28.03.2024

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11.10.03 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 11. Oktober 2003


Unendliche Weiten
Jetzt im Wochenrückblick: Wir haben die wahrhaft europäische Verfassung - weniger Staaten, mehr Gleichheit, mehr Glanz, mehr Gremien
von Hans Heckel

Aber erst mal bleiben wir im Lande: Da wohnen Hoffnung und Verzweiflung Tür an Tür. Achtmal erleichterte uns Gerhard Schröder mit dem Plan, vom Kanzlerposten zurückzutreten und einen Beruf zu ergreifen, den er besser kann. Am Ende hatte er dann jedesmal keinen gefunden und blieb wegen der prekären Lage am Arbeitsmarkt lieber doch bei seinem bisherigen Job. Lange halten wir diesen Psychoterror nicht mehr aus.

Norbert Blüm hat die Faxen jedenfalls dicke: Das sei nicht mehr seine Welt, wo die Menschen schon heute mit Kosten belastet werden sollen, die doch genauso gut kommende Generationen tragen könnten, ließ er verlauten. Waren das nicht schöne Jahre mit dem kleinen Hessen? "Die Rente ist sicher!" - das wußten alle vom Minister selbst. Und kein Widerling kam um die Ecke und raunte davon, daß dies morgen anders sein könnte. Die Welt war schön, es war Blüms Welt. Schönheit hat ihren Preis, daher sind die Kassen jetzt leider leer. Aber es bleibt uns doch die Erinnerung an 16 wunderbare Lenze, in denen wir noch einmal unbeschwert prassen durften.

Jetzt ist diese Welt ins Reich blumiger Fabeln verschwunden und wir in den Schuldturm. Müssen wir daher den Kopf hängen lassen? Nein, auch heute gibt es noch Dinge, über die wir uns freuen können, die nicht dem kalten Gesetz des Mammons folgen. Windkraftwerke beispielsweise. Sie sind zwar völlig nutzlos und kosten Unsummen, dafür veredeln sie die Landschaft, und ihre Rotoren versinnbildlichen die Natur unserer Politik: Immer sachte im Kreis herum. Und wenn es einmal zu sehr stürmt, bleiben sie einfach stehen.

Weniger Wonne bereitet uns allerdings das Treiben auf der europäischen Ebene - womit wir beim Thema wären: Was sich da zusammenbraut, ist weder hübsch noch nützlich. Und es ist ungerecht gegen uns Deutsche. Damit die Bewohner kleiner Länder im EU-Parlament überhaupt zu Wort kommen, hat man ihnen pro Kopf weit mehr Stimmengewicht zugemessen wie den Bürgern der großen Staaten. Das ist natürlich unannehmbar, schließlich ist ein Deutscher genauso EU-Bürger wie ein Luxemburger. Die einzige Lösung: Wir müssen die (EU-)Länder neu gliedern.

Luxemburg und Malta haben zusammen etwa so viele Einwohner wie Bremen. Wenn ein eigenständiges Land Bremen zu klein sein soll für Deutschland, was viele sagen, wie können dann diese Euro-Zwerge groß genug sein für Europa? Also: Luxemburg soll sich mit Belgien und Holland zusammenlegen. Malta wird italienisch oder als Geste des guten Willens unseren muslimischen Nachbarn gegenüber an Tunesien verschenkt.

Eigentlich sind nur Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien angemessen umfangreich für Europa. Alle anderen sind einfach nicht mehr zeitgemäß für die globalisierte Welt und verursachen unnötigen Planungsaufwand. Nordeuropa etwa besteht nur aus Klein- staaten. Von Dänemark bis zum Baltikum muß daraus ein einziger Nordstaat werden. Aus Gründen der Strukturförderung benachteiligter Regionen wird Wilna Hauptstadt. Dafür hat man in Kopenhagen sicher Verständnis. Österreich, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien kennen und lieben sich ja noch aus k.u.k.-Zeiten. Was? Das habe damals auch nicht recht funktioniert? Unsinn: Österreich-Ungarn sei kein Staat, sondern ein Zustand, hieß es vor hundert Jahren. Ganz so wie die EU. Abgehakt.

Und wir sind noch lang nicht fertig: Portugal wird spanisch (das lernen die schnell, die Sprachen sollen sich ziemlich ähnlich sein) und Irland wieder britisch. Selbstverständlich erst, nachdem die widerborstigen Engländer den Euro eingeführt haben. So lange kommen die Iren bei den Franzosen in Pflege (damit hätten die in Paris erst mal zu tun, geschieht ihnen recht).

Bliebe Polen. Tja, Polen ... Mit Deutschland vereinen? Um Himmels willen, das hat schon gleich zu Anfang nicht geklappt. Bis zum Jahre 1000 gehörte Polen zum Sprengel des Erzbistums Magdeburg. Das wurmte die so lange, bis Kaiser Otto III. den Polen ein eigenes Erzbistum in Gnesen einrichtete. Wie von fortschrittlich erzogenen Menschen zu erwarten, war die polnische Antwort nicht "Danke!", sondern "Mehr!" Drei Jahre später marschierten sie ins Reich ein. Seitdem wurden wir nie wieder richtig Freunde. Also mit uns wird das nichts. Und die anderen Nachbarn? Ach, vertagen wir die Angelegenheit erst mal. Derzeit folgt unser östlicher Nachbar ohnehin noch einer alten Landesmarotte und widmet sich mit großem Engagement der Frage: Wie mache ich mir in kürzester Zeit so viele falsche Freunde und echte Feinde wie möglich? Sobald dies beantwortet ist, werden wir in den unendlichen Weiten des Weltraums bestimmt einen Partner für Polen finden.

Sind auf diese Weise die schlimmsten Ungleichheiten bei den Ländergrößen ausgebügelt, löst sich auch das Ungleichgewicht im EU-Parlament wie von selbst. Nationalistische Kleingeister mosern, die Neugliederung gehe nicht an, weil ja die Nationalstaaten verschwänden. Gut erkannt: Haben wir nicht gelernt, daß gerade sie, die Nationalstaaten es sind, die überwunden werden müßten, um Frieden zu schaffen? Und daß der Reichtum Europas in der Vielfalt seiner "Regionen" besteht? Davon gäbe es in unserem schönen neuen Europa überreichlich. Also bitte.

Dann bliebe allerdings noch die Sache mit den Institutionen. Neben dem EU-Parlament benötigt die Union selbstredend eine Art Bundesrat, eine "Staatenkammer". Die hat wie ihr deutsches Vorbild die Aufgabe, möglichst viel von dem, was im Parlament leichtfertig beschlossen wurde, zu blockieren.

Um die zahllosen verborgenen Einflußnehmer am Hofe von Brüssel nicht zu brüskieren, schaffen wir neben der Staatenkammer einen Rat der Weisen, Greisen und Lobby-isten. Denen bleibt es vorbehalten, alle Entscheidungen darauf hin zu überprüfen, ob sie auch der Art entsprechen, "wie wir es schon immer gemacht haben". Damit treten sie der schmerzhaften Kürzung von Subventionstöpfen und Spesen- konten entgegen und retten auf diese Weise die Seele und den tieferen Zweck der Europäischen Union.

Schließlich fehlt noch etwas fürs Auge, Glanz soll her ... ein blaublütiges Oberhaus! Beim europäischen Hochadel sind die Deutschen eindeutig in der Mehrheit, da kann die EU noch aufnehmen, wen sie will. Deutsche werden dann über die Uniformen der EU-Ehrengarde entscheiden. Das wird schick: Die Truppe wird die strahlendsten Kürasse an- und die spitzesten Pickelhauben aufhaben, die die Welt je gesehen hat.