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15.11.03 / Berliner Denkmalgeschichten mit Anekdoten und Denkwürdigkeiten rund um Standbilder in der Hauptstadt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 15. November 2003


Stein und Bronze gewordene Geschichte
Berliner Denkmalgeschichten mit Anekdoten und Denkwürdigkeiten rund um Standbilder in der Hauptstadt

Zwei Preußenkönigen, besser ihren bronzenen Abbildern, begegnet man beim Spaziergang durch den Charlottenburger Schloßgarten. Vor dem Neuen Flügel des Schlosses haben die Denkmäler für Friedrich I. und Friedrich II. Aufstellung gefunden. Das erste enstand 1698 nach einem Modell des Danziger Baumeisters Andreas Schlüter. Es war ursprünglich für den Hof des Zeughauses bestimmt, wurde dann aber 1801 von König Friedrich Wilhelm III. der Stadt Königsberg geschenkt und fand auf dem Schloßplatz Aufstellung. Das Original ist seit 1945 verschollen; mit Hilfe der Bildhauer Waldemar Grzimek und Gerhard Marcks konnte 1972 ein Neuguß gefertigt werden, der nun am Schloß Charlottenburg zu sehen ist. Ebenso abenteuerlich ist die Geschichte des vor 210 Jahren in Stettin enthüllten Denkmals für Friedrich den Großen von Johann Gottfried Schadow. Das Original, das den König als Landesherrn, Schlachtenlenker und Gesetzgeber darstellt, ging verloren, auch hier mußte ein Nachguß geschaffen werden ...

Viele Denkmäler in Berlin sind ein Opfer des Krieges und der Wirren danach geworden, wie die stattliche Berolina des Königsbergers Emil Hundrieser oder das Standbild des Historikers Heinrich von Treitschke, geschaffen 1909 von Rudolf Siemering aus Köni´gsberg, das 1951 entfernt und vermutlich eingeschmolzen wurde. Mit viel Glück konnten einige Denkmäler restauriert werden, andere blieben auf immer verloren. Spötter sagen, zum Glück, denn nicht alles, was man vor Jahrhunderten für denkmalwürdig befand, würde heute noch Anerkennung genießen. Helmut Caspar ist einmal den Zeugen aus Marmor, Stein und Bronze nachgegangen und hat Berliner Denkmalgeschichten aufgeschrieben (Berlin Edition im Quintessenz Verlag, Berlin. 320 Seiten, geb. mit Schutzumschlag, etwa 90 sw Abb., 19,90 Euro). Entstanden ist ein überaus unterhaltsames Buch, das durchaus auch als Stadtführer genutzt werden kann, sind doch die Denkmäler nach geographischen Standpunkten geordnet. Caspar versteht es, seine Leser durch Geschichten rund um das Denkmal, seine Schöpfer und die Dargestellten zu fesseln und Geschichte wieder lebendig werden zu lassen. Anekdoten und Denkwürdigkeiten und auch so allerlei Absonderliches hat der Autor aufgespürt und läßt seine Leser daran teilhaben.

Neben Herrschern und Feldherrn sind auch andere Persönlichkeiten der deutschen Geschichte mit der Errichtung eines Denkmals gewürdigt worden. Für den bedeutendsten deutschen Augenarzt des 19. Jahrhunderts, Albrecht v. Graefe, schuf Rudolf Siemering ein Standbild, das unweit der Charité in der Luisenstraße steht. In der Hand trägt Graefe übrigens einen Augenspiegel, wichtig zur Erforschung des Augenhintergrunds und erfunden von Hermann v. Helmholtz, der lange Jahre an der Königsberger Albertina gelehrt hat. Auch Dichter wie E. T. A. Hoffmann (von Carin Kreuzberg) oder Heinrich Heine (von Waldemar Grzimek), Künstler wie Käthe Kollwitz (von Gustav Seitz), Komponisten wie Haydn, Mozart und Beethoven gar im "Dreierpack" (von Siemering) und von den Berlinern wegen der ungewöhnlichen Form spöttisch "Musikerofen" genannt, wurden durch Denkmäler geehrt. Vor gut 100 Jahren gab es in Berlin noch "232 Denkmäler überhaupt, darunter 716 dargestellte Personen, 128 Tiere", so ein zeitgenössisches Buch. Einen guten Teil davon hat Helmut Caspar aufgespürt - zur Freude des Lesers und nicht zuletzt des Berliners, der viele Standbilder nun vielleicht mit anderen Augen sieht. Silke Osman

Andreas Schlüter: Friedrich I., Nachguß der 1698 gegossenen Bronze, Foto: Archiv

Rudolf Siemering: Denkmal für den Augenarzt Albrecht v. Graefe (1882) Foto: aus dem vorgestellten Buch