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10.01.04 / Statt witzig nur verbaler Dünnpfiff / Gescheiterter Versuch, hochtrabende Managersprache als "Dummdeutsch" zu entlarven

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. Januar 2004

Statt witzig nur verbaler Dünnpfiff
Gescheiterter Versuch, hochtrabende Managersprache als "Dummdeutsch" zu entlarven

In Bilanzpressekonferenzen, Broschüren, Pressemitteilungen und Vorstandserklärungen wird häufig mit abstandhaltenden Mogelpackungen der Sprache geblendet: "Wettbewerbstool mit Fokussierung der Komponenten der Implementierungsbreite", meldet ein Unternehmen der Informationstechnik. Fünf Euro für das "Phrasenschwein" wären für solche verbalen Quälereien noch die geringste Strafe. Harmlos klingt da noch der tägliche Wortschwall von adretten Vorstandschefs: Man müsse sich neu aufstellen, umstrukturieren, aufs Kerngeschäft fokussieren, Synergien nutzen, effizient und effektiv an dem Alleinstellungsmerkmal seiner semantischen Verblödung arbeiten. Schon vor Jahren legte ein Beamter des US-Geheimdienstes eine verdienstvolle Reihe sorgfältig recherchierter Schlüsselworte zusammen - eine multifunktionale Anleitung für das inhaltsleere Wortgeklingel von Managern. Wem das noch nicht reicht, kann jetzt auf einen inhaltsschweren Werkzeugkasten des Publizisten Andreas Rother zurückgreifen. Die inflationären Satzgirlanden des Marketing-Dummdeutsch bekommen mit der Anleitung des früheren "Division Mana- gers" der Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) den nötigen programmatischen Tiefgang.

"Die einzelnen Steine unseres Baukastens enthalten alle Elemente, die wir für eine schicke Selbstinszenierung benötigen. Was am Ende dabei herauskommt, ist ein veritables Drama in drei Akten", schreibt Rother. Präambel, Schauplatz, Held, Mission, Vision, Entwicklung, Aktionen gehören dabei zum unternehmerischen Schauspiel. Der frühere Marketingmann will die Kunst vermitteln, wie man eine simple Botschaft möglichst hochtrabend klingen läßt.

Sehr lustig soll auch die "Satzluftpumpe" am Ende des Buches sein - eine "Toolbox". Tools dürfen in keiner Unternehmensdarstellung fehlen. Für "schnell" findet man "beschleunigt", "rasch", "zügig" "dynamisch", "umgehend", "zusehends", "schleunigst" oder "zielstrebig".

All das ist nicht witzig - den verbalen Dünnpfiff der Unternehmen überbietet er mit gebündelter Langeweile. Dabei stehen im Literaturverzeichnis so hoffnungsvolle Titel, die leider auf den Buchautor nicht oder in anderer Form abfärben: "Dummdeutsch" von Eckhard Henscheid oder "Erkenntnis für freie Menschen" von Paul Feyerabend.

Der Leser wird mit überflüssigen Fragen allein gelassen. Aber der Buchschreiber sollte sich mit einem Zitat des polnischen Satirikers Stanislaw Lec trösten: "Es ist schwierig, zweideutig zu sein in Zeiten, in denen Wörter kaum noch etwas bedeuten."

Gunnar Sohn

Andreas Rother: "Unternehmensphilosophie in Textbausteinen", Verlag Redline, Wirtschaft bei Ueberreuter, Frankfurt/Wien 2003, 316 Seiten, 19,90 Euro