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18.10.03 / Mit Gebet und Gesang durch Masuren

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Oktober 2003


Mit Gebet und Gesang durch Masuren
Eine Ostpreußenreise unter dem Motto "Das Alte wiedersehen, Neues entdecken und neue Brücken der Freundschaft bauen!"

Wie in den vergangenen und auch im nächsten fand auch dieses Jahr eine Studienfahrt unter der Leitung von Brigitte Jaschik aus Adendorf und Pastor Fryderyk Tegler aus Scharnebeck in dessen Heimatstadt Sensburg statt, und auch diesmal stand die zwölftägige Fahrt unter dem Motto "Das Alte wiedersehen, Neues entdecken und neue Brücken der Freundschaft bauen!", ein Motto, das Aufgabe und gleichzeitig Verpflichtung ist.

Auf der Hinfahrt übernachteten die 45 Reisenden aus allen Teilen der Bundesrepublik in Gnesen, wo es zu einer herzlichen Begegnung mit den Ratsfrauen und -herren der Scharnebecker Partnergemeinde Markstädt, Kreis Eichenbrück, kam. Die Gruppe verbrachte zusammen einen fröhlichen Abend mit der Folkloregruppe "Wiwaty" aus Posen.

Am nächsten Tag ging es nach der Besichtigung der Stadt und der kunsthistorisch wertvollen Kathedrale weiter nach Thorn. Dort wurde die Reisegruppe vom dortigen evangelischen Pastor Jerzy Molin erwartet. Seine Tochter führte die Gruppe durch die Kopernikus-Stadt und zeigte den Reisenden die Schönheit der Universitätsstadt Thorn.

Am Abend wurde im Wald am Dadaj-See die erste Andacht in Masuren gehalten. So gestärkt mit dem Wort Gottes und eingestimmt mit heimatlichen Liedern, ist die Gruppe behütet in Sensburg angekommen. Begrüßt wurde sie mit Blumen von der Stadtdirektorin Jadwiga Osiecka und deren Ehemann, dem Parlamentsabgeordneten Julian Osiecki.

Vom Hotel der Familie Bielski "Oscar & Panoramic" am Schloßsee wurden gemeinsame Ausflüge nach Allenstein, Rößel, Lötzen, Nikolaiken, Rhein, Osterode, Rastenburg, dem masurischen Freilichtmuseum in Hohenstein, Heiligelinde, der "Wolfsschanze", der Festung Boyen, Krutinnen, Ukta, Eckertsdorf, Niedersee, Kleinort, Seehesten, Steinort, dem Bauernmuseum in Zondern, Warpuhnen, Loßzainen und Sorquitten unternommen.

Viele Teilnehmer unternahmen außerdem Fahrten mit dem Taxi zu den Orten eigener Geburt oder ihrer Vorfahren nach Lyck, Ortelsburg, Heilsberg, Bartenstein oder Goldap. Sie machten gute Erfahrungen mit den polnischen Bewohnern, die ihrerseits aus den Gebieten vertrieben worden sind, die Polen nach 1945 an die Sowjetunion zurückgeben mußte. Heute lebt dort schon die zweite beziehungsweise dritte Generation. Die Bundesbürger wurden in der Regel sehr herzlich empfangen und mit polnischer Gastfreundschaft bewirtet und zu weiteren Besuchen eingeladen.

Zu Beginn ihres Aufenthaltes in Masuren wurde die Gruppe von der Sensburger Bürgermeisterin Otolia Siemienic und deren Stellvertreterin sowie der Stadtdirektorin im Rathaus empfangen. Otolia Siemienic war nach vier Jahren Pause im Ok-tober 2002 mit großer Mehrheit wieder zur Bürgermeisterin gewählt worden. Stolz erzählte sie, daß in Sensburg 85 Prozent für den EU-Beitritt gestimmt hätten. In einem interessanten Vortrag berichtete sie über die positive Entwicklung der Stadt nach der politischen Wende. Doch verschwieg sie nicht die hohe Arbeitslosigkeit in der Stadt und die damit verbundenen Sorgen und Probleme. Da der Standort aufgelöst wurde, kaufte die Stadt die Kaserne, um dort eine Außenstelle der Universität von Allenstein zu errichten und Wohnungen für sozial schwache Familien zu schaffen. Die Stadt bemüht sich um Investoren aus dem Ausland und setzt weiter auf Touristik und Erholung in der Region. Alle Fragen beantwortete die Bürgermeisterin mit großer Sachkenntnis und viel Überzeugungskraft. Pastor Tegler überreichte der Bürgermeisterin im Namen der Gruppe einen Blumenstrauß und einen Bildband über die Bundesrepublik. Die Teilnehmer erhielten im Gegenzug Prospekte der Stadt Sensburg und wurden zu weiteren Besuchen nach Masuren eingeladen.

Der Besuch des Geburtshauses von Ernst Wiechert in Kleinort wurde verbunden mit einem Vortrag und einer Dichterlesung des Historikers und Wiechert-Kenners Dariusz Jarosinski, der die Masurische Wiechert Gesellschaft leitet und dazu beigetragen hat, daß heute das Geburtshaus des Dichters ein kleines Museum und eine würdige Umgebung hat. Anschließend fand eine Andacht mit Blumenniederlegung auf den Gräbern seiner Frau Meta und des Sohnes Ernst Edgar Wiechert in den Wäldern der Oberförsterei Pfeilswalde am Ufer des idyllischen Großen Matzsees, in dem Meta Wiechert sich das Leben genommen hat, statt.

Mit dem Pastor auf Reisen zu gehen, das heißt auch Singen und Beten sowie Kirchen und Klöster besuchen. So wurde auch das Philipponenkloster der Heiligen Drei- faltigkeit und des Erlösers am Dusch-See in Eckertsdorf besucht und besichtigt, wo nur noch zwei alte und kranke, seit Jahrzehnten von Pastor Tegler betreute Schwestern leben.

In Nikolaiken verschönerte die Gruppe einen festlichen Konfirmationsgottesdienst mit Beichte und Abendmahl mit ihren Liedern, beschenkte die Konfirmanden mit Kerzen und Geldbeträgen für Kleider und empfing das Heilige Abendmahl im Knien. In Sorquitten wurde zusammen mit 80 Jugendlichen aus Königsberg eine ergreifende Morgenandacht gefeiert. Abendandachten feierte die Reisegruppe unter anderem in der evangelischen Kirche in Warpuhnen und in der Kapelle in Groß Stürlack. Und in der gewaltigen Bischofskirche Peter und Paul zu Rößel wurde mit dem katholischen Prälaten D. Wyrostek ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert.

Auf dem Soldatenfriedhof auf der Jägerhöhe bei Angerburg, wo 343 deutsche und 233 russische Soldaten des Ersten Weltkrieges ruhen, wurde eine Andacht gehalten. Unter dem Kreuz wurden Blumen niedergelegt - auch für die vielen anderen, die kein gepflegtes Grab haben.

Großer Wert wurde auch bei dieser Fahrt auf menschliche Begegnungen mit der in Masuren lebenden deutschen Volksgruppe gelegt. Dazu zählten heuer ein gemütlicher Kaffeenachmittag bei selbstgebackenenem Kuchen in Groß Stürlack, ein Mittagessen im Gästehaus der evangelischen Kirche in Nikolaiken sowie der Besuch des Bauernmuseums mit Kaffee und Kuchen bei Christel Dickti in Zondern.

Die Begegnungen werden auch dazu genutzt, der kleinen Diaspora-Kirche in Masuren in deren finanzieller Not etwas zu helfen. Diese Hilfe geschieht in Form von Spenden für die neue Diakonie-Station in Sorquitten sowie der Renovierung von Kirchen und Kapellen, aber auch durch diverse Sachspenden wie Lebensmittel und Kleider für Jugendliche aus Königsberg, das evangelische Altenheim "Die Arche" in Nikolaiken und diverse sozial schwache Familien. Eine Extra-Spende brachte die Gruppe für die Behinderten-Arbeit in Sensburg auf.

Auf der Rückfahrt blieb noch genügend Zeit für einen Besuch der Geneigten Ebene in Buchwalde und eine Fahrt auf dem Oberländischen Kanal. Über Marienburg ging es dann nach Danzig, wo im direkt an der Ostsee gelegenen Hotel "Poseidon" übernachtet wurde. Am nächsten Tag ging die Reise an der Ostseeküste entlang über Rheda, Stolp, Köslin und Naugard nach Stettin, wo die letzte Nacht im Hotel "Neptun" verbracht wurde. Nach der Stadtbesichtigung und einem kräftigen Mittagessen ging es zurück nach Adendorf F. T.

Kaffeenachmittag in Groß Stürlack: Begegnungen mit den Heimatverbliebenen bildeten einen wichtigen Bestandteil der Reise. Foto: Tegler