Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Januar 2004
Pflichtgefühl, Verantwortungsbewußtsein gegenüber dem
Gemeinwesen, Leistungsbereitschaft - das sind wohl die wichtigsten der
traditionellen preußischen Tugenden. Und es sind auch diejenigen, die heute am
meisten gefragt sind, in einer Zeit, die allzustark geprägt ist von Gruppen-
interessen, Rücksichtslosigkeit und blankem Egoismus. Oder, um ein geflügeltes
Wort von John F. Kennedy aufzugreifen: In Deutschland wird zu oft gefragt: Was
kann (soll, muß) mein Land noch alles für mich tun? Und viel zu selten:
Was
kann ich für mein Land tun?
Nun hat ausgerechnet der Bundesverteidigungsminister -
indirekt und wohl auch unfreiwillig - den Anlaß geliefert, über eine
Wiederbelebung preußischer Tugenden nachzudenken. Seine mittel- und
langfristigen Reformpläne für die Bundeswehr führen nämlich letztendlich zum
Ende der allgemeinen Wehrpflicht - und damit auch zum Ende des zivilen
Ersatzdienstes.
Das heißt im Klartext: Rund 90.000 Zivi-Arbeitsplätze,
größtenteils im sozialen Bereich, müssen demnächst anderweitig besetzt
werden. Aber mit wem? Mit gut ausgebildeten, hochqualifizierten Fachkräften?
Die muß man erst einmal finden (was heute trotz Massenarbeitslosigkeit nicht
ganz einfach ist).
Und dann muß man sie bezahlen können. Aber die Kassen sind
leer - und werden es auf absehbare Zeit auch bleiben; alle Gesundheits- und
sonstigen Reförmchen werden daran nichts ändern.
Prompt kramten Politiker von SPD und Union eine alte Idee
wieder hervor: die vom sozialen Pflichtjahr für alle. Das macht sich auf den
ersten Blick recht gut, klingt überzeugend. Bei näherem Hinsehen aber merkt
man: Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail.
Es geht dann nämlich nicht mehr "nur" um 90.000
Zivis, sondern um rund 600.000 Angehörige eines Geburtsjahrgangs (es sei denn,
man will die derzeitige krasse Wehrungerechtigkeit einfach weiterführen!). Wer
soll Verteilung und Einsatz all dieser jungen Leute organisieren, wer für die
logistische und finanzielle Abwicklung verantwortlich sein? Der Bund, die
Länder, die Gemeinden?
Die gutgemeinte Idee ist eben doch reichlich unausgegoren.
Zudem macht Familienministerin Schmidt zu Recht auf verfassungsrechtliche
Bedenken aufmerksam. Auch wurden bestimmte Aspekte, die speziell die jungen
Frauen betreffen, in der öffentlichen Diskussion bislang nicht beachtet.
Aus dem sich abzeichnenden Dilemma kann nur ein Weg
führen: der des freiwilligen sozialen Dienstes. Notorische Pessimisten werden
einwenden: Dafür ist diese Gesellschaft zu egoistisch. Als "notorischer
Optimist" halte ich dem entgegen: Was hindert uns eigentlich, in dieser
Gesellschaft für mehr Gemeinsinn einzutreten?
Solcher Optimismus ist keineswegs illusorisches
Wunschdenken, er kann sich auf Fakten stützen.
Zum Beispiel: Am selben
Wochenende, an dem unsere Politiker das Thema entdeckten, fand in Hamburg eine
"Freiwilligenbörse" statt: Politiker und Wohlfahrtsorganisationen
informierten über Ehrenmamt und gemeinnützige Projekte. An einem einzigen
Sonntag kamen über 4.000 Besucher, zum großen Teil junge Leute. Und der
Paritätische Wohlfahrtsverband weist darauf hin, daß schon heute beim
freiwilligen sozialen Jahr die Nachfrage das Angebot an Stellen deutlich
übersteigt.
Das macht Hoffnung. Es gibt in diesem Lande genügend
junge Menschen, die bereit sind, im Zeichen christlicher Nächstenliebe und
preußischer Pflichterfüllung ein paar Monate ihres Lebens dem Gemeinwohl zu
opfern. Sie muß man - statt nur immer die anderen, die Egoisten, zu beklagen
- ermuntern. Nicht durch Zwang, sondern indem die Generationen der Eltern und
Großeltern diese Tugenden vorleben.
Aus für Wehr-und Ersatzdienst?
Die jüngsten Reform- (sprich: Spar-)Pläne von
Bundesverteidigungsminister Struck haben eine Kontroverse um die
Zukunft der allgemeinen Wehrpflicht heraufbeschworen. Nach
Ansicht vieler Militärexperten können die - politisch gewollten - Aufgaben
einer globalen Interventionsstreitmacht nur von einer Berufsarmee bewältigt
werden. Mit dem Ende der Wehrpflicht droht aber auch das Aus für den zivilen
Ersatzdienst (Foto), mit weitreichenden Auswirkungen auf unser Sozial- und
Gesundheitssystem (siehe Leitartikel auf dieser Seite). Bild: dpa
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