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Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Januar 2004
Stellen Sie sich vor, Sie haben ein neues Auto bestellt.
Sie haben ein paar Monate geduldig gewartet (eigentlich sollte es nur ein paar
Wochen dauern!). Endlich ist es soweit, Sie wollen Ihr stolzes Gefährt beim
Händler abholen und losfahren. Und dann dies: "Die Reifen? Da muß noch ein wenig
nachgearbeitet werden." - "Das Lenkrad? Kommt wohl in drei bis vier
Wochen." - "Die Bedienungsanleitung? Daran arbeiten wir noch; die
japanische Ausgabe ist schon so gut wie fertig." - "Der Preis?
Selbstverständlich versuchen wir, den vereinbarten Rabatt von 0,5 Prozent zu
halten. Ob wir das schaffen, wissen wir noch nicht, dafür konnten wir den
Anstieg der Überführungs- und Zulassungskosten aber auf höchstens 50 Prozent
begrenzen." Mal ehrlich, liebe Leser: Würden Sie hier ein Auto
kaufen? Nun, die Genossen in Berlin verkaufen keine Autos, sie "verkaufen"
Politik. Das eigentlich Schlimme daran: Sie wollen nicht nur Politik verkaufen,
sie machen Politik. Am liebsten Reformpolitik. Und nachdem die Genossin Ulla Schmidt nun einmal auf nicht
näher bekannte Weise zur Bundesgesundheitsministerin avancierte, macht sie am
allerliebsten eine Politik, die sie als Gesundheitsreform verkaufen will. Die
Kennzeichnung ist irreführend: Total bürokratisiertes, bis zur letzten
Pillenschachtel durchorganisiertes Chaos wäre zutreffender. Seit Anfang Januar herrscht in Deutschlands Wartezimmern
nur noch ein Gesprächsthema: Wem wieviel Geld für welche (meist noch gar nicht
erbrachten) Leistungen aus der Tasche gezogen wird. Und für viele, die es gar
nicht erst bis ins Wartezimmer geschafft haben (Gehbehinderte oder Heimbewohner
zum Beispiel), heißt die nächste Frage: Aus welcher Tasche? Einerseits
Taxifahrten und Krankentransporte gestrichen, andererseits Zuzahlung und
Praxisgebühr, egal, wie gering das Taschengeld ist - da sind oft die Taschen
so leer, daß man sich den Arztbesuch nicht mehr leisten kann. Ein unglaublicher
Skandal in einem Land, das trotz Konjunkturflaute immer noch zu den
wohlhabendsten dieser Erde zählt! Derweilen turnt die Gesundheitsministerin mit ihrem
Alles-wird-gut-Grinsen über die Bildschirme, sieht allenfalls ein paar kleine
Übergangsproblemchen und kann überhaupt nicht verstehen, worüber Patienten,
Ärzte, Sprechstundenhilfen, Apotheker und Krankenkassenbedienstete sich
eigentlich aufregen. Immerhin hat die Ministerin, nach nur einer vollen
Arbeitswoche im neuen Jahr, erkannt, daß es hier und da Nachbesserungsbedarf
gibt: Vorrangig sollen nun die Folgerezepte für die Antibabypille ohne
Praxisgebühr ausgegeben werden. Zwar hat Ulla Schmidt bislang die
gesundheitspolitische Bedeutung dieses Schrittes nicht erklärt (gilt
Schwangerschaft inzwischen etwa als schwere Erkrankung?). Vielleicht reklamiert
Kollegin Renate Schmidt das Reformprojekt ja nun für sich - als
Musterbeispiel sozialdemokratischer Familienpolitik. H.J.M. Ratlos: Selbst die Macher der Gesundheitsreform sind sich
nicht sicher, wann die 10 Euro fällig sind. Foto: vario-press
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