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13.03.04 / Immer schön angepaßt / Kritische Stimmen sind gerade bei der Bundeswehr äußerst unerwünscht

© Preußische Allgemeine Zeitung / 13. März 2004

Immer schön angepaßt
Kritische Stimmen sind gerade bei der Bundeswehr äußerst unerwünscht

Weg mit der Feindstaatenklausel in der UN-Charta! Und weg mit dem "Soldaten-sind-Mörder-Urteil" des BVG! Mit diesen Forderungen hat sich der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Gert Gudera, vom aktiven Dienst verabschiedet. Darauf hatten, wie unter anderem Die Welt berichtet, Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan "entsetzt" gewirkt. Es ist in der Tat sensationell, daß einer der höchsten Offiziere der Bundeswehr seine Stimme erhebt, um auf politische Fehlentwicklungen hinzuweisen und zu verlangen, daß sich die Bundesregierung endlich bemüht, sie zu heilen. Denn offenkundig werden in der Bundeswehr die Soldaten zu schweigendem Gehorsam erzogen, obwohl sie "Bürger in Uniform" sein sollen.

Da ziehen im Auftrage des Verteidigungsministeriums hohe Offiziere durch Deutschland, um auf Vortragsveranstaltungen in parteinahen Stiftungen, Tagungsstätten, Akademien die Vorstellungen der Sicherheitspolitiker an den Mann zu bringen. Mit Bussen werden Soldaten aus nahen Standorten herangekarrt, um den Saal zu füllen. Die vorderen Reihen sind reserviert für Honoratioren und Generäle. Hat der Redner seinen politisch korrekten Vortrag vom Blatt gelesen, wird die Diskussion freigegeben. Zunächst herrscht Schweigen. Nach einigen launigen Worten des Veranstaltungsleiters hebt dann ein Oberleutnant die Hand, um höflich eine Verständnisfrage zu stellen. Sie wird knapp beantwortet. Einige weitere folgen. Abschließend heben ein oder zwei Generalskameraden die Hand und stellen hilfreiche Fragen, auf die der Referent, sichtlich erfreut über das positive Echo, ebenso wohlwollend antwortet. Und dann geht es per Bus wieder zurück in die Standorte.

Wer häufiger solche Veranstaltungen besucht, fragt sich, warum nicht ein einziges Mal ein wirklich kritischer Einwand aus der Zuhörerschar kommt. Was die jungen Soldaten und die nicht mehr so jungen Obristen und Generäle denken, weiß man nicht. Wenn eine Reform die andere jagt, wie bei der Bundeswehr, dann ist es kaum vorstellbar, daß alle betroffenen Soldaten ihnen stets kritiklos folgen. Sie sagen jedenfalls nichts, vermutlich weil sie auf ihre Karriere Wert legen.

Ein solches Bild der Bundeswehr, die einmal angetreten ist, um eine Truppe im Geiste des preußischen Generals von Scharnhorst aufzubauen, stimmt trübe. Scharnhorst ist darum ein großer deutscher Soldat gewesen, weil er permanent seinem König und der zunächst im preußischen Heer herrschenden Gruppe widersprochen hat. Er wollte die Armee reformieren, um mit einer modernen Truppe das Land von der Fremdherrschaft Napoleons zu befreien. Dazu mußte er aus Untertanen bewußte Bürger machen, die bereit waren, ihr Vaterland zu verteidigen. Auch das richtete sich gegen den Zeitgeist.

Und das zweite Leitbild der Bundeswehr, Oberst Claus Graf von Stauffenberg, war auch alles andere als ein dem Zeitgeist angepaßter Offizier. Er wie Scharnhorst begnügten sich nicht damit, innerhalb der Armee zu wirken, für sie war selbstverständlich, daß die Armee in den großen Rahmen der Politik gehört und daß, wer Mißstände ändern will, auch bereit sein muß, sich in die Politik einzumischen.

Derartiges wird Bundeswehrsoldaten von vornherein unter Hinweis auf den Primat der Politik verboten. Der Soldat hat schweigend hinzunehmen, was die Politiker auch immer über ihn und seine Truppe verfügen. Ein beißender Widerspruch zu den angeblichen Vorbildern.

Meistens werden Generäle erst politisch munter und wagen kritische Äußerungen, wenn sie aus dem Dienst ausgeschieden sind. Es gibt Ausnahmen wie Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof, der öffentlich die Verkürzung der Wehrpflicht ebenso kritisierte wie die Tatsache, daß man ungestraft Soldaten Mörder nennen kann, und daraufhin seinen Abschied einreichen mußte.

Heeresinspekteur Gudera, von dem bekannt war, daß er in wichtigen Fragen mit dem Minister nicht übereinstimmte, hat sein letztes Auftreten genutzt, um den Finger in zwei eiternde Wunden zu legen. Tatsächlich ist es unglaublich, daß keine Bundesregierung bisher ernsthaft die Streichung der Feindstaatenklausel aus der UN-Charta betrieben hat. Sie besagt, daß man gegen Deutschland und Japan, die Verliererstaaten des Zweiten Weltkrieges, jederzeit ohne Votum des Sicherheitsrates mit Gewalt vorgehen kann, wenn von diesen Staaten ein Bedrohung ausgehen würde. Wie sie zu definieren ist, bleibt der zum Eingreifen entschlossenen Macht überlassen. Die Ausrede, die Uno-Generalversammlung habe schon vor fast zehn Jahren diese Feindstaatenklausel für "obsolet" erklärt, greift nicht. Wenn sie denn wirklich nie angewendet werden soll, dann kann man sie durch Mehrheitsbeschluß der Uno-Vollversammlung auch abschaffen. Aber darum hat sich noch keine deutsche Bundesregierung bemüht.

Und auch die Tatsache, daß man immer noch ungestraft in Deutschland Soldaten als Mörder beschimpfen kann, ist ein Skandal, von dem General Gudera sagte, es sei ein "selbstgemachtes deutsches Problem". Und weiter: "Nirgendwo außerhalb Deutschlands werden Soldaten in ähnlicher Art und Weise verunglimpft und an ihrer Ehre beschnitten."

Verteidigungsminister Struck und sein Generalinspekteur aber "wirkten entsetzt" darüber, daß ein General derartiges öffentlich zu sagen wagte. Jochen Arp

Tragtierkompanie der Bundeswehr: Wer bei der Bundeswehr auch nur ansatzweise störrisch wie ein Maultier ist, hat ausgedient. Foto: Photothek


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