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20.12.03 / 27.12.03 / "Mir gefällt mein Leben" / Rebecca Bellano im Gespräch mit dem Schauspieler Volker Lechtenbrink

© Das Ostpreußenblatt / Preußische Allgemeine Zeitung / Landsmannschaft Ostpreußen e.V. / 20. u. 27. Dezember 2003


"Mir gefällt mein Leben"
Rebecca Bellano im Gespräch mit dem Schauspieler Volker Lechtenbrink

"Für mich ist Cranz vor allem eine dekorative Station in meinem Lebenslauf." Von ganz allein kommt Volker Lechtenbrink auf seinen Geburtsort zu sprechen, der zwischen ihm und vielen Abonnenten dieser Zeitung ein verbindendes Element darstellt. Im Grunde jedoch war es nur Zufall, daß er in Ostpreußen geboren wurde, denn seine Eltern stammen aus Bremen und weilten nur aufgrund einer berufsbedingten Versetzung seines Vaters in der Nähe von Königsberg. Nur die ersten zehn Tage verbrachte der kleine Volker in Ostpreußen, bis seine Eltern - 1944 glücklicherweise noch ohne von der Roten Armee verfolgt zu werden - diese bald im Chaos des Zweiten Weltkrieges versinkende Region verließen.

Entspannt bestellt der vielseitige Künstler bei der Bedienung des Cafés, in dem wir uns gegenübersitzen, einen Latte Macchiato und holt ein kleines silberfarbenes Etui mit Zigarillos aus seiner Jackentasche. Er hat es nicht eilig und rollt Stück für Stück weitere wichtige und interessante Stationen seines Lebensweges ab.

Eigentlich hat seine Künstlerkarriere mit der Faszination eines Achtjährigen für den Kinderfunk begonnen. Ganz allein schrieb er damals an den NDR und bat um eine Sprechrolle, die der Knirps schließlich auch erhielt. Weiter ging es mit einer Rolle in einem Weihnachtsmärchen des Deutschen Schauspielhauses. In dem Stück "Lawalu" führte Peter Gorski, der Adoptivsohn von Gustaf Gründgens, Regie. "Der hat Talent, der Junge", war dann auch die Beurteilung des Altmeisters Gründgens über das Spiel des jungen Lechtenbrink.

Befragt man heute ausländische Internetseiten nach Volker Lechtenbrink, dann taucht sofort seine bis heute legendäre Rolle des Kurt Hagen in dem 1959 gedrehten Antikriegsfilm "Die Brücke" auf, die ihm wohl ein Stück Unsterblichkeit in der Filmgeschichte verschafft hat. Dank der Fähigkeiten und des Einfühlungsvermögens des Regisseurs Bernhard Wicki entflammte der Nachwuchsschauspieler Lechtenbrink vollständig für diesen Beruf. Obwohl seine Eltern versuchten, auf den Halbwüchsigen noch einzuwirken, daß er wenigstens sein Abitur absolviere, bevor er sich dieser doch häufig brotlosen Kunst verschrieb, war ihr Sohn für immer an die Bretter, die der Welt bedeuten, verloren. Nach dem Besuch der Schauspielschule und einem Engagement an der Landesbühne Hannover folgten Stationen in Köln, München, Hamburg. Er spielte in Stücken von Shakespeare, Goethe, Brecht, Kleist, Büchner, Camus, Schiller, Zuckmayer, um nur einige der vielen von ihm auf der Bühne mit umgesetzten Dramatiker zu nennen.

Die 70er Jahre waren für Lechtenbrink sehr aufregend. Überall wurde debattiert. Mitbestimmung wurde groß geschrieben, doch irgendwann hatte er genug vom Theater. Zu der geplanten kreativen Pause sollte es jedoch nicht kommen, der Streß begann nun richtig. - Eigentlich hatte Volker Lechtenbrink nur die Musik von Kris Kristofferson, einem amerikanischen Liedermacher, hören wollen; daß daraus eine neue Karriere für ihn werden würde, hatte er sich nicht im Traum vorstellen können. Die Geschichten erzählenden Lieder des Texaners Kristofferson fand er so genial, daß er sie übersetzen ließ. "Es war die Zeit der Liedermacher, von denen heute nur noch Reinhard Mey und Hermann van Veen bekannt sind. Damals aber herrschte Aufbruchstimmung, einer von ihnen sollte diese ungewöhnlichen Lieder singen, doch leider fanden wir niemanden, der sich das zutraute." Gemächlich zündet sich der Mime eines seiner Zigarillos an und spricht mit seiner angenehmen Stimme weiter. Zu viele Drogen, Schwule und Tote kamen als Themen in den Liedern vor, so daß Mut dazugehörte, mit solchen Texten an die leichte Schmusesongs gewöhnte Öffentlichkeit zu treten. Nach acht Absagen kam Lechtenbrinks Partner auf die Idee, daß Volker selber singen solle. Da experimentierfreudig, zögerte dieser nicht lange, und die LP wurde ein Überraschungserfolg. Warum? Wohl auch wegen der markanten rauchigen Stimme, die dem Künstler nicht nur als Sänger, sondern auch als Synchronsprecher beispielsweise von Burt Reynolds zu Popularität verholfen hat.

Seit zwölf Jahren nun ist mit dem Singen in der Öffentlichkeit allerdings Schluß. Das Fernsehen hat Lechtenbrink dafür wieder mehr eingebunden, und auch als Regisseur hat er gearbeitet. Vor allem in Krimiserien wie "Derrick", "Tatort", "Ein Fall für zwei", "Siska" und "Großstadtrevier" ist er immer wieder in Gastrollen aufgetreten, aber auch in Spielfilmen wie der Rosamunde-Pilcher-Verfilmung "Klippen der Liebe", wo er einen betrogenen Ehemann spielte, ist er öfter zu sehen. Seine Leidenschaft jedoch gehört immer noch dem Theater.

"Die schnellebige Zeit heute verbraucht viele Künstler. Ruhm ist kurzlebig geworden." Jedoch habe er das Glück gehabt, in einer Zeit in diesen Beruf einzusteigen, in der die Menschen auch aufgrund des geringeren Angebots ihren Stars sehr treu waren. Für diese Menschen wird er immer etwas Besonderes sein.

Während Volker Lechtenbrink spricht, zücke ich den Fotoapparat, doch er wehrt entschieden ab. Nein, eitel sei er nicht, nur seine Haare säßen nicht gut genug, und auch seine bequeme, allerdings recht abgeschabt aussehende braune Cordhose sei nicht wirklich repräsentativ. "Ist etwas erst einmal gedruckt, dann ist es nicht mehr widerlegbar." Kollegen, die sich selbst zu wichtig nehmen, tun ihm "nur leid", doch gönnt er sich selbst unbezweifelbar ein gesundes Selbstbewußtsein.

Zur Zeit steht er mit seiner Frau Jeanette Arndt auf der Bühne. "Einmal Sonne für Zwei" heißt das Zwei-Personen-Stück, mit dem die beiden im Januar wieder quer durch Deutschland auf Tournee gehen. Einige Wochen werden sie dann aus Koffern leben, aber das Vagabundendasein mag er sogar ganz gern. Neue Städte kennenlernen, vertraute Orte wieder besuchen. Mal freut er sich auf die Theater selbst, denn so manche kleinere Stadt habe ein reizvolleres Haus als die großen, mal freut er sich auf das opulente Frühstücksbuffet in einem gemütlichen Hotel. Ab 26. März spielt Lechtenbrink in seiner Wahlheimat Hamburg. Im "Winterhuder Fährhaus" hat er dann sechs Wochen lang ein Heimspiel mit dem Stück.

Theaterpläne hat der Schauspieler schon bis in das Jahr 2006 hinein. Vielleicht ergeben sich zwischendurch auch mal wieder Gastrollen im Fernsehen, doch besonders freut er sich schon darauf, in einer Verfilmung eines Drehbuches seiner Tochter mitzuwirken. Saskia, mit ihren 35 übrigens zwei Jahre älter als Lechtenbrinks Ehefrau, plant nämlich einen Kinofilm für Kinder, dessen Finanzierung jedoch noch nicht vollständig steht. Auch das Verhältnis zu seinen beiden anderen Kindern ist gut. Nesthäkchen Sophie hält mit ihren elf Jahren den Vater über das Neueste in der Musikszene auf dem lau-fenden. Die Stimme der schrillen amerikanischen Sängerin Pink findet er beispielsweise auch selber sehr beeindruckend. Große Teile seiner Freizeit verbringt er mit seiner Lebensgefährtin und dem Familienhund im Ferienhaus in Husum. Lange Spaziergänge und gemütliche Kinoabende geben Energie für neue Projekte.

"Nein, nach Vergangenem sehne ich mich nicht zurück. Das macht ja überhaupt keinen Sinn. Ich fühle mich im Hier und Jetzt ganz wohl. Zwar war ich mal populärer, aber das war auch anstrengend. Mir gefällt mein Leben so, wie es jetzt ist."

 Versierter Schauspieler: Volker Lechtenbrink mit seiner Frau Jeanette Arndt in "Einmal Sonne für Zwei" Foto: Robert Lechtenbrink