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06.03.04 / Die ostpreußische Familie

© Preußische Allgemeine Zeitung / 06. März 2004

Die ostpreußische Familie
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Ruth Geede

Lewe Landslied und Familienfreunde,

unser unvergessener ostpreußischer Mundartpoet Robert Johannes hat einmal zusammengestellt, welche kuriosen Wünsche im Laufe eines Jahres von den Kunden der Königsberger Buchhandlung Gräfe & Unzer - damals die größte Europas! - gestellt wurden. Aus seiner Sammlung hier ein paar der kuriosesten Wünsche: "Etwas über Litauen, entweder der Trompeter von Seckenburg oder der wilde Jäger!" - "Bismarcks Gedanken, von ihm selbst gedruckt!" - "Ein Globus, antiquarisch, aber Amerika muß schon drauf sein!" - "Ein Buch von Plato und ein Buch von Ploetz, aber beide von demselben Verfasser" - "Dantes gottlose Komödie, aus dem Griechischen übersetzt!" Dies nur als kleine Auswahl, damit Sie ein wenig schmunzeln können. Nicht ganz so ausgefallen ist es mit den Fragen bestellt, die an mich als "Familienmutter" gerichtet werden, aber wenn ich sie im Laufe der Jahrzehnte notiert hätte, wäre schon eine ganz hübsche Sammlung zustande gekommen. Doch manche Schreiben habe ich gleich in den Papierkorb gefeuert! Denn wenn von uns, der Ostpreußischen Familie, der "Spruch, der über den Latrinen der Soldaten hing" oder das Lied "O Hauptmann von Powunden", gesungen nach der Melodie: "O Haupt voll Blut und Wunden" - welch eine Blasphemie! - gefordert werden, dann ist das die einzige Antwort.

Nein, solche Fragen hat es in der letzten Zeit nicht gegeben, aber doch recht ausgefallene, wie "Was sind Klibanen?" oder "Suche eine CD von dem jetzt verstorbenen Westernhelden, geboren in Litauen, mit ,Spiel mir das Lied vom Tod', muß aber bezahlbar sein!" Na ja, die meisten Schreiben kann ich selber beantworten, was natürlich viel Zeit und Mühe erfordert, aber bei einigen mußte ich doch die Segel streichen und sie jetzt für unsere Kolumne neu hissen.

Zuerst die Frage von Anna-Luise Lucke, die sich für die ostpreußische Schriftstellerin Clara Nast interessiert, seit sie auf einem Flohmarkt eines ihrer Bücher fand. Inzwischen erstand sie auf Flohmärkten und in Antiquariaten 29 Bücher der Autorin, die sie dem Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg übergeben konnte. Frau Lucke fand Kontakt zu dem Bearbeiter der Altpreußischen Biographie der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, Klaus Bürger, der sich der Sache annahm und alle Buchtitel - über 60! - der Schriftstellerin ermitteln konnte. Duplizität der Zufälle: Fast mit gleicher Post wandte sich Herr Bürger an mich mit der Frage, die auch Frau Lucke in ihrem Schreiben stellt: "Wann und wo starb Clara Nast?" Das Sterbedatum ist nämlich noch ein weißer Fleck in der Biographie der Schriftstellerin, die als Clara Seyffert am 30. April 1866 in Insterburg geboren wurde. Sie heiratete den Gymnasialprofessor Louis Nast. Die Familie, zu der auch der - einzige? - Sohn Roderich gehörte, lebte in Tilsit, zuletzt in der SA-Straße 53. Roderich Nast, ebenfalls Schriftsteller, fiel im Zweiten Weltkrieg. Ab 1939 gibt es keine Angaben mehr über Clara Nast, es fehlen jegliche Unterlagen über ihre letzten Lebensjahre. Wer kann darüber Auskunft geben? Zuschriften bitte an Klaus Bürger, Heinrich-Heine-Straße 16 in 25813 Husum, Telefon 0 48 41 / 7 22 05, oder an Anna-Luise Lucke, Breslauer Straße 62 in 21337 Lüneburg.

Der Wunsch von Siegfried Kirchhoff wird schon leichter zu erfüllen sein: Er sucht Fotos von der Neuroßgärter Kirche in Königsberg, jener Barockkirche am Butterberg, deren Wehrturm einst den Haffschiffern als Landmarke diente. In diesem Gotteshaus wurde Siegfried Kirchhoff getauft und 1942 konfirmiert. Vor einigen Jahren besuchte er mit seiner Kirchengemeinde aus Ansbach die Heimatstadt und fand dort, wo seine Kirche gestanden hatte, nur einen Fußballplatz vor. Dem 76jährigen könnte man keine größere Freude machen als mit Aufnahmen von seiner Kirche. Da ich annehme, daß sich in unserem Familienkreis ehemalige Königsberger befinden, die auch einen engen Bezug zu der Neuroßgärter Kirche haben, vielleicht sogar noch Aufnahmen von der Konfirmation besitzen, stelle ich diese Frage gerne in unsere Kolumne. Vielleicht meldet sich ja auch ein ehemaliger Mitkonfirmand von Herrn Kirchhoff, der in der Langen Reihe 13 wohnte, bis er im August 1944 als Luftwaffenhelfer eingezogen wurde. (Siegfried Kirchhoff, Gabrielistraße 29 in 91522 Ansbach, Telefon 09 81 / 8 46 67.)

Wechseln wir zur Versöhnungskirche München-Harthof. Von dort kommt die Frage, die uns Pfarrer Hans M. Schroeder stellt. Eine alte Dame aus seiner Gemeinde erzählte ihm aus ihren Lebenserinnerungen. Dabei erwähnte sie ein Pfingstgebäck aus ihrer Kinderzeit, das wohl eine besondere Form hatte - vielleicht eine Taube? Mir ist ein solcher Pfingstkuchen nicht bekannt, ich finde auch nicht den geringsten Hinweis in meinen alten Koch- und Backbüchern. Da ich nicht weiß, aus welcher Gegend die alte Dame stammt, ist auch ein gezieltes Suchen nicht möglich. Weil aber Pfarrer Schroeder sich an uns gewandt hat, nehme ich an, aus dem deutschen Osten. Wie auch immer: Wer kennt das Rezept für einen typischen Pfingstkuchen, der in einer bestimmten Form gebacken wurde? Pfarrer Schroeder möchte ihn nämlich backen und damit nicht nur der alten Dame, sondern auch anderen Gemeindemitgliedern eine Freude machen, denn das Pfingstgebäck soll im Anschluß an den Gottesdienst beim Kirchenkaffee gereicht werden. (Pfarrer Hans M. Schroeder, Versöhnungskirche München-Harthof, Hugo-Wolf-Straße 18 in 80937 München, Telefon 0 89 / 31 20 26- 30, Fax 0 89 / 31 20 26-40.)

Auch wenn man erst nach langer Zeit erfährt, daß eine Suchfrage Erfolg gehabt hat, freut man sich. Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, liebe Frau Matthee-Kohl, weil Sie mir erst jetzt mitteilen, daß Sie durch unsere Ostpreußische Familie etliche Verwandte gefunden haben - Hauptsache, wir erfahren es überhaupt, denn das erweckt wieder Hoffnung. "Manche habe ich aufsuchen können und bei diesen Besuchen ein Stück Heimat gefunden", schreibt Frau Matthee-Kohl. "Was besonders toll war: etliche Urkunden tauchten auf, und ich konnte sie in meine Ahnenforschung einfügen. Sie reicht inzwischen bis 1658 zurück in den Schweizer Jura. Jetzt hoffe ich, daß ich meine Ahnenforschung noch in diesem Winter fertig bekomme, und dann werden alle Familienmitglieder damit beglückt. Also nochmals herzlichen Dank!" Wer einmal Erfolg hat, der setzt auch auf den nächsten. Frau Matthee-Kohl sucht nun Bilder von ihrem Großonkel, dem Kunstmaler Albert Munier (Minge), * 1886 in Groß Wermeningken. Er lebte in Thorn und in Landsberg an der Warthe. Nach dem Krieg war sein Domizil Schöningstedt bei Hamburg, wo er 1954 verstarb. Da sich der Künstler in der schweren Nachkriegszeit auch mit Naturalien honorieren ließ, könnten sich einige Bilder in Privatbesitz befinden. Frau Matthee-Kohl würde sich über jede Entdeckung freuen. Und noch ein kleines Wunschke: Sie sucht für einen Kollegen namens Tulleweit das Gedicht "Tuleweits Ganter". Es gibt einige "Tuleweit"-Poeme, aber das vom Ganter habe ich nicht. Bestimmt aber jemand aus unserer großen Familie. (Sigrid Matthee-Kohl, Hauptstraße 45 in 76865 Rohrbach.)

Ingrid Scheuer, Ortsvertreterin von Trankwitz und Trenk, Kreis Samland, hat von all ihren Schäflein die Anschrift, nur eines macht ihr Sorgen: Es fehlt die aktuelle Adresse von Horst Schwarz (74) und seiner Ehefrau Luzie. Zuletzt wohnte das Ehepaar Am Kurpark 2 c in 23842 Bad Oldesloe. Es ist möglich, daß der Mann mit dem vollen weißen Haar und seine gehbehinderte Frau nach Mecklenburg verzogen sind. Anfragen beim Einwohnermeldeamt in Bad Oldesloe waren erfolglos. Bitte, lieber Horst Schwarz, melde dich, die ganze Ortsgemeinschaft fragt nach dir! (Ingrid Scheuer, Lärchenweg 7 in 51503 Rösrath, Telefon 0 22 05/ 38 76).

Eine Bitte von Käthe Lüllmann an die Ostpreußische Familie: Sie möchte etwas über die letzten Tage des Stabsgefreiten Mathias Becker, * 24. September 1918 in Trier, erfahren. Der Verwundete erlag seinen Verletzungen am 18. April 1945 und wurde in Ahlbeck auf der Insel Usedom beerdigt. Der Angehörige der Panzer-Grenadier-Division Großdeutschland hat Frau Lüllmann und ihre Familie unter großem Einsatz auf der Flucht aus Ostpreußen gerettet. Vielleicht war einer unserer Leser mit ihm zusammen und kann Näheres mitteilen? (Käthe Lüllmann, Elisabethstraße 56 a in 28217 Bremen, Telefon 04 21 / 3 96 26 28).

Ein wenig mager sind die Angaben, die Herr Grunau aus Dortmund uns zugesandt hat - es fehlt leider auch sein Vorname, er muß mit G. oder A. beginnen. Dafür steht der volle Name des Gesuchten fest: Dieter Pohl aus Königsberg, * 1931. Seine Eltern hießen Gustav und Meta Pohl. Der Vater arbeitete auf der Schichau Werft. Als 1943 Teile der Werft abmontiert und verladen wurden, zog die Familie nach ...(?) Es muß eine norddeutsche Hafenstadt gewesen sein: Hamburg, Bremen oder Bremerhaven. Dieter Pohl und Herr Grunau wohnten auf dem Sack-heim und besuchten gemeinsam die Schenkendorf-Schule. Zuschriften bitte an G. u. A. Grunau, Saarbrücker Straße 47 in 44135 Dortmund.

Und nun noch was zum Schmunzeln: Gesucht werden Scherz- oder Spottnamen von Orten aus den deutschen Ostgebieten, also auch aus Ost- und Westpreußen. Und damit liegt Joachim Hagenbücher bei uns goldrichtig, denn wer kann besser darüber Auskunft geben als unsere Landsleute. Daß die Schippenbeiler die "Erbsenschmecker" genannt wurden, das war bekannt, aber es wird auch so manchen Uznamen gegeben haben, der nicht an die Öffentlichkeit kam, weil er sich auf ein kleines Dorf bezog. Wer solche Ulk- und Unnamen kennt, schreibe bitte an Joachim Hagenbücher, Vogelbergstraße 3 in 35305 Grünberg.

Ein herzliches Dankeschön kam von Brigitte Westholm, die das ostpreußische Gesangbuch suchte. Sie bekam prompt elf Anrufe aus dem ganzen Bundesgebiet und rührende Geschichten zu hören, die sich auf das Gesangbuch bezogen, das durch Krieg und Flucht gerettet werden konnte, und deshalb wollten sich die Betreffenden auch nicht von ihm trennen. Frau Westholm schreibt: "Natürlich habe ich es sehr gut verstanden, daß unter diesen Umständen das Buch zur Kostbarkeit wird, die man für sich bewahren will. Es ist auch bemerkenswert, daß es noch evangelische Christen gibt, die sich derart zu ihrem Glauben bekennen. Vieles ist anders geworden, aber die Geschichte mit meinem Gesangbuch hat mich wieder sehr getröstet!" Vor allem deshalb, weil Frau Westholm dann doch noch das ersehnte Buch bekam, denn eine alte Dame hatte ein Exemplar auf einem Flohmarkt in Rotenburg erstanden und wollte es abgeben, weil sie keine Erben hatte. Und wir bekamen den Anruf von einer Leserin aus Uslar, die ebenfalls Frau Westholm ihr Buch überlassen wollte. Die so Beglück-te fügte ihrem Dankesbrief noch ein Angebot hinzu: Sie besitzt eine wunderschöne Bowle aus Cadinen, die sie gerne zu Ausstellungen ausleihen würde. Ein Jahr war das kostbare Stück in Ellingen zu sehen, nun steht es wieder in ihrer Wohnung, aber Frau Westholm möchte, daß sich auch andere Landsleute daran freuen. Also noch einmal ihre Anschrift: Brigitte Westholm, Kleeverhof 6 in 24784 Westerrönfeld, Telefon 0 43 31 / 8 84 33.

Und auch ich muß mich bedanken! Für die vielen lieben Glückwünsche zu meinem so späten Geburtstag, die besagen: Mach weiter so! Lewe Landslied, ich werde mich bemühen!

Eure Ruth Geede

Bowle aus Cadinen: Wer dieses wunderschone Stück für eine Ausstellung ausleihen möchte, wende sich an Brigitte Westholm, Kleeverhof 6 in 24784 Westerrönfeld, Telefon 0 43 31 / 8 84 33. Foto: Westholm


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