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07.02.04 / Litauen fälscht Memels Geschichte / Die Geschichtspolitik der Baltenrepublik ist eines EU-Mitgliedes unwürdig

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Februar 2004

Litauen fälscht Memels Geschichte
Die Geschichtspolitik der Baltenrepublik ist eines EU-Mitgliedes unwürdig
von Beate Szillis-Kappelhoff

"Wir sind ein Volk, ein Land, ein Litauen" lautet die Inschrift von Memels letztes Jahr eingeweihtem Triumphbogen. "Ein Volk, ein Land" mag ja noch angehen, aber was hat Litauen mit Memel zu tun, das einen solch überdimensionierten Triumphbogen rechtfertigt? Die Jahre der NS- und der russischen Herrschaft einmal großzügig mitgezählt, gehört die Stadt doch erst 80 Jahre lang zur Republik Litauen.

Unter den Worten steht eingemeißelt eine Unterschrift: "E. Simonaityte". Das erschließt vieles, denn die Schriftstellerin Ieva Simonaityte (1897-1978) ist so etwas wie eine Nationalheilige, die ihre Sozialisation zwischen den Weltkriegen erfahren hat und sich der sogenannten "klein-litauischen" Bewegung angeschlossen hatte. Diese Bewegung entstand als Gegenbewegung zur Bismarck'schen Minderheitenpolitik und war ein Protest gegen die Germanisierung der baltischen Ethnien im nördlichen Ostpreußen. Eine analoge Bewegung gab es bei den slawischen Ethnien im südlichen masurischen Teil.

Es ist nicht zu leugnen, daß ab dem 15. Jahrhundert viele Litauer in Ostpreußen siedelten, weil sie vor der polnisch-litauischen Adelsherrschaft in das mildere Recht des Deutschen Ordens und später aus dem zaristischen Rußland in den geschützteren Raum Preußens flohen. Vor diesem Hintergrund konstruierte die "klein-litauische" Protestbewegung aus dem Namen "Preußisch-Litauen" den ahistorischen Begriff "Klein-Litauen" und eine Zugehörigkeit zu dem nicht existenten "Groß-Litauen". Bei der ländlichen Bevölkerung fanden diese sogenannten Kleinlitauer allerdings wenig Zuspruch. Die Menschen wußten zwar, daß etliche ihrer Vorfahren Litauer waren, doch fühlten sie sich in erster Linie als loyale preußische Staatsbürger. Sie waren im Gegensatz zu den Litauern jenseits der Grenze protestantisch und der deutlich niedrigere, ja primitive Lebensstandard in Russisch-Litauen konnte kaum jemanden verlocken, die Seiten zu wechseln. Lediglich die kulturellen Veranstaltungen und die in Tilsit erscheinenden Zeitungen in litauischer Sprache fanden Zuspruch. Einige Führer dieser Bewegung optierten nach dem Ersten Weltkrieg für Litauen, ließen sich jedoch vom Deutschen Reich repatriieren, als Litauen unter Stalins Herrschaft kam. Hervorgehoben sei hier der preußische Pfarrer Wilhelm Gaigalat (1870-1945), der es besonders gut verstand, sein Fähnlein in den politischen Wind zu hängen. Die Nachkommen dieser "Kleinlitauer" leben heute in den USA und in Kanada und finanzieren sehr spendabel Projekte, die die Existenz "Klein-Litauens" beweisen sollen.

Doch das Memelland reicht ihnen nicht. So hoffen sie, langfristig auch das Königsberger Gebiet für die Republik Litauen gewinnen zu können. Auch hierfür wird Geschichte umgeschrieben. Weil die litauische Sprache schon während der polnisch-litauischen Zeit praktisch nur noch von der Unterschicht gesprochen wurde und auszusterben drohte, wurde in Königsberg mit Hilfe der damals noch nicht ganz ausgestorbenen prußischen Sprache die litauische Schriftsprache entwickelt und wurden die ersten litauischen Bücher gedruckt, was dieser Sprache wieder auf die Beine half. Der "Kleinlitauische Rat" (Lithuanian Minor) legt diese Fakten nun derart aus, daß Königsberg eine urlitauische Stadt sei, die nur zwischenzeitlich von Deutschen okkupiert worden sei. Folglich zeigen etliche litauische Landkarten eine Grenzziehung, die das Königsberger Gebiet als litauisches Gebiet ausweist. Als Beispiel sei hier Nijole Strakauskaites vor drei Jahren erschienenes Buch "Kursiu Nerija" genannt, das auf der Titelseite die Kurenkahn-Wimpel rund um das Kurische Haff zeigt, wobei großräumig der russisch verwaltete Teil Ostpreußens bis zur Grenze mit der Republik Polen einbezogen wird.

Während Literatur und Karten der litauischen Archäologen und Linguisten die Geschichte Ostpreußens einschließlich des Memellandes korrekt wiedergeben, bieten etliche litauische Historiker nur als haarsträubend zu bezeichnende Verfälschungen an. Als gutes Beispiel mag der litauische Geschichtsatlas für Schulen dienen (Lietuvos istorijos atlasas, Briedis Verlag, Vilnius). Auf ein und derselben Seite zeigt eine obere Karte vom 13. Jahrhundert die Lage aller baltischen Stämme in nicht zu beanstandender Weise, wobei Litauen als kleines Gebiet weit im Binnenland in kräftig grüner Farbe hervorgehoben ist. Direkt darunter erscheint auf einer zweiten Karte vom 13. Jahrhundert jedoch unvermittelt ein Großlitauen, das Samogitien und die kurischen Gebiete sowie weite Teile Nord-Ostpreußens einschließt. Und genau in dieses aufgeblähte Dunkelgrün stechen nun die blauen Pfeile der Attacken des Deutschen und Livländischen Ordens. Weder Vykintas noch Trenotia finden Erwähnung, allein Litauen wurde angegriffen und allein Mindaugas hat die Angriffe abgewehrt. Eine Deutung, die heutige Litauer szemaitischer Abstammung schwer verstört. Sie fühlen sich von den Hochlitauern mehr als herablassend behandelt. Daß das nördliche Ostpreußen, das Stammgebiet der prussischen Nadrauer, auch Mindaugas zugerechnet wird, beweise eine angebliche Urkunde über eine Schenkung Mindaugas an den Livländischen Orden, die zwar unauffindbar ist, aber über die in der Livländischen Reimchronik geschrieben wird. Selbst wenn diese Schenkung tatsächlich stattgefunden hat, hat Mindaugas etwas verschenkt, was ihm gar nicht gehörte. Und selbst wenn Nadrauen ihm gehört hätte, so weiß schon der Volksmund, daß geschenkt geschenkt ist. Bei weiterer Durchsicht dieses Geschichtsatlasses wundert es dann auch nicht mehr, daß die Karten vom 19. und 20. Jahrhundert ebenso die Geschichte verfälscht darstellen. So lernen litauische Schüler litauische Geschichte.

Und auf diese Weise indoktriniert werden sie Ostpreußen und das dazugehörige Memelland als kurzfristig von Deutschen annektierten Teil Großlitauens betrachten und glauben in folgerichtiger Konsequenz Ansprüche auf das Königsberger Gebiet, und wer weiß, vielleicht auch noch auf Weißrußland und die Ukraine erheben zu können, sobald Mütterchen Rußland zu schwächeln beginnt.

Die Museen Memels sind nicht besser. Das "Kleinlitauische Museum" (Mazosios Lietuvos istorijos muziejus), in der Ausstellung selbst mehr um Seriosität bemüht, hält es eher mit Verschleierungstaktik. Bis zum Ersten Weltkrieg zeigt es die Geschichte des Memellandes recht korrekt, wird dann aber für die Jahre 1919 bis 1923 merkwürdig schwammig. Die Annexion 1923 wird so kommentiert, daß "beide Teile Litauens" sich wieder "natürlich" vereinigen wollten. Daß die von den Siegermächten geforderten und von Litauen zugesagten Volksabstimmungen systematisch verhindert wurden, wird ebenso unterschlagen wie die Tatsache, daß in den gewählten Gremien des Memellandes nie mehr als fünf litauische unter 29 Abgeordneten saßen und daß die Rechte der Memelländer stark beschnitten wurden. Die von Ribbentrop, wenn auch nicht ohne erheblichen Druck des Deutschen Reiches, vertraglich erreichte Angliederung des Memellandes an das Reich im Jahr 1939 wird als Nazi-Okkupation dargestellt. Statt der reichlich vorhandenen Bilder jubelnder Memelländer wird ein Foto weinender "Kleinlitauer" gezeigt. Man bedenke hier noch einmal die zahlenmäßig geringe Stärke der "Kleinlitauer" im Verhältnis zu den Deutschgesinnten: Von mehr als 150.000 Bewohnern optierten gerade einmal 585 Personen für Litauen (Arune Arbushauskaite, Litauens Optanten 1939, Memel 2001).

Weit entfernt von Seriosität ist der im Informations-Büro ausliegende Prospekt. Hier wird die Ostseeküste vor 12.000 Jahren von Balten bewohnt, dann wird plötzlich die Memelburg vom Livländischen Orden gegründet, aber hinsichtlich des Namens der nun entstandenen deutsche Stadt gibt es keine Informationen. Das Gebiet ringsum wird als von Litauern bewohnt dargestellt und "Klein-Litauen" genannt. Wieder ein Gedankensprung, und 90 Prozent der Bevölkerung werden nach Deutschland und Sibirien "evakuiert".

Das sehr schön eingerichtete Schmiede-Museum zeigt vorwiegend Grabkreuze und -einfassungen, die von zerstörten memelländischen Friedhöfen eingesammelt wurden. Dies ist an sich löblich, denn auch gegenwärtig machen sich noch Friedhofsräuber über "Altmetall" her und veranstalten Schießübungen auf Grabsteine mit deutschen Namen. So wenigstens blieb ein Teil der Kulturgeschichte erhalten. Nur sehr zurückhaltend finden sich Hinweise auf die systematische Zerstörung und Einebnung deutscher Friedhöfe.

Das Uhrenmuseum ist das "einzige in Litauen" und zeigt in einer "englischen Kaufmannsvilla aus dem 19. Jahrhundert" sehr schöne Uhren, ohne daß man etwas über ihre Herkunft erführe. Überhaupt finden sich an etlichen historischen Gebäuden Bronzetafeln, die auf ein "litauisches Architektur-Denkmal des 19. Jahrhundert" hinweisen, während Kasernen und militärische Anlagen als "deutsch" deklariert werden und die Ausstellungen dort mit deutschen Militärmärschen beschallt werden. Da nahezu systematisch der Anschein vermieden werden soll, es habe sich bei Memel um eine über Jahrhunderte deutsche Stadt gehandelt, verwundert die Aussage eines Prospekts, der auf die "westliche Architektur Klaipedas" verweist, die so ganz anders sei als in den übrigen litauischen Städten. Ja, wie mag sie dort nur entstanden sein?

Studieren wir Prospekte, die von Tourismus-Agenturen herausgegeben werden wie beispielsweise "Exploring Klaipeda 2003", wird die Geschichte des Memellandes geradezu schamlos verfälscht. Auch hier wird der Name "Memel" konsequent ausgeblendet. Hier wird die "Stadt Klaipeda" 1252 gegründet. Einige Absätze weiter folgt die Information, daß der Name erstmals 1418 erwähnt wird. Nach der Stadtgründung reitet man im Schweinsgalopp durch 600 Jahre Geschichte, in der die Stadt in scheinbar schneller Abfolge von Szemaiten besetzt und dann ein Teil Preußens wird, dann einer Schwedens, dann wieder Preußens, dann Rußlands. Es entsteht der Eindruck, die deutschen Epochen seien nur kurze Episoden gewesen, bis die Stadt im 18. Jahrhundert nur noch aus Forts und Kasernen bestand. Doch unvermittelt wird man konkret: "1871-1919 gehörte die Stadt Kaiserdeutschland an. Zu der Zeit hat man sich bemüht, Klaipeda zu verdeutschen, man stoß aber auf ein Widerstand der Litauer." Dieses Zitat ist ein Beispiel für eine noch relativ gute deutsche Übersetzung. Auffallend ist, daß in allen erhältlichen Prospekten die Absätze in Deutsch miserabel und teilweise sinnentstellend übersetzt sind, obwohl in der Region viele Menschen leben, die hervorragend deutsch sprechen. Angesichts der Tatsache, daß der überwiegende Teil der Besucher aus der Bundesrepublik Deutschland kommt, drängt sich die Frage auf, ob das absichtlich geschieht und ob darin Geringschätzung ihren Ausdruck findet.

Eine derartige Geringschätzung wäre um so bemerkenswerter, als Litauen inzwischen erkannt hat, daß es im Gegensatz zu seinen baltischen Nachbarländern den Tourismus als Einnahmequelle bisher stark vernachlässigt hat. Oder steht dahinter die Erkenntnis, daß man den Deutschen - auch als Touristen - fast alles zumuten kann?

Das Kleinlitauische Museum: Nicht nur in Museen wie diesem, sondern auch in Schulbüchern und Tourismusprospekten werden die Fakten verdreht.