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27.03.04 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / 27. März 2004


Mist / Ab jetzt regiert Münte
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Geahnt hatten wir das ja schon länger: Die Truppe, die sich uns seit Jahren als Bundesregierung ausgibt, ist in Wahrheit ein bunter Haufen findiger Gaukler, der uns "große Welt" vorspielt, ohne zeichnungsberechtigt zu sein. Am Sonntag hat Müntefering das Ende der Vorstellung verkündet und klargemacht, daß ab jetzt er die Fäden zieht, weil Opposition Mist ist und das Publikum den Possenreißern allmählich auf die Schliche gekommen war.

Bitter ist das für die armen Idioten, die den Kulissenzauber für bare Münze genommen haben. Den Chinesen hatte Kanzlerdarsteller Schröder ein Brennelementewerk aus Hanau zugesagt. Wird natürlich nichts, wie Papa Münte den geleimten Asiaten jetzt durch die rote Nelke beschied: In der Sache gebe es "keine Vorentscheidung irgendwelcher Art". Tja. Auch die deutschen Unternehmer, denen Wolfgang Clement (vor einem Jahr noch die umjubelte Starbesetzung als täuschend echter Superminister) in Aussicht stellte, daß die Ökosteuer fallen könnte, blicken in die Röhre: ein Scherz, von Münte kassiert. Ziemlich verärgert geben sich die Arbeiter vom Waggonwerk Ammendorf. Dort war Schröder als "stärkster Mann der Welt" aufgetreten und hatte die Rettung der Fabrik versprochen. Nebenbei hat er noch die Elbe bezwungen, die Arbeitslosigkeit hal-biert und den Frieden gerettet. Mal ehrlich: Hätten wir nicht eher draufkommen können, daß da irgend etwas nicht stimmt? Ja ... hinterher! Hinterher ist man immer schlauer.

Nun, da die Lausbuben von der Leiter gekippt sind, ist ihnen die Sache schon ein bißchen peinlich. Am liebsten würden sie sich verdrücken. Eichel hat sich im jüngsten 20-Milliarden-Loch versteckt, das sich günstigerweise gerade jetzt auftut. In dem dichten Gewirr täglich neuer Defizite und Luftbuchungen ist der Standort des "Ministers" kaum noch auszumachen. Kollege Clement verbeißt sich in sein Recht, die Aussage zu verweigern. Von ihm hört man so gut wie nichts mehr. Schröder hingegen möchte noch ein Abenteuer erleben und hat sich an die Front davongemacht, um das Vaterland zu verteidigen, welches in höchster Gefahr ist und voller Verräter steckt. Die Gefahr lauert im feindlichen Ausland. Die ganze Welt hat sich gegen Deutschland verbündet und attackiert uns mit überschaubaren Lohnnebenkosten, lesbaren Gesetzbüchern, bezahlbaren Steuern und Verwaltungen, die sich weigern, ihrer naturgegebenen Bestimmung als Folterknechte der gewerblichen Wirtschaft nachzukommen. Verrat droht von der deutschen Wirtschaft, die das raffinierte Meisterstück unserer 85.000 Gesetze und Verordnungen schlechtredet und nicht einmal die vielen spannenden Widersprüche würdigen will, die der deutsche Gesetzgeber in sein Lebenswerk eingebaut hat. Abhauen wollen sie, die Unternehmer.

Als ihr Rädelsführer tritt der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) auf, ein Mann namens Braun. Der hatte gehetzt, daß es manchen Betrieben im Ausland, also beim Feind, besser gehe als hier. Geistesgegenwärtig ließ der neue SPD-General Benneter seine Dragoner ausrücken, um die "vaterlandslosen" Gesellen moralisch niederzusäbeln. Regierungssprecher Bela Anda gab den Tagesbefehl aus: Was Braun da sage, "verengt das, was notwendig und wichtig ist für unser Land, auf eine rein betriebswirtschaftliche Sichtweise". Da haben wir's: Der Ungeist der "Betriebswirtschaft" hat sich in die Köpfe der Unternehmer, der Mittelständler und Investoren geschlichen und vernebelt ihren Blick fürs große Ganze. Beispielsweise für die Notwendigkeit eines ausgeglichenen Steuer- und Abgabesystems. So hat SPD-Chef Müntefering erkannt, daß "die Ökosteuer die Lohnnebenkosten gesenkt hat" - er meint vermutlich insbesondere für Betriebe, die ohne Energie wirtschaften wie Wassermühlen, Sträflingsgaleeren und Häkelstuben. Daher müsse nun eine Ausbildungsplatzabgabe her, die das wieder ausgleicht.

Die gesamte Partei ist auf Trab und denkt schon weiter. Wenn die Ausreisewelle nicht zu stoppen ist, muß wenigstens dafür gesorgt werden, daß das mittels der finsteren Methoden der "Betriebswirtschaft" und ähnlicher Schurkereien zusammengeraffte Vermögen in den Händen von Partei und Staat bleibt, so die Losung. Die "Vermögensteuer" ist seit langem als gängiges Instrument zur Sicherung der dem Staate vorenthaltenen Privatvermögen im Gespräch, wurde bislang aber blockiert. Das wird sich ändern müssen. Höhere Erbschaftsteuern sind sowieso dran, und für den Rest fällt uns schon was ein.

Bedenklich ist, daß die "Betriebswirte"-Verschwörung in wenigen Wochen Unterstützung von ganz oben bekommen könnte. Präsidentschaftskandidat Köhler hat unvorsichtigerweise Detailkenntnisse über die verpönte Lehre preisgegeben, die den Verdacht nahelegen, er habe sich bereits mit dem verseuchten Geist von "Soll und Haben" infiziert und sympathisiere heimlich mit den Vaterlandslosen. Eine Reihe loyaler Oppositionspolitiker hat das Menetekel erkannt und distanziert sich bereits von dem undurchsichtigen Köhler. Ob das reicht, ihn zu verhindern?

Wenn nicht, wird sich unsere Dummheit noch einmal rächen! Was machen wir eigentlich, wenn die Politik-Darsteller den Spieß einfach umdrehen und selber abhauen? Die können auch woanders leben! Ja, jetzt guckt Ihr, was? Chile böte sich an, historisch gesehen. Bei Gelegenheit mal "die Blaue" fragen - Erich hat's gefallen, sagt man. Allerdings wäre es wohl besser, in der Nähe zu bleiben - falls es wieder anders kommt. Als ideales Versteck für abgehalfterte Polit-Mimen hat sich Brüssel erwiesen, die Stadt des EU-Parlaments mit seinen unbegrenzten Spesengeldern.

Dort dürfen Politiker 262 Euro Sitzungsgeld kassieren für die Teilnahme an Sitzungen, die gar nicht stattfinden. Man muß sich nicht einmal selbst in die Anwesenheitsliste eintragen, wie der Stern herausgefunden hat. Die Abgeordneten schicken einfach jemanden, der ihre Handschrift so einigermaßen hinkriegt, und fertig ist die Überweisung. Ein hoher EU-Beamter notierte feinsinnig im Oktober 2003, es stellten sich "gelegentlich Fragen in Bezug auf die Konformität verschiedener Unterschriften im Vergleich mit den Originalunterschriften der Abgeordneten". Betrug! Urkundenfälschung! - tönte es aus dem Stern. Die gewissenhaften Brüsseler Behörden traten daraufhin unverzüglich in Aktion: Die Polizei stürmte das Büro des Stern-Schreibers, beschlagnahmte Material und führte den Kerl ab zu einem mehrstündigen Verhör. Im Brüsseler EU-Parlament wird derzeit heiß diskutiert über den Fall. Die Frage der empörten Volksvertreter: Wie konnte die Praxis bei den Sitzungsgeldern nur an die Öffentlichkeit dringen?

"Was fällt dir ein? Wie soll ich dir jetzt in die Tasche greifen?" Zeichnung: Götz Wiedenroth


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