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24.01.04 / Die Wiener Gespensterjäger / Diesmal ist ein Nobelpreisträger dran

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. Januar 2004

Die Wiener Gespensterjäger
Diesmal ist ein Nobelpreisträger dran
von R. G. Kerschhofer 

Dem Jagdflieger Walter Nowotny wurde voriges Jahr durch einen rot-grünen Gemeinderatsbeschluß sein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof aberkannt (vgl. PAZ, 24 und 32, 2003). Dieser große "Sieg" der Gespensterjäger hatte unterschiedliche Folgewirkungen: Einerseits ist das Nicht-mehr-Ehrengrab von Nowotny dank eines von lokalen FPÖ-Politikern gegründeten privaten Trägervereins heute die gepflegteste Grabstelle weit und breit. Andererseits wurde vom Kulturstadtrat, der dafür wohl selbst auf ein Ehrengrab hoffen darf, eine Historiker-Kommission eingesetzt, mit dem Auftrag, alle Ehrengräber auf NS-Verdacht zu "durchforsten". Der Bericht dieser Gesellschaft dürfte zwar erst Mitte des Jahres vorliegen, aber man kann vorher erste Zwischenergebnisse durchsickern lassen. So wurde bekannt, daß der Psychiater Julius Wagner-Jauregg unwürdig sei. Wagner-Jauregg hatte 1927 den Nobelpreis für Medizin erhalten, war Ehrenbürger der Stadt Wien und durfte jahrzehntelang die 500-Schilling-Banknote Österreichs zieren - aber er hatte eine "Vergangenheit". Er hatte nämlich 1939 als längst emeritierter Professor die Aufnahme in die NSDAP beantragt. Diese wurde zunächst abgelehnt - mit dem Vermerk "Rasse", denn seine Frau war jüdischer Herkunft. Erst im April 1940, fünf Monate vor seinem Ableben, wurde der 83jährige dann doch noch aufgenommen. 

Wagner-Jauregg hatte allerdings für den "Anschluß" geworben, und in seinen Schriften läßt sich erbhygienisches Gedankengut nachweisen. Nun, für den Anschluß hatten sich auch so gut wie alle SPÖ-Politiker der Zwischenkriegszeit eingesetzt, unter anderem der spätere Bundespräsident Karl Renner - sie alle liegen heute in Ehrengräbern. Und "erbhygienisches" Gedankengut war auch in linken Kreisen hoch geschätzt. Eine führende Rolle in der Kommission spielt wieder einmal das 1963 gegründete "Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands". Laut einem geführten Presseprozeß darf man es "Privat-Stasi" und "kommunistische Tarnorganisation" nennen und ihm "linksextreme Subversion", "Denunziation", "Geschichtsfälschungen" sowie "Verdrehungen" vorwerfen. Aber es wird aus Steuermitteln finanziert. Geleitet wird es von einem Kommunisten, dessen Vater eine NS-Vergangenheit hatte - ein Ödipus-Schema, wie man es auch von den Reemtsmas kennt. Die Wiener Gespensterjäger schießen ihre Giftpfeile auch immer wieder auf den Verhaltensforscher Konrad Lorenz ab. Aber das Grab des Nobelpreisträgers von 1973, der 1940 bis 1944 an der Albertina in Königsberg tätig war, befindet sich in Niederösterreich und ist ihrem Zugriff entzogen. Während das Grab von Nowotny immerhin unter das Kriegsgräber-Gesetz fällt, gilt dies nicht für das Grab von Wagner-Jauregg. 

Die rot-grüne Mehrheit im Gemeinderat könnte in diesen Fällen eine Umbettung in weniger ehrenhafte Teile des Friedhofs beschließen. Aber wen auch immer die Historiker für "unwürdig" erkären mögen, den Wiener Finanzstadtrat kann es nur freuen. Denn aus den Ehrengräbern werden damit gebührenpflichtige Einzelgräber in einer besonders teuren Ecke des Friedhofs, und weitere Trägervereine werden die Stadtkasse entlasten helfen. Arbeitslosen ist übrigens zu empfehlen, sich zum Historiker umschulen zu lassen.