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15.11.03 / Auch Italien hat seinen Kruzifix-Streit

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. November 2003


Der Kreuzzug des Abu Peppone
Auch Italien hat seinen Kruzifix-Streit

Es liest sich wie eine moderne Version von Don Camillo und Peppone. Nur daß Peppone nicht der kommunistische Bürgermeister eines kleinen Dorfes in der Po-Ebene ist, sondern der Vorsitzende der Muslimischen Union Italiens. Dieser moderne Peppone hat vor Gericht durchgesetzt, daß das Kreuz im Klassenzimmer seines Sohnes abgehängt wird. Und nun steht Italien Kopf. Die Bischöfe, der Staatspräsident, die Medien - sie alle sehen das Abendland in Gefahr. Abu Peppone und Don Camillo sind überall.

Das Urteil des Provinzrichters wird die nächste Instanz kaum überleben. Dafür sind die Seil-schaften zwischen den Gewalten, die sich eigentlich gegenseitig kontrollieren sollen, gele- gentlich aber auch einander vor anderen Gewalten schützen, einfach zu verflochten, die einflußreichen Kreise in Regierung und Kirche werden dem Unmut des Volkes Rechnung tragen.

Aber die Aufregung hat auch einen wahren Kern. In keinem Land der Welt sind die Wurzeln des Christentums weiter und tiefer verästelt und auch sichtbarer als in Italien. Vermutlich klaffen in kaum einem Land Theorie und Praxis des Christentums, wenigstens was die Sittenlehre angeht, auch so weit auseinander wie zwischen Mailand und Palermo. Aber die eigene Kultur und Seelenlandschaft ist eine Sache - daß ein Fundamentalist einer fremden Religion den Italienern vorschreiben will, wo das Kreuz zu hängen hat und wo nicht, eine ganz andere. Italiens Empörung über Abu Peppones Streich ist auch ein Ausdruck der Angst vor einem Islam, der sich seit einigen Jahren immer aggressiver geriert.

Der Kruzifix-Streit von Ofena in den Abruzzen ist in der Tat Symptom eines geistig-kulturellen Ringens und somit auch eine europäische Angelegenheit. Wer sich noch nicht einmal darauf verständigen kann, in der neuen Verfassung das christliche Erbe des Alten Kontinents zu würdigen, der darf sich nicht wundern, daß Anhänger einer universal ausgreifenden Religion auch ver-suchen, die Kulturhoheit zu er-langen. Aber die Italiener sind in diesem Punkt sicher sensibler als die Deutschen. Seit dem Chefideologen der Kommunisten, Antonio Gramsci, weiß man, daß der Kultur auch die Politik folgt, daß Kulturhoheit auch Macht bedeutet und daß kulturelle Symbole wie Fahnen und Standarten das Bewußtsein prägen. Deshalb wird die Empörung auch zu einer Polarisierung führen.

Es ist offen, ob diese Polarisie-rung über die Grenzen schwappt. Auch Österreich und Frankreich haben ein Problem mit manchen islamischen Mitbürgern. Dieses Problem wird aber nur gelöst werden können, wenn die Europäer sich auf ihre Identität - dazu gehört übrigens auch die Toleranz, nicht die Selbstaufgabe - besinnen. Der neue Kruzifix-Streit könnte zu dieser Besinnung beitragen, und in diesem Sinn hat Abu Peppone seinem Islam vermutlich einen Bärendienst erwiesen. Jürgen Liminski