19.04.2024

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01.11.03 / Zum Tode von Prof. Boris Meissner

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 01. November 2003


Vorkämpfer für Recht und Freiheit
Zum Tode von Prof. Boris Meissner

Der Preußenschild der Landsmannschaft Ostpreußen (1990) und das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern zierten seine Brust ebenso wie der Königlich-Schwedische Nordland-Orden 1. Klasse und der Estnische Marienland-Großkreuz-Verdienstorden. Nicht ohne Grund, denn Prof. Dr. Boris Meissner beriet seit 1949 alle Bundesregierungen bis in die 90er Jahre hinein zu osteuropäischen Fragen, insbesondere zu aktuellen Entwick-lungen in der damaligen Sowjet-union, und war ein Streiter für die nationale Selbstbestimmung rund um das Mare balticum. Zwischen 1956 und 1958 war er auch als Diplomat im Auswärtigen Dienst - zeitweise in der deutschen Botschaft in Moskau - tätig.

Mit seiner völkerrechtlichen Dissertation (1955) "Die sowjetische Intervention im Baltikum und die völkerrechtliche Problematik der baltischen Frage" begründete Meiss- ner die Rechtswidrigkeit der sowjetischen Okkupation Estlands, Lettlands und Litauens. Er begann damit sein wissenschaftliches Lebenswerk, das 69 Bücher und über 400 Fachartikel umfaßt.

Seine wissenschaftliche und politische Passion entsprach ganz seiner Herkunft. Am 10. August 1915 in Pleskau als Sohn eines deutschbaltischen Richters geboren, studierte Meissner zwischen 1932 und 1939 an den Universitäten Dorpat, deren Ehrendoktorwürde er 1996 erhielt, und Posen Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Nach einem kurzen Intermezzo als Studienassistent in Posen und Breslau folgten wie bei so vielen seiner Zeit 1940 der Wehrdienst und 1945 die Kriegsgefangenschaft.

Auch nach dem Krieg blieb Meissner dem Baltikum und besonders Estland stets verbunden. Als Referent wirkte er mit an den deutsch-sowjetischen Verhandlungen 1955 und 1957/58 und war an allen Viermächtekonferenzen über Deutschland 1954 bis 1959 als Berater der Bundesregierung beteiligt. 1959 bis 1964 war er zunächst Ordinarius für Ostrecht an der Universität Kiel. Anschließend wechselte er an das Institut für Ostrecht der Universität Köln, welches er bis 1985 leitete.

Seine Verbindung zum Baltikum brachte er durch sein wissenschaftliches und politisches Wirken in diversen Gremien auch ehrenamtlich zum Ausdruck: Arbeitskreis für Ost-West-Fragen beim Auswärtigen Amt, Direktorium des Ostkollegs bei der Bundeszentrale für politische Bildung, Direktorium des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde, Vorstand der Carl-Schirren-Gesellschaft, Vorstand der Georg-Dehio-Gesellschaft, Mitglied der Baltischen Historischen Kommission, Baltische Gesellschaft in Deutschland, Rheinisch-Westfälische Akademie der Wissenschaften, Deutsche Stiftung für Uno-Flüchtlingshilfe, Studiengruppe für Politik und Völkerrecht, Studiengruppe für gegenwartsbezogene Baltikumforschung, Beirat des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte usw. Nicht zuletzt war er langjähriger Präsident des 1946 gegründeten Göttinger Arbeitskreises, der schon in seiner personellen Zusammensetzung Königsberg und Ostpreußen verbunden war. Dies kommt auch in der umfangreichen Schriftenreihe des Arbeitskreises zum Ausdruck.

Boris Meissner behauptete in seinen Arbeiten bis zum Ende des kalten Krieges stets, daß die Wiederherstellung der Selbständigkeit der drei baltischen Staaten realistisch sei. Mit seinen Arbeiten beeinflußte er wesentlich die Haltung der Bundesregierung unter anderem bei den KSZE-Verhandlungen.

Der sowjetische Geheimdienst "adelte" Meissner wegen seines Wirkens durch gesteuerte Veröffentlichungen ihn kompromittierender Artikel in baltischen Zeitungen und Magazinen. Ganz auf dieser Linie von Lug, Trug und Unterdrückung bemühte sich 1997 zuletzt auch die Kommunistin Ulla Jelpke als PDS-Abgeordnete im deutschen Bundestag mittels einer kleinen Anfrage um eine Diskreditierung Meissners (BT-Drs. 13/6904). Sein Ruf und Renommee blieben indessen sowohl im Baltikum als auch in Deutschland unbeschädigt.

Boris Meissner hat die tiefe Ernied- rigung seiner estnischen Heimat sowie den Exodus der Deutschbalten miterlebt und an der politischen Wiederbelebung des Baltikums hochverdient mitgewirkt. B. K.

Seine guten Verbindungen zum Baltikum wussten die Politiker zu nutzen