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20.12.03 / 27.12.03 / Das Fest nicht verschlafen

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. u. 27. Dezember 2003


Das Fest nicht verschlafen
von Friedrich Winter

Jedes Land mit christlicher Tradition hat zu Weihnachten seine besonderen Gewohnheiten und Gebräuche. Das ist auch in Deutschland der Fall. Kein Fest im Jahresablauf kennt bei uns so viele Bräuche wie das Weih-nachtsfest. Das beginnt mit dem Nachmittag des Heiligabends. Seit fast 300 Jahren sind der erste und der zweite Feiertag stabil geblieben. Den dritten Feiertag schaffte der strenge Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. ab. Nach seiner Meinung gingen die Menschen doch nicht mehr zur Kirche, und Müßiggang fördere nur die Faulheit. Seitdem hat sich keine Regierung mehr getraut, an den beiden Weih-nachtsfeiertagen zu rütteln.

Nur über den Heiligabend gibt es unterschiedliche Auffassungen. Im Norden Deutschlands, wo mehr Evangelische wohnen, wird er mehr begangen als im Süden; aber er ist immer mehr im Kommen. An vielen Orten sind Krippenspiele üblich. Als ich in Westfalen nach dem Zweiten Weltkrieg in der Landwirtschaft arbeitete und zum Gottesdienst gehen wollte, verwehrte mir mein Bauer das und ließ mich statt dessen den Schweinestall ausmisten. Man gehe erst um Mitternacht zur Kirche, so meinte er. Heute strömen die Massen am frühen und späten Heiligabend zur Kirche. Im Osten Deutschlands nahm der Besuch schon lange vor der Wende 1989 sehr zu. In den Städten wurden mehr Gottesdienste eingeführt. Seit der Wiedervereinigung hat der Besuch etwas abgenommen. Warum pflegen manche diesen Brauch nicht mehr, die früher selbstverständlich zur Kirche gingen?

Weihnachtsmusiken sind üblich geworden. Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach hören sich junge und alte Menschen nicht über. Je größer die Städte, um so zahlreicher werden Aufführungen angeboten. Zu Weihnachten lassen sich die Menschen Zeit, an ihre Angehörigen und Freunde zu denken. Man besucht sich, viele fahren oft über Hunderte von Kilometern, um im Familienkreis für kurze Zeit beisammen zu sein. Nicht umsonst heißt es darum, daß Weih-nachten das Fest der Familie sei. Wo man sich nicht besuchen kann, werden Postkarten geschrieben und Mails über den Computer versandt. Telefonleitungen sind überlastet.

Dann gibt es die vielen kleinen Bräuche, die ins Auge fallen. Der Weihnachtsbaum wird aufgestellt und mit Lametta, Kugeln oder Äpfeln bis zu den beliebten Strohsternen geschmückt. Vor allem gehören brennende oder elektrische Kerzen an den Baum. Seit einiger Zeit bürgern sich anstelle des Baumes auch geschmück-te Weihnachtssträuße ein. Manche stellen ihre Krippe auf. Wie viele unterschiedliche Krippen kann man da entdecken! Kinder bringen aus dem Kindergarten ihren Eltern etwas selbst Gebasteltes mit. Nur Weihnachtsmuffel haben das Schenken ganz eingestellt, doch die meisten möchten sich eine Freude machen. Daran knüpft der Handel an und fängt nun schon im Frühherbst mit der Werbung für Weihnachten an. Mit Recht haben in letzter Zeit Vertreter der Kirche darum gebeten, man möge doch nicht den Volkstrauertag und das Totenfest zum Beginn des Weihnachtsmarktes umfunktionieren. Eine Reihe von Großhändlern hat darauf gehört. Das verdient Respekt. Manche kaufen ihre Geschenke schon im Oktober, um dem Weihnachtstrubel zu entgehen.

Wenn Menschen überhaupt zu Hause singen, dann tun sie das zum Weihnachtsfest. Die ältere Generation kennt noch die Lieder aus früherer Zeit. Viele junge Menschen verhalten sich passiv und hören mit Hilfe von Kopfhörer und Fernseher weihnachtliche Musik. Sie sind kulturell ärmer geworden und wissen nicht mehr, daß Singen Leib und Seele freimacht. Es ist nicht nur schön, sondern macht auch gesund.

Drei Gestalten bestimmen die Weihnachtszeit: Engel, Nikolaus bzw. Weihnachtsmann und Christkind. Der Heilige der Kaufleute, Nikolaus, kam vor langer Zeit nach Myra, um hungernden Kindern Brot und Gebäck zu bringen. Heute ist der Nikolaus so beliebt, daß er das Christkind und die Engel fast verdrängt hat. Wohl singen die Lieder in den Kaufhäusern vom Kind in der Krippe, aber zum Blick-fang sind die Schokoladenweihnachtsmänner geworden. Ursprünglich gehörte nur der 6. Dezember dem Nikolaus, nun will er die ganze Weih-nachtszeit beherrschen. In Medien und Kaufhäusern schaut er uns an. Das ist schade. Denn die ursprüngliche christliche Weihnachtsbotschaft des Engels redet nicht von einem alten Mann, sondern von einem kleinen Kind. Es kam zur Welt, um der Heiland aller Völker zu werden. Das ist der tiefste Grund christlicher Weihnachtsfreude. Darauf wollen alle Bräuche eigentlich hinweisen.

Sie zu pflegen lohnt sich. Bedenklich wäre es, wenn eine kulturelle Verarmung einträte, wo die Menschen außer dem Fernseher zu Weihnachten nichts haben und sonst im Dunkel des Dezember ebenso da sitzen wie im übrigen Winter auch. Ältere werden depressiv. Sie meinen: Für mich lohnt sich doch kein Weihnachtsbaum, es kommt ja doch keiner zu Besuch. Mittlere und junge Generationen fliegen in den Süden und lassen alles Brauchtum hinter sich. Kinder stellen das Singen ein und basteln keine Geschenke mehr. Viele bleiben in ihren vier Wänden, finden den Weg zur Kirche nicht mehr oder feiern nicht mehr mit anderen Menschen zusammen. Uns fehlt dann etwas, was unser Leben bisher erwärmt hat. Besser ist es, sich wieder auf die guten Gewohnheiten des Weihnachtsfestes zu besinnen. Wen können wir einladen? Wer bliebe ohne uns allein? Wir sollten uns die alte Weihnachtsgeschichte vorlesen oder erzählen. Einmal sollten wir sie uns zum Fest auch anhören. Nur noch ein Drittel unserer Kinder im Osten Deutschlands kennt sie. Die ältere Generation hat sie ihnen vorenthalten. Die darf aber nicht aus dem Gedächtnis unseres Volkes verschwinden. Weihnachtsmann und Engel sollten wieder zu Zeugen für das Kind und seine Menschenliebe werden.

Auf das Kind in der Krippe weisen unsere Geschenke, sie werden zum Zeichen für Gottes schenkende Liebe. Das Grün der Weihnachtsbäume deutet auf das ewige Leben hin, das Jesus Christus bringt. Kerzen leuchten für Ihn, das eine Licht der Welt. Es liegt an den Eltern, ob sie mit ihren Kindern Weihnachtslieder singen oder nicht. Mancher, der allein lebt, darf sie ruhig vor sich hin summen. Touristen, die ins Ausland verreisen, können auch dort zum Gottesdienst gehen.

Wenn wir uns zum Fest schreiben, Besuche machen oder beschenken, macht das froh. Wo die Weihnachtsbräuche sterben, wird das Leben trist und langweilig. In anderen Gegenden der Welt, auch im Bereich anderer Religionen, halten sich die Menschen an ihre Bräuche und Riten. Wache Christen in unserem Land sollten es auch so halten und das Weihnachtsfest nicht verschlafen. Sie sollten niemanden allein lassen. Sie gehen nicht stumm aneinander vorbei. Vielmehr drängt es sie, wie es alter Brauch ist, sich während der Festtage den Wunsch zuzurufen: Frohes Fest!

Gerhard Wydra: Anbetung durch die Hirten