert, die Wirtschaft stagniert, und die Journalisten klagen über Unterdrückung der Pressefreiheit. Der nunmehr vorliegende Regierungsbericht über den Mord an Ministerpräsident Djindjic bringt auch keine Neuigkeiten: Es wird auf zahlreiche Mängel im Sicherheitsapparat verwiesen, insbesondere auf die Verflechtung mit der organisierten Kriminalität. Aber der damalige "jugoslawische" Innenminister Zoran Zivkovic ist heute serbischer Ministerpräsident, und der serbische Innenminister heißt heute wie damals Dusan Mihajlovic. Auch Djin-djic hatte sich mit der Mafia arrangiert oder arrangieren wollen. Wurde er präventiv von der Mafia ermordet, weil man ihm mißtraute, oder war es wirklich ein politischer Mord? Es ist wenig wahrscheinlich, daß der Mordprozeß mit 44 Angeklagten eine Klärung bringen wird.

Daß die serbische Ölfirma Beopetrol kürzlich an die Russen "privatisiert" wurde, während die kroatische INA an den ungarischen Ölkonzern MOL ging, muß allerdings in größeren Zusammenhängen gesehen werden: Um die INA hatte sich auch die österreichische OMV beworben, die in Osteuropa stark präsent ist. Aber hinter der MOL stecken jene russischen Oligarchen, die mindestens zwei Pässe haben. Und genau das erklärt, warum ihre Expansionsbestrebungen von westlichen Artgenossen nicht nur nicht behindert, sondern sogar unterstützt werden.

In diese größeren Zusammenhänge passen auch der überraschende Kurzbesuch des kroatischen Präsidenten Stipe Mesic bei seinem Amtskollegen Svetozar Marovic in Belgrad und die gegenseitigen Entschuldigungen der beiden Präsidenten für "Untaten" während des Krieges. Nichts gegen Entschuldigungen, aber Umfragen beweisen, daß man in beiden Ländern dieser simplifizierenden und offenbar von der EU nahegelegten Vergangenheitsbewältigung mißtraut. Auch nicht verwunderlich.

Der "Freiheitskampf" ist noch lange nicht zu Ende

Sogar Streit um Mutter Teresa: War die Heiliggesprochene Albanerin oder Makedonierin? Foto: keystone