20.04.2024

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07.02.04 / Die ostpreußische Familie

© Preußische Allgemeine Zeitung / 07. Februar 2004

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

zuerst heute etwas in eigener Sache. Sie haben sicherlich meine gereimte Laudatio auf unsere Silke Osman gelesen. Die war eigentlich nur als persönlicher Glückwunsch zu ihrem 30jährigen Redaktionsjubiläum im Kollegenkreis gedacht. Sie selber hatte sich als "Fossil" bezeichnet, weil ihrer Meinung nach 30 Jahre Redaktionsarbeit beim Ostpreußenblatt doppelt zählten. Daraufhin hatte ich als "Urgestein" geantwortet - als freie Mitarbeiterin bin ich ja seit Beginn dabei - und ihr ein echtes "Fossil" überreicht, eine versteinerte Muschel aus der Sahara. Ich hatte nicht gedacht und schon gar nicht geplant, diese launigen Riemels zu veröffentlichen - nun war ich die Überraschte. Aber ich möchte bei dieser Klarstellung doch noch einmal betonen, wie glücklich wir sein können, daß wir "unsere Silke" haben, die nicht nur die versierte Bewahrerin und Interpretin ostdeutscher Kultur ist, sondern auch jüngeren Schriftstellern die Möglichkeit bietet, ihre Arbeiten zu veröffentlichen. Sie ist eben, wie ich betonte, "eine Brücke vom Gestern zum Heute" und mir immer eine besonders liebe Kollegin gewesen und geblieben, mit der die Zusammenarbeit eine nie getrübte Freude war. Und das ist in der deutschen Zeitungslandschaft sehr selten! Deshalb hier noch einmal: Herzlichen Glückwunsch, liebe Silke Osman! Moak man wieder so!

Und wir machen auch weiter. Zuerst mit dem Wunsch von Anneliese Schmidt aus Köln. Sie hat bisher vergeb-lich versucht, Informationen über das Taubstummenheim in Tilsit zu bekommen. Vor allem ist sie an einer Namensliste der Heimbewohner interessiert, denn ihr Onkel Franz Schmidt müßte darauf auch verzeichnet sein. Da er bis zum bitteren Ende dort gewohnt hat, ist anzunehmen, daß er mit den anderen Bewohnern auf die Flucht gegangen ist. Wer kann Auskunft darüber geben, ob sie vertrieben wurden oder noch in der Heimat verblieben sind, was unter den Russen mit ihnen geschah? Franz Schmidt wurde 1916 in Damerau-Grünwalde, Kreis Stallupönen, als Sohn von Heinrich Schmidt und Maria, geb. Rieck, geboren. Er hatte noch vier Geschwister: Frieda, Paul, Fritz und Ernst. Seine Nichte wäre dankbar, wenn sie endlich Näheres über das Schicksal der taubstummen Heiminsassen, vor allem über das ihres Onkels, erfahren würde. (Anneliese Schmidt, Mülhauser Straße 5 in 50739 Köln, Telefon: (02 21) 17 51 08)

In jene grausame Zeit führt auch der Suchwunsch von Helga Henschke zurück, aber diesmal geht es um ein Kind, das in den Wirren der letzten Kriegstage verschwunden ist: um Günther Koppetsch, den Vetter von Frau Henschke. Es war Ende Januar 1945 bei Heiligenbeil. Bis dorthin war die Familie Koppetsch aus Großstamm, Kreis Sensburg, mit einem Treck des Freiherrn von Paleske geflohen. Alle Männer des Trecks wurden hier zum Volkssturm eingezogen, auch der Vater Fritz Koppetsch. Weil es hieß, daß es in der Stadt Brot gäbe, liefen einige Frauen über die Brücke des kleinen Flusses und konnten dann nicht mehr zurück, weil diese gesprengt wurde. So wurde die Mutter Frieda Koppetsch mit ihrer fünfjährigen Tochter Ilse von ihrem Stiefsohn Günther getrennt, den sie mit dem Gepäck auf der anderen Flußseite zurückgelassen hatte in der Annahme, daß der Volks-sturmtrupp mit seinem Vater dort vorbeikommen würde. Aber Fritz Koppetsch wurde an jenem Tag schon durch einen Kopfschuß getötet, wie seine Frau erst sehr viel später erfuhr. Die Mutter erlebte mit ihrer kleinen Tochter noch eine furchtbare Zeit unter den Russen. Sie kehrte in das kleine Walddorf im Kreis Sensburg zurück. Später fand sie die älteste Tochter Edith wieder, die damals auf einer Fachschule im Nachbarkreis gewesen war und von dort flüchtete. Von Günther aber fehlt bis heute jede Spur. Augenzeugen berichteten nach Jahren, daß an jenem Tag eine Gruppe Kinder Richtung Osten getrieben wurde - war der zehnjährige Günther Koppetsch dabei? Der am 27. Mai 1934 Geborene war ein stilles, bescheidenes Kind. Die Familie hat bisher versucht, irgendeine Spur zu finden, aber auch Helga Henschke kam mit Mutter und Bruder erst 1958 im Rahmen der Familienzusammenführung aus Masuren in den We-sten, wo ihr Vater mit der ältesten Tochter lebte. Leider war die Freude des Wiedersehens nur kurz: der Vater verunglückte vier Wochen später tödlich! Wie hat es diese Familie getroffen! Und immer noch bedrückt das ungewisse Schicksal des damals verlassenen Kindes die Angehörigen. Vielleicht kann die Ostpreußische Familie Licht in das Dunkel bringen - so hofft jedenfalls Helga Henschke, die übrigens in jedem Jahr mit Hilfsgütern in die Heimat fährt. (Helga Henschke, Auf der Leimenheeg 7 in 36396 Steinau a. d. Str.)

Suche!!! Daß Cacilia Radschun hinter dieses Wort gleich drei Ausrufungszeichen setzt, hat schon seine Berechtigung, denn sie sucht eine ganze Familie, nämlich "die Familie von mir", wie die in den Niederlanden Lebende formuliert. Sie ist die Tochter von Kurt Radschun, * 24. Juli 1938 in Königsberg/Pr. Seine Eltern waren Ernst Radschun, * 1921 (?) in Allenstein, und Elisabeth, geb. Rogal * 1912/13 in Schippenbeil, Kreis Bartenstein. (Diese Daten sind in der E-Mail so angegeben!) Kurt Radschun hatte noch drei Geschwister: Christel, Horst und Bruno. "Vielleicht, daß jemand etwas weiß über meine Familie und weitere Angehörige von meinen Großeltern, ich würde mich sehr darüber freuen!" schreibt Frau Radschun kurz und knapp. Ich hoffe, daß wir das in uns gesetzte Vertrauen erfüllen können. (Cacilia Radschun, Weezenhof 84-22 in 6536bv Nijmegen, Niederlande)

Sehr gefreut habe ich mich über ein Bild mit dem Motiv Neuhausen-Eichenkrug. Es handelt sich um das Foto eines Aquarells des Malers Emil Stumpp, das Rainer Schuchardt aus Hamburg auf einer Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg erwarb. Zunächst wußte Herr Schuchardt nichts über "Neuhausen-Eichenkrug", bis er im Internet auf unsere Ostpreußische Familie stieß, und da fand er diesen Namen in einer Veröffentlichung vom März 2000. Ich liebte dieses östlich von Königsberg gelegene Ausflugslokal sehr, mit dem ich viele unbeschwerte Erinnerungen verband, und so sandte er mir ein Farbfoto zu. Da stieg es nun sichtbar aus der Vergangenheit auf, klar und bunt, zum Greifen nahe. Ich habe mich herzlich bei Herrn Schuchardt bedankt und ihm noch viel von meinem Kindheitsparadies erzählt.

Danke soll ich auch im Namen von Eva-Renate Meyer sagen, die das "Hausche rebengrün" suchte. Da sie längere Zeit verreist war, fand sie einige Zusendungen mit dem Poem vor, aber sie hat das Gefühl, daß ihre Angehörigen nicht alle Antworten aufgehoben hatten. Deshalb an alle, bei denen sich Frau Meyer nicht persönlich bedanken kann, ein ganz großes Dankeschön!

Und Ilse Bannick hat das Rezept für die "Stintsupp" erhalten, aufgeschrieben von Carlotte Bast, einer gebürtigen Ebenroderin, die als Kind diese Fischsuppe gegessen und - nicht gemocht hatte. Doch Frau Bannick lief schon beim Lesen das Wasser im Munde zusammen, obgleich auch sie als kleine Marjell nicht gerade von der Suppe begeistert gewesen war, aber ihr Vater hatte von seinem Lieblingsgericht immer behauptet: "Aufgewärmt schmeckt sie nochmal so gut!"

Und wieder wird ein Rezept gesucht, vielmehr ein Tipp: Es geht um die Herstellung von geräucherter Gänsebrust nach Art der "masurischen Landsleute" - so formuliert Lothar Trinoga seinen Wunsch. Er hatte von seinen Eltern immer von dieser Köstlichkeit gehört, sie aber nie gegessen. Da ich glaube, daß hierbei spezielle Ratschläge wichtig sind - allgemeine kann ich ihm geben -, vor allem, was das Räuchern betrifft, reiche ich seine Frage weiter, bei der mir nun das Wasser im Mund zusammenläuft. Denn so eine echte ostpreußische Spick-

gans - das ist schon was! Nebenbei fällt mir da eine nette kleine Geschichte ein. Die Tochter unserer Nachbarfamilie in Königsberg heiratete auf ein Gut im Samland. Bei einem Besuch erzählte die gebürtige Italienerin lachend, wie sie sich blamiert hätte, als sie Gänsebrüste räuchern sollte. Sie hatte das Brustfleisch von beiden Seiten aufgerollt, weil sie meinte, es müßten doch naturgemäß zwei "Brüste" sein, kein Busen! Vielleicht schmunzeln sie jetzt auch ein wenig und vertreiben damit das Wintergrau! Ach so, die Anschrift des Gänsebrustliebhabers: Lothar Trinoga, An der Gradhöhe 1 in 34393 Grebenstein.

Eine erneute, sehr interessante Zuschrift kam zu dem masurischen Lehrer und Schriftsteller Otto Hoeppel, über den wir bei der Suchfrage nach seinem Buch "Menschen in Masuren" aufgrund einer Fehlinformation ein falsches Todesjahr angegeben hatten. Das korrigierte Dr. Hans Willutzki als genauer Kenner der Lebensgeschichte Hoeppels, und ich brachte seine Angabe über den Tod des ehemaligen Lycker Lehrers: verhungert im Februar 1947 in Pr. Eylau. Diese Veröffentlichung nahm Günther Montkowski zum Anlaß, uns eine aktuelle Zwischenbilanz über seine Recherchen zu dem berüchtigten Lager Nr. 7533 in der Infanterie-Kaserne Pr. Eylau zu übermitteln, über das er eine Dokumentation erstellt. Er schreibt, die Anregung in Worten und mit Skizzen eines ehemaligen Internierten, den Toten und Überlebenden ein würdiges Mahnmal auf dem Kasernengelände zu errichten, werde in die Tat umgesetzt werden. Der neue Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Pr. Eylau habe ein intensives Gespräch mit dem betreffenden Landrat geführt. Herr Montkowski habe im November an einer Ortsbesichtigung im sonst gesperrten Außengelände der Kaserne unter Führung des Vertreters der Deutschen Kriegsgräberfürsorge im Königsberger Gebiet teilnehmen dürfen. Der Vertreter der russischen Gesellschaft "Memorial" habe sich dazugesellt. Der sie begleitende Offizier der Garnison Pr. Eylau habe sich sehr aufgeschlossen gezeigt und volle Bewegungs- freiheit im Suchgebiet gewährt. Weiter schreibt Herr Montkowski: "Leider habe ich bisher trotz mehrfacher Anfragen beim Archiv des Russischen Verteidigungsministeriums keinen Zugang zu den Totenlisten des Lagers 7533 erhalten können. Daraus dürften sich auch die genauen Daten zum Tode des Lehrers Otto Hoeppel entnehmen lassen, wie auch die Daten von Tausenden anderer Opfer der Willkür nach Kriegsende." Diese Angaben werden viele Leser interessieren, vor allem die noch lebenden Insassen des Lagers und die Angehörigen der dort Verstorbenen oder Vermißten. Für Anfragen steht unser Informant gerne zur Verfügung: Günther Montkowski, Neustrelitzer Str. 53/1005 in 17033 Neubrandenburg, Telefon/Fax: 0395 / 3694302.

Eure Ruth Geede

Neuhausen-Eichenkrug: Aquarell des Malers Emil Stumpp Foto: Schuchardt