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17.01.04 / "Bitte keine Bürgerliche!" / Der spanische Adel ist von der Brautwahl des Thronfolgers wenig angetan

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Januar 2004

"Bitte keine Bürgerliche!"
Der spanische Adel ist von der Brautwahl des Thronfolgers wenig angetan

Viele Spanier fieberten dem angekündigten Fernsehinterview entgegen. Wie sieht er aus? Würde er Einzelheiten über seine einjährige Ehe mit der attraktiven Letizia preisgeben? Wenn ja, welche? Intime gar? Der Madrider Privatsender Antena Tres machte seinen Zuschauern den Mund wässerig. Als es dann soweit war, präsentierte sich im Fernsehstudio ein Mann mittleren Alters, der mit allen Wassern der modernen Mediendemokratie gewaschen ist - kühl und intellektuell gekonnt parierte Alonso Guerrero, Ex-Ehemann von Letizia Ortiz, die im Mai dieses Jahres den spanischen Thronfolger Felipe heiraten und damit Königin werden wird, die Fragen seines Interviewers.

Alonso war, als er Letizia kennenlernte, einer ihrer Universitätsprofessoren; heute verdient er seinen Lebensunterhalt als Schriftsteller. Er ist schlank, die dichten schwarzen Haare sind mittellang geschnitten und die Stimme klingt ruhig wie die eines Lehrers, der seinen Schülern mit großer Geduld begegnet. Nur hin und wieder umspielte während des etwa 15minütigen Gesprächs ein leicht maliziöses Lächeln seine Lippen, das aber schnell wieder verschwand, denn Alonso Guerrero weiß mit instinktiver Sicherheit, wann die Grenze zur Überheblichkeit überschritten ist - und genau das galt es zu vermeiden. Vergleicht man ihn mit dem jetzigen Auserwählten der schönen Letizia, Prinz Felipe, dann fragt man sich unwillkürlich, weshalb sie den Wechsel vollzogen hat.

In seinen Antworten vermied es der Schriftsteller sorgfältig, intime Details über seine Ehe mit der jetzigen Verlobten des spanischen Thronfolgers auszuplaudern. Geschickt wanderte er über das Minenfeld des Gesprächs, ohne Langeweile aufkommen zu lassen, und empfahl sich auf diese Art als ein Schriftsteller, dessen Bücher man eigentlich lesen sollte, was bislang noch nicht allzuviele Spanier getan haben.

Während der überwiegende Teil der spanischen Bevölkerung die bevorstehende Heirat des Prinzen mit seiner Auserwählten gutheißt, gibt es im Land zwei kleine Gruppierungen, die sie mit großer emotionaler Vehemenz ablehnen - die einen sind die Antimonarchisten, die das Königreich am liebsten heute statt morgen abschaffen würden, und die anderen sind paradoxerweise die spanischen Adeligen. Als Felipe seine Verlobung bekanntgab, reagierte ein Großteil der rund 10.000 Blaublütigen mit einem derart eisigen Schweigen, daß es einem Affront gleichkam. Viele Angehörige der "nobleza espanola" stoßen sich weniger an der Tatsache, daß die künftige Königin schon einmal verheiratet war (denn das Schicksal einer Scheidung ereilt immer öfter auch spanische Adelige), sondern daran, daß die "prometida" (die Versprochene) aus der bürgerlichen Mittelschicht stammt. Als das Königshaus Ende Oktober vergangenen Jahres die überraschende Nachricht der bevorstehenden Hochzeit ankündigte, sagte der Hochadel ohne weitere Begründung sein unmittelbar bevorstehendes traditionelles Jahrestreffen ab. "Niemand wollte das Eheversprechen des Prinzen kommentieren", zitiert die angesehene Tageszeitung El Pais eine Adelige, die ungenannt bleiben wollte.

Überhaupt stehen die Beziehungen zwischen den hochrangigen Familien Spaniens und dem Königshaus nicht zum besten; man respektiert sich, aber man geht sich geflissentlich aus dem Weg. Bis 1991 weigerte sich Juan Carlos, Mitglieder des Hochadels in seinem Palast zu empfangen. Inzwischen hat sich zwar die Lage entspannt, herzlich geworden ist sie allerdings nicht. "Der König hat seinen eigenen Freundeskreis, seine eigenen Berater und seine Helfer. Sie besitzen seine private Handy-Nummer und rufen ihn an, wann immer sie wollen", gab eine Aristokratin zu Protokoll und machte dabei deutlich, daß keiner der spanischen Granden über dieses Privileg verfügt. Und Pilar Gonzalez de Gregorio, Herzogin von Fernandina und Tochter der Herzogin von Medina-Sidonia, einer der wichtigsten Adelstitel des Landes, beschreibt das unterkühlte Verhältnis zwischen blauem Blut und goldener Krone mit einem einzigen Satz: "Wir haben uns mit der Königin und dem König nur ein einziges Mal getroffen, und der Anlaß dazu war ein gemeinsamer kultureller Termin."

In diesem Spiel der freien Kräfte neigt sich die Waage zugunsten des Königshauses, denn die Presse begegnet ihm mit unverhohlener Sympathie, während sie zum Adel ein eher feindseliges Verhältnis pflegt. Und selbstverständlich wissen die Blaublütigen, daß die Monarchie auch für sie selbst eine Stütze bedeutet, auf die sie keinesfalls verzichten können. Und deshalb wird, je näher der Tag der Hochzeit von Prinz Felipe mit seiner attraktiven Ex-Fernsehjournalistin rückt, die feindselige Front des Adels nach und nach zurückgenommen werden. "Wenn der entscheidende Moment kommt, werden sich die Adligen auch vor Dona Letizia verneigen und ihr Dank und die ihr gebührende Achtung erweisen", erklärte der Baron von Gabin in einem Presseinterview. Michael Ludwig

Von den Eltern akzeptiert: Die geschiedene Fernsehmoderatorin Letizia Ortiz hat das Interesse am spanischen Königshaus wieder geweckt. Die bevorstehende Liebesheirat des Thronfolgers mit der Bürgerlichen verstimmt aber den heimischen Adel, der offenbar im Gegensatz zum Monarchenpaar selbst noch nicht ganz in der Gegenwart angekommen ist. Foto: pa