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27.03.04 / 25 Jahre National Day auf Malta / Am 31. März 1979 verließen die letzten britischen Soldaten den Inselstaat

© Preußische Allgemeine Zeitung / 27. März 2004


25 Jahre National Day auf Malta
Am 31. März 1979 verließen die letzten britischen Soldaten den Inselstaat
von Manuel Ruoff

Nachdem die Briten die Franzosen 1798 im Rahmen der napoleonischen Kriege von Malta vertrieben hatten, ließen sie sich den Besitz des Eilandes als Kronkolonie 1814 im Ersten Pariser Frieden sowie auf dem anschließenden Wiener Kongreß bestätigen. 1827 wurde Malta Hauptstützpunkt der Royal Navy im Mittelmeer. Kurzfristig stieg die Bedeutung Maltas für die Engländer, als sie mit Frankreich und Österreich gegen Rußland von 1854 bis 1856 den Krimkrieg führten, längerfristig, als 1869 der Suezkanal eröffnet wurde sowie 1882, als sie Ägypten besetzten und zu ihrem Protektoratsgebiet machten. Entsprechend groß waren die Investitionen, welche die Engländer in ihrer Kolonie tätigten. Die Häfen wurden ausgebaut, Docks zur Reparatur von Kriegsschiffen errichtet. Ebenso wurde die Infrastruktur verbessert. So wurde ein gutes Straßennetz angelegt und zwischen Mdina und Valletta sogar eine Eisenbahnlinie errichtet. Viele Malteser fanden auf diese Weise Arbeit und Ausbildung. Die Kehrseite der Medaille war eine starke ökonomische Abhängigkeit der Kolonie von ihrem Mutterland.

Im Ersten Weltkrieg wurde Malta die "Krankenschwester des Mittelmeeres". Diesen Namen erhielt die Insel, weil die Briten hier Lazarette mit 25.000 Krankenbetten für Verwundete errichteten. Der Verlierer dieses Kriegs war der europäische Kontinent. 1919 kam es mit den blutigen sogenannten Brotaufständen zum ersten Widerstand des Kolonialvolkes gegen seine Kolonialherren. Im selben Jahr tagte eine Nationalversammlung zur Ausarbeitung einer eigenen Nationalverfassung. Zwei Jahre später erhielt Malta eine Verfassung, die eine Teilung der Macht auf der Insel zwischen Engländern und Maltesern vorsah. Die Briten behielten über den von ihnen eingesetzten Gouverneur das Sagen über die sogenannten "reserved matters". Das waren vor allem die für das britische Empire entscheidenden Bereiche Außen- und Militärpolitik. Trotzdem wurde diese Verfassung von 1921 im Jahr 1933 von den Engländern außer Kraft gesetzt, als sie die Sorge überkam, daß die Malteser mit dem faschistischen Italien sympathisieren.

In den Zweiten Weltkrieg war Malta ungleich stärker involviert als in den Ersten, denn diesmal gehörte das nahe Italien zu den Gegnern Großbritanniens. Bereits einen Tag nach ihrem Eintritt in den Krieg auf seiten Deutschlands, am 11. Juni 1940, begannen die Italiener mit Luftangriffen auf die Insel, die sie für einen unerlösten Teil Italiens und deren Sprache sie für einen Dia-lekt ihrer eigenen hielten. Die Angriffe nahmen zu, als das militärisch ungleich potentere Deutsche Reich von seinem südeuropäischen Verbündeten zu einem Engagement im Mittelmeerraum genötigt wurde. Die Versorgungswege für das deutsche Afrikakorps führten an Malta vorbei. "Ohne Malta werden die Achsenmächte den Krieg verlieren, weil sie Nordafrika nicht werden halten können", warnte und mahnte Erwin Rommel die Führung in Berlin. Zudem behinderte ein englisches Malta die Bewegungsfreiheit der italienischen Seestreitkräfte. Die Deutschen unternahmen deshalb massive Anstrengungen, die Briten von deren "unsinkbarem Flugzeugträger" (Winston Churchill) zu vertreiben. Sie versuchten es zum einen mit massiven Bombenangriffen. Bis 1944 flogen die deutsche Luftwaffe und ihr italienisches Pendant rund 3.340 Luftangriffe auf Malta, wobei sie zirka 16.000 Tonnen Bomben über der Insel abwarfen, und damit doppelt soviel wie über London in der Luftschlacht um England. Ungefähr 1.500 Menschen verloren dabei ihr Leben. Die Zahl der zerstörten Gebäude schwankt je nach Quelle zwischen 30.000 und über 40.000. Diese Methode führte letztlich jedoch ebensowenig zum Erfolg wie der Versuch, die Besatzung der Insel durch eine Blockade zur Aufgabe zu zwingen, die sogenannte Zweite Belagerung nach der Großen Belagerung durch die Osmanen im Jahre 1565 (vergleiche Folge 37/03). Das Leid auf der Insel war jedoch groß, und so verlieh der britische König Georg VI. der Inselfestung am 15. April 1942 das George Cross, "um Zeugnis abzulegen über Heldenmut und Hingabe, die noch für lange Zeit in der Geschichte gerühmt werden wird". Außer dem Orden, den Malta noch heute sowohl in seiner Flagge als auch in seinem Wappen führt, erhielten die Inselbewohner vom Monarchen das Versprechen, nach einem Sieg über die Achsenmächte ihre Souveränität zurückzuerhalten.

Nach dem genannten Sieg erhielt Malta 1947 tatsächlich wieder eine Verfassung und die Selbstverwaltung innerhalb des Commonwealth. Die Malteser konnten sich nun zwar einen eigenen Premierminister wählen, doch immer noch war das Staatsoberhaupt der britische Monarch. Ein britischer Gouverneur stand der Verwaltung vor. Malta blieb britische Militärbasis. Das Pound Sterling bildete die offizielle Währung, die maltesische Zentralbank folgte den Weisungen der Bank of England. Die kleine, schlecht ausgebildete und technisch unterversorgte maltesische Armee wurde zwar von den einheimischen Steuerzahlern unterhalten, jedoch von britischen Kommandeuren befehligt. Die Handelsbanken befanden sich ebenso in britischer Hand wie die wenigen industriellen Betriebe einschließlich der Werft. Der Rundfunk wurde von den Briten betrieben, der Flugplatz von der British Air Force. Den Hafen kommandierte ein britischer General. Und die Universität wurde von der katholischen Kirche und den Briten kontrolliert.

Ebenso unbefriedigend entwickelte sich die wirtschaftliche Situation. Wie dem Ersten folgte auch dem Zweiten Weltkrieg eine schwere Wirtschaftskrise auf Malta. Hohe Arbeitslosigkeit und Überbevölkerung führten 1954 zu einem Exodus. Binnen eines Jahres verließen 11.000 Malteser ihre Heimat in Richtung angelsächsische Länder.

In dieser Situation hielt es Maltas 1955 gewählter Premierminister Dominic (Dom) Mintoff von der Malta Labour Party (MLP) für besser, ein Teil des Vereinigten Königreiches zu sein als ein von diesem abhängiges Territorium. Der Anschluß an Großbritannien versprach eine An- gleichung der vergleichsweise schlechten maltesischen Lebens- und Sozialbedingungen an die eng-lischen. So führte er auf der Insel 1956 ein Referendum durch. 67.607 abstimmungsberechtigte Malteser sprachen sich für den Anschluß und 20.177 dagegen aus. Die Mehrheit war also für Mintoffs Vorschlag. Allerdings gehören zu dem Gesamt-ergebnis auch die 2.559 ungültigen Stimmen sowie die 62.480 Enthaltungen. Die Nationalist Party hatte nämlich aus Protest gegen den Plan des Premierministers ebenso wie die katholische Kirche, die um ihre Privilegien in einem protestantischen Vereinigten Königreich fürchtete, zur Wahlenthaltung aufgerufen. Da die Mehrheit für den Anschluß also nur eine relative war und die britische Regierung kein zweites Nordirland erleben wollte, lehnte sie einen Anschluß ab. Zudem bedeutete die von Mintoff angestrebte Annäherung der maltesischen Lebensverhältnisse an die britischen im Umkehrschluß auch eine Annäherung der britischen an die maltesischen, und das lag ebensowenig im Interesse der Engländer wie die bei einem Zusammenschluß zu erwartenden Subventionen und Transferleistungen Richtung Malta.

Dies war nicht die einzige Enttäuschung, die Mintoff mit den Bri- ten erlebte. Als er erfuhr, daß das englische Verteidigungsministerium den größten Arbeitgeber auf der Insel, die Schiffswerft, privatisieren wollte, verlangte er eine Beschäftigungsgarantie für die Arbeiter in den Docks. Die Engländer versagten sie ihm. Enttäuscht trat Mintoff vom Amt des Regierungschefs zurück.

Nach den Parlamentswahlen von 1962 stellte der Gegenspieler von Labour, die Nationalist Party (NP), die Regierung. Unter ihr erlangte Malta am 21. September 1964 die Unabhängigkeit, verblieb allerdings im Commonwealth, behielt den britischen Monarchen als Staatsoberhaupt und blieb für zehn Jahre durch einen Beistandspakt mit Großbritannien verbunden.

1971 wendete sich das Blatt abermals und Mintoff übernahm wieder die Regierungsgeschäfte. Nachdem er in den 50ern vergebens den Anschluß an Großbritannien gesucht und dieses ihn beziehungsweise sein Land verschmäht hatte, war es nun sein Ziel, die unter der Nationalist Party erlangte formelle Unabhängigkeit durch eine reale zu ergänzen. Konsequent wurden die Bande zum Vereinigten Königreich gekappt. Malta erklärte sich für neutral und blockfrei. Die Nato wurde von der Insel verwiesen und US-Kriegsschiffen wurde das Einlaufen in den Grand Harbor untersagt. Letzteres war Mintoffs Antwort auf die Zurückweisung seiner Bitte um Berücksichtigung im Marshallplan.

Die Abwendung von London ging einher mit der Suche nach neuen Partnern. Außer in Italien, mit dem er einen Beistandsvertrag schloß, suchte er diese vor allem im sozialistischen Lager und unter den arabischen Staaten. Auch mit Muammar al Ghaddafi schloß Mintoff einen Beistandspakt. Die Ausbildung der 1.200 Mann starken maltesischen Armee wurde den Libyern übertragen. Libyen durfte auf der Insel eine große, hochmoderne Moschee erbauen, eine arabische Hochschule und eine islamische Missionsstation gründen sowie gegenüber dem Parlamentsgebäude einen Kulturpalast beziehen. Darüber hinaus sollte Libyen für die Lieferung von Öl und Waffen "Informationen für Verteidigungszwecke" von Malta erhalten. In den Blütezeiten der maltesisch-libyschen Kooperation steckten umgerechnet rund 50 Millionen Euro in gemeinsamen Investitionen. Mit technischer und finanzieller Hilfe Chinas errichtete er eine Werft im Grand Harbor und stellte von Kriegs- auf Friedenswirtschaft um. Mit Saudi-Arabien nahm er Verhandlungen über den Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage auf. Die PLO erkannte er an. Mit Nord-Korea wurde auf dem Geheimdienstsektor eine Zusammenarbeit begonnen. Für die Sowjet-union wurden Schiffe gebaut.

Mit Air Malta erhielt der Inselstaat eine eigene Fluggesellschaft und mit Sea Malta eine eigene Schiffahrtslinie, welche die Insel mit den Häfen des Mittelmeeres verband. Mintoff betrieb den Ausbau des Tourismus, und er holte internationale Investoren wie Lloyds, Loden-Frey, Bogner, Rodenstock oder Playmobil auf das Eiland.

Die bis dahin noch bestehende britisch-maltesische Personalunion bei den Staatsoberhäuptern beendete Mintoff, indem er im Dezember 1974 Malta zur Republik erklärte und an der Spitze des Staates den britischen Monarchen durch einen maltesischen Präsidenten ersetzte. Zur vollen Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht gehörte für Mintoff auch die Abwesenheit der ehemaligen Kolonialtruppen. Entsprechend war das von ihm mit den Briten geschlossene Stationierungsabkommen ausgelegt. Bis 1979 ließ er den Engländern Zeit, mit ihren Truppen die Insel zu räumen. Aus Rücksicht auf Maltas Beziehungen zu den Arabern setzte er dabei durch, daß englische Truppen nicht wieder wie 1956 in der Suez-Krise beim Angriff auf Ägypten einen arabischen Staat von der Insel aus angriffen. Am 31. März des Jahres 1979 verließen die letzten britischen Soldaten das Eiland. Nicht nur in den Augen Dom Mintoffs hatte Maltas Unabhängigkeitsprozeß erst damit seinen Abschluß gefunden, und so feiern die Malteser den 31. März noch heute als National Day.

Erinnert an den Abzug der Briten: Maltas Freedom Monument in Vittoriosa


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