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07.02.04 / Schuldenerlaß - wer zahlt die Zeche? / Konsulatseröffnung in Königsberg am 12. Februar

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Februar 2004

Schuldenerlaß - wer zahlt die Zeche?
Die wirtschaftlichen Konsequenzen des human anmutenden Geldverzichts auf einen Blick
von R. G. Kerschhofer

Wieder einmal wird viel davon geredet, einem Land Schulden nachzulassen: US-Emissäre touren durch die Welt, um einen Schuldennachlaß für den Irak zu erwirken. Schulden nachlassen - das klingt sehr christlich, aber was bedeutet es wirklich? Wer profitiert davon und wer zahlt die Zeche?

Schauen wir uns die Sache zunächst im kleinen an. Abgesehen von rein privaten Krediten, bei denen alles mögliche mitspielen mag, hat ein Kreditgeber zwei wesentliche Interessen: Er will sein Geld wiedersehen und er will mit Zinsen belohnt werden. Daher fordert er Bürgschaften, Wechsel, Hypotheken, Pfand oder Eigentumsvorbehalte als Sicherstellung. Er kann auch eine Kreditrisiko-Versicherung abschließen oder die Forderung an Dritte verkaufen - Versicherungsprämien oder Abschläge werden dabei in die Preise einkalkuliert.

Ein ordentlicher Kaufmann im rechtlichen Sinn ist verpflichtet, fragwürdige Forderungen im Wert zu "berichtigen" und notfalls "abzuschreiben". Wir beobachten jedoch immer wieder, daß ein größerer Konkurs auch den Konkurs von Gläubigern - meist von Lieferanten - auslöst. Warum? Weil diese bei der Kreditgewährung fahrlässig waren und weil "faule" Forderungen nicht oder zu spät abgeschrieben wurden. Kreditverluste aber treffen immer den Letzten in der Kette.

Banken als gewerbliche Geldverleiher staffeln ihre Zinssätze nach dem Risiko. Ausfälle tragen sie "selber", denn wegen der großen Zahl an Transaktionen können sie wie ein Versicherer "statistisch" kalkulieren. Allerdings verleihen Banken nicht eigenes, sondern geliehenes Geld - und der Letzte in der Kette ist der kleine Sparer, der sich eben mit noch bescheideneren Zinsen begnügen muß. Bei Großkonkursen können sogar Banken ins Trudeln geraten, und dann springt der Staat ein - teils direkt, teils indirekt durch Steuerausfälle - und der Letzte ist der Steuerzahler.

Für Exporte gelten die gleichen Mechanismen, doch kommt oft ein politisches Risiko dazu, das Unternehmer und Banken nie übernehmen würden. Es sei denn, man kann es auf den Staat abwälzen. Eine staatliche Ausfallhaftung wirkt dann als wunderbare Geldvermehrung: In staatlichen oder staatsnahen Betrieben bleiben Arbeitsplätze erhalten, und Parteien und Gewerkschaften können ihre Klientel versorgen. Oder die der Regierung nahestehenden Konzerne machen zusätzliche Profite und bedanken sich mit "Spenden". In staatskapitalistischen Ländern ging oder geht es im Prinzip genauso zu, denn im Grunde wird überall Kaufkraft abgeschöpft, Inflation angeheizt, Ersparnisse, Altersversorgung ausgehöhlt, die Abgabenlast erhöht. Natürlich wollen auch Staaten "Sicherstellungen". Man läßt sich etwa Schürfrechte oder Handelsprivilegien zusichern. Aber die einzige wirkliche Sicherstellung ist seit eh und je das eigene Militär - und selbst das hilft nur gegenüber Schwächeren. Während des kalten Krieges spielten überhaupt strategische Erwägungen eine große Rolle. "Militärhilfe", "Wirtschaftshilfe", "Entwicklungshilfe", "brüderliche Hilfe" - so hießen die Schlagworte, und von beiden Seiten flossen ungeheure Werte an lokale Vernichtungsapparate und Korruptionisten. Und kurioserweise ließ sich der Ostblock einen Teil seiner "Großzügigkeit" durch westliche Kredite finanzieren - die mittlerweile als uneinbringlich abgeschrieben sind.

Der Staat ist eben kein "ordentlicher Kaufmann". Für zukünftige Verpflichtungen - ob nun Exportgarantien oder etwa Pensionszusagen - macht er keine Rückstellungen, denn er erstellt ja nicht einmal eine Bilanz! Was passiert also eigentlich bei einem "Schuldenerlaß"? Gar nichts, denn die Schulden sind längst bezahlt - von anderen, die das nicht einmal mitkriegten! Aber etwas passiert doch: Denn der Schuldennachlaß ist Voraussetzung für neue Kredite, die durch neue Staatsgarantien "gesichert" werden. Und so beginnt der Kreislauf der wunderbaren Geldvermehrung, die eigentlich Vermögensvernichtung ist, aufs neue.

Werfen wir noch einen Blick auf die irakischen Schulden von insgesamt 128 Milliarden Dollar: Größte Gläubiger sind die Ölscheichtümer, deren Kredite an Saddam quasi Schutzgeldzahlungen waren - und über den Ölpreis von Dritten getragen wurden. Weitere Großgläubiger: Rußland, gefolgt von Deutschland und Frankreich - die USA hingegen hatten immer nur gegen Bares an Saddam Hussein geliefert. Was aber sind russische oder französische Schürfrechte wert in einem von den USA besetzten Irak? Und wer entscheidet über die Auftragsvergabe, wenn der Schuldenkreislauf wieder anläuft? Wer profitiert und wer zahlt die Zeche?

Christlich ist es, eigenes Geld zu spenden. Das der Staatsbürger zu verschenken ist und bleibt Veruntreuung. Von der übrigens im konkreten Falle nicht einmal die "beschenkten" Iraker etwas haben werden.

Iraker Wiederaufbaumesse in Kuwait: Die USA haben durchblicken lassen, daß nur der, der dem Irak die Schulden erläßt, am Aufbau des Landes mitverdienen darf. Foto: pa