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31.01.04 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 31. Januar 2004

Letzte Schnäppchen / Die FDP sucht solvente "Partner"
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Jetzt ist es wieder keiner gewesen. Das schleimige Gezeter nach dem überfälligen Rauswurf von Berater-Gerster ist typisch für dieses verdorbene Land. Kaum zum aushalten. Froh sollten wir sein, daß der weg ist. Was hat der Mann in kurzer Zeit nicht alles angerichtet? In Jahrzehnten mühsamer Lobbyarbeit war eine gut funktionierende Arbeitslosen-Industrie geschaffen worden, in der Zigtausende vor allem gewerkschaftsnahe Mitarbeiter ihr Auskommen bei der Betreuung, soll heißen: der "Fort-" oder "Weiterbildung" von Erwerbslosen hatten. Die Betreuer ließen die Gestrauchelten nicht kalt auf der Straße stehen, sondern banden sie fest an sich. Untersuchungen haben ergeben, daß Arbeitslose, die gleich mehrere solcher "Fortbildungen" hintereinander absolviert hatten, schwerer auf den ersten Arbeitsmarkt zurück-fanden als solche, die lieber doof, also zuhause geblieben waren. So sorgten die Betreuer selbst für eine treue Kundschaft, wie gute Geschäftsleute das eben machen.

Über 20 Milliarden Euro gab die Bundesanstalt für Arbeit (BA) jährlich für diese Einrichtungen aus. Dann kam Gerster und brachte die Axt mit. Allein der zur Gewerkschaft Verdi zählenden "Deutschen Angestellten-Akademie" (DAA) strich er 2003 24 Prozent und für dieses Jahr 30 Prozent der Zuschüsse. Da war für DGB-Vize-Chefin Ursula Engelen-Kefer das Maß voll. Seit 1978 sitzt sie mit an der Spitze der BA, kennt den Apparat und ließ den ungeliebten Chef über dessen Klippen stürzen, im festen Bund mit den über Gerster ebenfalls schwer schockierten Vertretern von Parteien und Arbeitgebern.

Daß Gerster eine Flasche ist, haben nach dessen Hinrichtung auch die Dümmsten erkennen können: Nur 427.000 Euro kriegt er nachgeworfen. Richtige Spitzenkräfte gehen dafür nicht mal arbeiten, geschweige denn in den vorübergehenden Ruhestand. Ex-Mannesmann-Esser ließ sich nicht unter einer Kungel-Gage von 30 Millionen aufs Altenteil schmieren, nachdem er einen Weltkonzern per Federstrich untergepflügt hatte.

Solche Männer braucht das Land. Ganze Kerle mit Idealen und Risikobereitschaft. Denen geben wir auch gern eine zweite Chance, wenn's beim ersten Mal nicht so richtig geklappt hat. Der gescheiterte Hizbollah-Terrorist Steven Smyrek wollte schon vor vielen Jahren in die Geschichte eingehen, was die hinterhältigen Israelen dem jungen Talent verbaut haben. Im Knast von Tel Aviv konnte der 32jährige jedoch sechs Jahre lang seine Kenntnisse über Arabisch, Amok und Allah zur Blüte bringen. Nun kriegen wir ihn voll ausgereift zurück, ganz umsonst. Beim nächsten Mal wird er es besser machen.

Umsonst! - das ist wichtig in Zeiten, in denen keiner mehr Geld hat. Kaum einer will noch zugreifen beim allerletzten Winterschlußverkauf. In den Läden stapelt sich verschmähte Rabattware: Hemden, Socken, Schlüpfer und - neu im Angebot: Parteien. Früher versteckten sich die Bordsteinschwalben des politischen Geschäfts weiter hinten zwischen dem Leergut, weil ihnen die Selbstanpreiserei für Geld ein wenig peinlich war. Jetzt hat sich eine rausgewagt. Die FDP räkelte sich aufreizend ganz vorn auf dem Rand des Wühltischs, bis die DKV-Versicherung zugegriffen hat ("Sponsoring" nennt Westerwelle das). Der Konzern glaubt nun wohl, endlich seine eigene Partei zu besitzen, ganz für sich allein, soll meinen: für "gewisse Stunden", wenn Gesetze verabschiedet werden, die das Versicherungswesen betreffen.

Da kennen die DKV-Manager die Regeln des "Gewerbes" schlecht: Kaum hat die dralle Polithure die DKV-Euros im Dekolleté versenkt, schmeißt sie sich schon an die anderen ran. FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beefeltz macht den Kuppler: "Ausdrücklich rufen wir interessierte Partner aus der Wirtschaft dazu auf, mit uns das Gespräch über Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Sponsoring zu suchen. Dieses Verfahren ist modern, transparent und überzeugend." Nullhundertneunzig, dreimal die ...

Andere Parteien müssen da noch einiges lernen. Das wichtigste auf der "Meile", wie die Hamburger sagen würden, ist, daß man sich einen Namen macht. Dazu sollte man allerdings wissen, wie man heißt, und das ist manchmal gar nicht so leicht herauszufinden: Die alte "Schillpartei" hat bekanntlich ihren Erzeuger und Namensgeber an die Luft gesetzt und Papas Nachnamen folgerichtig aus der Parteibezeichnung gekickt. Nun aber will sie den Namen des Verstoßenen plötzlich doch behalten. Also wollen die mit dem Namen Schill gegen Schill antreten, der wie berichtet neue Freunde gefunden hat, mit denen er auf die alten einprügelt? Den Hamburgern fällt es zunehmend schwer, zwischen derlei politischer Realität und "Dschungelcamp" zu unterscheiden. Es steht zu befürchten, daß sie beide Schills bei der nächsten Runde rausschmeißen.

Der Dschungel hat es den Deutschen ja richtig angetan, wie die Einschaltquoten der Blutegel-Show bewiesen. Das ist weder Umweltminister Trittin entgangen noch der EU in Brüssel. Beide haben sich daher entschlossen, den Deutschen einen eigenen Dschungel mitten im Land zu schenken. Genau dort soll er hin, wo bis dato Hamburg liegt. Zu diesem Zweck wollen Berlin und Brüssel eine EU-Richtlinie durchsetzen, nach welcher im Rahmen des Elbe-Schutzes auch der gesamte Hamburger Hafen unter Naturschutz gestellt wird. Als Paradies für Vögel, Fische und Schlickwürmer. Mit der schmutzigen Hafenwirtschaft, den häßlichen lauten Schiffen und den monströsen Kränen muß dafür natürlich Schluß sein. Was noch besser ist: Die große Stadt daneben wäre dann ebenfalls überflüssig und könnte abgerissen, sprich: "renaturiert" werden. Für die Bewohner findet sich schon irgendwo was Neues. In der Ex-DDR steht ja genug "Platte" leer.

Der Haken: die Elb-Hanseaten haben sich bereits bei der vergangenen Landtagswahl als kaum kalkulierbar erwiesen, indem sie Schill wählten. Was, wenn sie den Vorschlag von EU und Schröders Trittin, ihren Laden dichtzumachen, in den falschen Hals bekommen? Da ist Vorsicht geboten. Der örtlichen SPD ist so kurz vor den nächsten Wahlen Ende Februar verständlicherweise daran gelegen, daß die geplante Abwicklung Hamburgs erst nach dem Urnengang bekannt wird. Aus Rücksicht darauf hantiert Trittin bislang nur mit "Hintergrundpapieren", wie die Welt berichtet. Was aber, wenn die Hamburger noch vor dem 29. Februar erfahren, daß Brüssel und Rot-Grün ihnen demnächst den Laden dichtmachen wollen? Was, wenn die CDU petzt?

"Das ist der Durchbruch! Ich verständige die Medien!" Zeichnung: Götz Wiedenroth