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Preußische Allgemeine Zeitung / 10. Januar 2004
Wie schizophren der Umgang des offiziellen Deutschland mit unserer Vergangenheit ist, das hat sich soeben einmal mehr gezeigt, als in Rendsburg in einer internen Feier, die sorgsam vor der Öffentlichkeit abgeschirmt wurde, ein Zimmer im Offizierskasino der sogenannten "Feldwebel-Schmid-Kaserne" nach dem ersten Inspekteur der Flak-Artillerie, dem ehemaligen Generaloberst Günther Rüdel, benannt wurde. Zurückzuführen ist die Ehrung des hohen Wehrmachtsoffiziers auf Bemühungen seiner in Amerika lebenden Tochter Sigrid Rüdel-Crane und des CDU-Bundestagsabgeordneten Otto Bernhardt. Sie wollten die nur als Diffamierung zu wertende Beseitigung des Namens "Rüdel-Kaserne" im Jahre 2000 nicht auf sich beruhen lassen, sondern strebten die Rehabilitierung des untadeligen Offiziers an - jetzt mit Erfolg. Vor dreieinhalb Jahren suchte der damalige Verteidigungsminister Scharping, der heute nur noch durch seine albernen Eskapaden bekannt ist, eine Kaserne, die er nach einem Feldwebel Schmid benennen konnte. Man hatte ihm offenbar nahegelegt, diesen in Israel als "Gerechter" geltenden Wehrmachtsfeldwebel gebührend herauszustellen, doch mußte er sich von zwei befragten Kasernen eine Absage einhandeln. Da kam es ihm recht, daß das Militärgeschichtliche Forschungsamt gerade damit beauftragt war, die Namen aller Personen, nach denen Kasernen benannt waren, unter die antifaschistische Lupe zu nehmen. Man glaubte, einen bösen Nazi-Blutrichter in dem bereits 1950 gestorbenen Generalobersten gefunden zu haben, entdeckte man doch seinen Namen auf der 173 Persönlichkeiten umfassenden Liste von Beisitzern des damaligen Volksgerichtshofes. Verteidigungsminister Scharping wollte die Rüdel-Kaserne flugs umbenennen, doch hatte es geheißen, Kasernennamen sollten nur mit Zustimmung der betroffenen Soldaten verliehen werden. Eine Befragung dieser Soldaten ergab, daß sich gerade einmal 5,7 Prozent für den Namen "Feldwebel-Schmid-Kaserne" aussprachen. Aber auf solche Petitessen konnte der Verteidigungsminister keine Rücksicht nehmen. Am 8. Mai 2000 wurde in einem Festakt der Name "Rüdel-Kaserne" durch "Feldwebel-Schmid-Kaserne" ersetzt. Fortan galt Generaloberst Rüdel als Vertreter der nationalsozialistischen Unrechtsjustiz und behielt den Makel auch noch, als sich herausstellte, daß er an keiner einzigen Sitzung des Gerichts teilgenommen und demzufolge auch nicht an Unrechtsurteilen hatte beteiligt gewesen sein können. Wer sich fragte, wer denn dieser bislang in Deutschland unbekannt gewesene Feldwebel Schmid war, der konnte sehr unterschiedliche Auskünfte bekommen. Stützte er sich, wie Scharping offensichtlich, auf Simon Wiesenthal, dann hatte Schmid Anfang der 40er Jahre im Ghetto von Wilna zahlreichen Juden das Leben gerettet, weshalb er im israelischen Yad Vashem als "Gerechter" verehrt wird. Las man allerdings über Feldwebel Schmid in dem in den USA erschienenen Buch von John Silver, "The Book of the Just", das sich auf Auskünfte aus der Gedenkstätte Yad Vashem stützt, dann bekommt der Glanz auf dem Namen des Gerechten einige Flecken. Silver nennt Schmid "eine Art Robin Hood des Wilnaer Ghettos". Er, der als Wehrmachtssoldat offenbar mit der Verwaltung des Ghettos zu tun hatte, schleuste Juden aus dem Ghetto heraus, damit sie sich den sowjetischen Partisanen anschließen konnten. Er tat das jedoch weniger um Gottes Lohn, sondern er verlangte laut John Silver "von denen, die er herausbrachte, Juwelen und Perlen". Dabei bediente er sich wohl zweier jüdischer Kontaktpersonen, von denen Silver schreibt: "Für ihre Dienste als Mittelsmänner bekamen auch die beiden Gauner ihren Anteil." Im Frühjahr 1942 sei Schmid verhaftet worden, weil er sich im Ghetto darüber hinaus auch von jüdischen Schneidern einen Anzug hatte nähen lassen. Dazu Silver: "Schmid wurde mit dem Beweis seiner Bestechlichkeit konfrontiert." Es wird berichtet, Schmid sei dann als "Vaterlandsverräter" erschossen worden. Diese Darstellung der Person des Feldwebels Schmid wäre leicht nachprüfbar gewesen, erschien doch das amerikanische Buch 1994 in einer deutschen Übersetzung im renommierten Carl Hanser Verlag, München, in dem man jederzeit hätte nachschlagen können. Aber obwohl betreffende Informationen dem Kommandeur der Kaserne, dem Verteidigungsministerium und der örtlichen Zeitung zugeschickt wurden, herrschte Schweigen. Und der Generaloberst Rüdel blieb weiter mit dem Makel behaftet. Erst jetzt widerfuhr ihm Gerechtigkeit. Und das zu Recht, denn der General gilt als "Vater der modernen Flugabwehr", wie die Bundeswehr ihn noch 1983 gerühmt hatte. In der Waffentechnik habe er "Bahnbrechendes geleistet", nicht zuletzt, weil er bereits 1932 das Entwicklungsprogramm für eine Flugabwehrrakete eingeleitet hatte. Daß die deutsche Flak-Artillerie im Zweiten Weltkrieg einen hohen Wirkungsgrad hatte, sei Rüdel zu verdanken gewesen. Das alles wird nun seit dem Dezember des vergangenen Jahres in dem Rüdel-Zimmer im Offizierskasino der Feldwebel-Schmid-Kaserne dokumentiert. Und der CDU-Bundestagsabgeordnete Otto Bernhardt zeigte sich zufrieden. "Die Rehabilitierung Rüdels ist endlich erfolgt. Damit hat sich die Wahrheit durchgesetzt", sagte er - die Wahrheit, die offenbar von dem damaligen Verteidigungsminister Scharping gebeugt worden war, als er General Rüdel durch die demonstrative Abschaffung des Kasernennamens diskriminierte. |