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18.10.03 / Abenteuer mit dem russischen Zoll / Was fünf Vertreter des Kuratoriums Arnau erlebten, als sie eine Kirchenglocke ins Königsberger Gebiet einführen wollten

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 18. Oktober 2003


Abenteuer mit dem russischen Zoll
Was fünf Vertreter des Kuratoriums Arnau erlebten, als sie eine Kirchenglocke ins Königsberger Gebiet einführen wollten

Haben Sie der Russischen Föderation schon einmal etwas geschenkt? Falls Sie starke Nerven haben, versuchen Sie es ruhig! Sonst lassen Sie die Finger davon und geben das Geld anderweitig aus.

Ein Beispiel aus dem August 2003: Nachdem der Turm der Arnauer Katharinenkirche soweit wiederhergestellt und der von der Firma Bansleben in Insterburg gebaute Glockenstuhl in solidem Eichenholz schon vor Monaten installiert worden war, sollte die in der Bundesrepublik erworbene Glocke nach Ostpreußen gebracht und eingebaut werden. Vom bundesdeutschen Zoll war die Ausfuhrgenehmigung erteilt als Transit durch Polen. Fünf Männer, darunter zwei ehemalige Arnauer, machten sich mit zwei Fahrzeugen und festgezurrter Glocke auf den Weg.

Schon beim polnischen Zoll gab es Schwierigkeiten, doch waren diese noch harmlos, gemessen an den Problemen, die den Transport auf russischer Seite erwartete. Dort, in Preußisch Eylau, ging es dann richtig los. Stundenlanges Palaver mit den russischen Zöllnern, die immer wieder auf einem sogenannten cmr-Papier bestanden, ohne das die ganze Sendung quasi illegal sei. Bei diesem Papier handelt es sich um einen Frachtbrief für grenzüberschreitenden Landverkehr, den die anliefernde Spedition ausstellt. Daß Privatleute eine solche Fracht selbst bringen - natürlich ohne cmr-Papier - ist dort offenbar noch nicht vorgekommen und deshalb nicht vorstellbar. Jedenfalls stürzte es die Zöllner in aufgeregte Ratlosigkeit. Schließlich wurde verlangt, daß der Fahrer des Wagens samt diesem und Glocke bis zum nächsten Morgen dort bleiben sollte. Dann werde man höheren Ortes versuchen, weitere Instruktionen einzuholen. Der Fahrer, Jahrgang 1926, lehnte dieses ab, und nach weiterem Palaver durften alle fünf Ostlandreisenden mit dem noch verbliebenen Personenkraftwagen nach Königsberg ins Hotel fahren, mit dem Versprechen, am nächsten Morgen pünktlich wieder an der Grenze aufzutauchen.

Dort dann weiteres Palaver mit dem nächsten Diensthabenden bis gegen Mittag, Ausstellung irgendwelcher Papiere (mit Stempeln) und Überführung des "Glockenwagens" unter Polizeibegleitung - kostenpflichtig, versteht sich - in das Zollager Königsberg. Hier lagerte man nicht nur die Glocke ein, sondern beschlagnahmte auch gleich das ganze Fahrzeug mit allen darin befindlichen privaten Dingen. Es dauerte Stunden, bis es endlich gelang, wenigstens den Wagen freizubekommen.

Auch die Unterstützung des NPZ (Denkmalschutzamt), das nicht nur einen hochrangigen Mitarbeiter, sondern tags darauf noch einen eigenen russischen Juristen abstellte, nützte nichts oder nur wenig. Wieviel Zoll eventuell zu zahlen sei, konnte niemand sagen, Kirchenglocken stehen offensichtlich nicht in der Liste, ebenso wie Drogen und Handfeuerwaffen. Die Landung eines Ufos vom Mars hätte keine größere Verwirrung auslösen können.

Dafür aber waren jede Menge Papiere auszufüllen - mit kostenpflichtigen Stempeln -, doch nichts weiter geschah, außer mehrtägigem Hin- und Her-fahren und Herumlaufen. Treu begleitet und unterstützt von den Vertretern des NPZ und der Dolmetscherin, denen das Verhalten der Zollbehörden offensichtlich peinlich war. Abhilfe schaffen könnte nur der oberste Zollchef. Doch der ließ uns nach zwei Stunden Wartezeit am Freitag mitteilen, daß er keine Zeit mehr habe. Vielleicht dürfe man am Montag einmal anrufen und um ein Gespräch nachfragen, oder am Dienstag.

Daß andere Russen versuchten zu helfen, sei positiv vermerkt, doch gegen die geballte Ladung russischer Bürokratie, die sich ganz offensichtlich aus noch lange nicht vergessenen Wurzeln ihren Lebenssaft saugt, kommt kaum jemand an. Wer, wie beispielsweise das NPZ, beim Zoll nicht mit spezieller Nummer registriert ist, darf aus dem Ausland keine Waren empfangen. Wieso eigentlich nicht, wenn alle Papiere in Ordnung sind? Und wieso wird man "bestraft", wenn man dem russischen Staat, welcher die Eigentumsrechte an der Arnauer Kirche vertritt, eine Glocke schenken will?

So blockieren alte Vorschriften, eisern verteidigt von alten Apparatschiks, gegen jede Vernunft jeden konstruktiven Aufbau. Indirekt profitieren davon natürlich jene Kräfte, denen alle Türen offen stehen. Doch das ist ein eigenes Thema.

Wie lautet die Inschrift der Kirchenglocke? "Ihr seid das Salz der Erde ... Ihr seid das Licht der Welt." Ob dieser im Evangelium des Matthäus, Vers 14 und 15, wiedergegebene Ausspruch Jesu auch auf die russischen Zollbehörden anwendbar ist, wollen wir offen lassen. Entnervt reisten die fünf Vertreter des Kuratoriums Arnau nach einer Woche wieder ab. Die Glocke blieb vorerst im Zollager. GK