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22.11.03 / Österreichische Bundesbahnen lahmgelegt

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 22. November 2003


Privilegierte im Streik
Österreichische Bundesbahnen lahmgelegt

Erstmals seit Jahrzehnten durften die Österreicher einen größeren Streik erleben. Die Eisenbahnergewerkschaft ließ ihre Muskeln spielen: Zunächst wurde ein halbtägiger Warnstreik inszeniert, vorige Woche kam es zu einem fast dreitägigen Ausstand aller Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB).

Beobachter hatten von Anfang an kritisiert, daß sich die Kontrahenten keine gesichtswahrenden Ausstiegsoptionen offengehalten hatten. Nach dem (vorläufigen?) Ende des Streiks beeilte sich Bundeskanzler Schüssel daher zu sagen, daß es weder Sieger noch Verlierer gebe. Im Klartext: Die Regierung zählt sicherlich nicht zu den Siegern. Aber auch wenn den Scharfmachern in der Eisenbahnergewerkschaft der Kamm schwillt, gibt es eigentlich nur Verlierer.

Die unmittelbaren Verluste für die ÖBB könnten bei 40 Millionen Euro liegen - aber was ist das schon angesichts eines Staatszuschusses von 4,4 Milliarden jährlich? Daß die ÖBB-Leitung den Fahrkartenbesitzern großzügig Gutschriften gewährt für Ausfälle, die von Dritten verursacht werden, geht also zu Lasten der Steuerzahler. Zu den angedrohten Klagen wird es auch nicht kommen, denn bei "Einigungen" läßt sich die Gewerkschaft immer einen Freibrief ausstellen. Wenn also Industriebetriebe wegen Folgeschäden klagen sollten, träfe dies ebenfalls die Steuerzahler.

Die mittelbaren Schäden für die ÖBB sind weitaus größer, denn man wird industrielle Kunden verlieren oder neue nicht gewinnen. Zur Kostenreduzierung trachtet man bekanntlich überall, Materiallager klein zu halten, und ist daher auf pünktliche Anlieferung ("just in time") angewiesen. Hier erweist sich der Straßentransport als viel flexibler, umso mehr als auch im Streikfall Alternativen bestehen. Verheerend war der Streik aber auch wegen Blockierung des internationalen Güterverkehrs: Da versucht die Regierung verzweifelt, in der EU Verständnis für Österreichs Nöte mit dem Transitverkehr zu finden - und dann führen die Gewerkschafter den propagierten Umstieg von der Straße auf die Schiene an absurdum! Und die Grünen applaudieren.

Ach ja, warum wurde eigentlich gestreikt? Tatsächlich ging dies weitgehend unter. Auch hier muß man der Regierung den Vorwurf machen, daß sie der Gegenseite billige Vorwände lieferte: Wie schon bei anderen, seit Jahrzehnten überfälligen Reformvorhaben wurden mehrere Maßnahmen in einem Gesetzesentwurf gebündelt. Wenn aber später einzelne Punkte zurückgenommen werden müssen, entsteht zwangsläufig der Eindruck von Schwäche und mangelnder Professionalität.

Was die ÖBB betrifft, geht es um zwei Bereiche: Reorganisation und Aufspaltung in mehrere Teilfirmen. Ob dies betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, bleibt zwar selbst unter Experten umstritten. Sicher ist aber, daß ein Streik dagegen unzulässig wäre und mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden könnte.

Ferner soll das Dienstrecht reformiert werden. Die Eisenbahner hatten sich unter zumeist roten Ressortministern zu einer wahrhaft privilegierten Kaste entwickeln können: Sie gehen rund zehn Jahre früher in Pension als andere Bedienstete. Sie machen ihre Dienstpläne selber und "optimieren" die Überstunden. Und vor allem: Nur 4.000 von den 47.000 Beschäftigten stehen nicht unter Kündigungsschutz! Der Plan der Regierung, mehrere tausend überflüssige Bedienstete in eine Personalvermietungs-Gesellschaft einzubringen, sorgt daher für besonderen Aufruhr.

Wie es weitergeht? Es bleibt - angeblich - bei der Reorganisation, die Anfang Dezember von den Regierungsparteien im Parlament abgesegnet werden soll. Und eine Reform des Dienstrechts soll zwi- schen ÖBB-Vorstand und Gewerkschaftern in den nächsten Monaten ausgehandelt werden. Außer Spesen nichts gewesen. Klar ist jedenfalls: Die am meisten Privilegierten wehren sich am heftigsten gegen Reformen. So die Mittelschullehrer, die ähnliche dienstrechtliche Vorteile genießen, oder die Piloten der "Austrian Airlines", die zu den höchstbezahlten Dienstnehmern gehören und mit ihren Streiks und neuerlichen Streikdrohungen ihren Dienstherrn zum Absturz bringen könnten. Klar ist aber auch, daß der vor fast vier Jahren mit interna- tional(istisch)er Hilfe begonnene Kampf gegen die nichtsozialistische Regierung mit allen Mitteln weitergeführt wird. R.G.K.