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29.11.03 / Terror, Türken und Europa

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 29. November 2003


Hans-Jürgen Mahlitz:
Terror, Türken und Europa

Wolfgang Bosbach, einer der Wortführer beim Rausschmiß Martin Hohmanns aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hatte offenbar das dringende Bedürfnis, den verbliebenen Restbeständen des konservativen Flügels seiner Partei Gutes zu tun: Noch war der Pulverdampf über Istanbul nicht verzogen, da wußte er schon zu verkünden, mit diesen islamistischen Anschlägen in der Bosporus-Metropole seien für die Türkei die Türen der EU nun endgültig verschlossen.

Gerhard Schröder reagierte prompt und kanzelte den "antifaschistischen Bundesgenossen" der Vorwoche heftigst ab: Dessen Aussage, mit einer EU-Aufnahme der Türkei werde "das Terrorproblem importiert", sei "charakterlos". Natürlich ließ der Bundeskanzler die Gelegenheit nicht aus, mit einem trotzigen "Jetzt erst recht" die Bombenanschläge zum Argument für einen EU-Beitritt umzudeuten.

Beide haben Unrecht. Die Attentate sprechen weder für noch gegen einen Beitritt. Sollte auch Deutschland einmal zum Ziel solcher Anschläge werden, dann unabhängig davon, wer welcher internationalen Organisation angehört. Terroristen brauchen die Türkei nicht als Tor zu Europa; wer in Berlin oder München, Hamburg oder Dresden oder wo auch immer Böses plant, muß dazu nicht gerade über den Bosporus einreisen. Und umgekehrt ist es nicht der bündnispolitische Status Ankaras, der unser Land bisher vor schwereren Terrorakten bewahrt hat. Eher schon darf man hier handfeste

Eigeninteressen der internationalen Terror-Netzwerke vermuten: Aufgrund seiner laschen Gesetzgebung und Rechtsprechung in Sachen Ausländer- und Zuwanderungsrecht und seines maßlos überzogenen, einseitig zum Täterschutz entarteten Datenschutzes ist Deutschland für Kriminelle aller Art - auch für solche mit politisch-ideologischem Hintergrund - längst zur ungestörten Idylle geworden. Und so dumm sind auch die fanatischsten Terroristen nicht, daß sie sich selbst den Ast absägen würden, auf dem sie sitzen. Da scheint sogar die Vermutung, zwischen Bundesregierung und Terror-Netzwerken gebe es eine Art "Gentleman-Agreement" (merkwürdige "gentlemen" sind das: Ihr laßt uns in Ruhe, dafür lassen wir euch gewähren), nicht ganz abwegig.

Wenn es so wäre, könnten wir darauf ebenso wenig stolz sein wie auf eine Bundesregierung, die vorgibt, sie wolle die Türkei ins europäische Boot holen, um Deutschland vor Terrorismus zu schützen. In Wahrheit will Rot-Grün etwas ganz anderes: die multikulturelle Gesellschaft - wenn schon nicht auf direktem Wege - dann eben durch die europäische Hintertür. Daß die Opposition sich nach wie vor mehrheitlich gegen solche Tendenzen wendet, ist zu begrüßen. Natürlich hat der CDU-Politiker Bosbach recht, wenn er von einer "Fülle guter Gründe gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei" redet - unterschiedliche Kultur und Religion, erhebliche innenpolitische Probleme, die Lage eines Großteils des Landes in Asien. All das ist weder nationalistisch noch ausländerfeindlich oder gar "anti-islamisch" (das neueste Totschlagwort gegen rechts, für den Fall, daß der Antisemitismus-Vorwurf nicht zieht).

Mit den jüngsten Terrorakten aber hat die Beitrittsfrage nichts zu tun. Eine türkische EU-Mitgliedschaft (oder Nicht-Mitgliedschaft) macht Europa weder sicherer noch unsicherer. Die Bluttaten von Istanbul in dieser Streitfrage zu instrumentalisieren, ist ein politischer und erst recht ein menschlicher Fehlgriff, wenn man an die Opfer - und die vielen in Deutschland lebenden Angehörigen - denkt. Etwas mehr Mitgefühl wäre hier angemessen - zumal es genügend andere Gelegenheiten gibt, mit den Türken Tacheles zu reden.