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03.04.04 / Auf dem Weg zu einer "DDR light"?

© Preußische Allgemeine Zeitung / 03. April 2004


Gedanken zur Zeit:
Auf dem Weg zu einer "DDR light"?
von Hans Brückl

Der im Oktober 2003 verstorbene Soziologe Erwin K. Scheuch hatte noch wenige Tage vor seinem Tod in einem Zeitungsinterview davon gesprochen, daß "in der SPD den Linksextremen die Kultur ‚zum Fraß vorgeworfen' wird, weil man damit hofft, Handlungsspielraum für die Wirtschafts- und Sozialpolitik zu gewinnen". Der "Antifaschismus" werde benutzt als "Ablenkungsmanöver für die Linken", damit man "wirtschaftlich und sozial ‚rechte' Politik machen" könne. "Bedenken Sie, für welche Inhalte die SPD heute so alles eintritt, zum Beispiel Steuerfreiheit für Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaften. Mit so etwas hätten sich die Sozialdemokraten früher doch gar nicht hervorgetraut."

"Political Correctness" als Alibi für die Agenda 2010, Schröder als "Genosse der Bosse" und "Kämpfer gegen Rechts" in Personalunion? Wird in einer Zeit, die durch Nihilismus und Werteverfall geprägt ist, in der nur noch Ökonomismen wie "Bilanz", "Kapital", "Ressource" und "Effizienz" den Ton angeben, in der euphemistisch nur von "Reform" anstatt vom Abbau der sozialen Systeme gesprochen werden darf - wird in einer solchen Zeit also wieder einmal die "Faschismuskeule" zum "letzten Aufgebot der deutschen Linken", wie der Politologe Hans-Helmuth Knütter schon 1993 diagnostizierte?

Instrumentalisierter Antifaschis-mus war schon als Aushänge- schild und Drohgebärde unverzichtbar für das DDR-Regime. Sind nun im wiedervereinigten Deutschland an die Stelle der im SED-Staat alles beherrschenden "Sieger der Geschichte" heute die fast ebenso einflußreichen "politisch korrekten" Gutmenschen getreten?

Was dereinst noch als "antitotalitärer Konsens" für alle deutschen Demokraten von SPD bis CDU/CSU selbstverständlich war, ist heute verschwunden, wurde ersetzt durch "neue Mitte" und "Kampf gegen Rechts". Während das politische Spektrum etwa der britischen Demokratie aus Konservativen, Liberalen und Labour besteht und sich in Frankreich erstreckt von Le Pen bis zu den Kommunisten, hat man in Deutschland konservative Positionen tabuisiert.

Erst in unserer "Berliner Republik" ist es möglich geworden, rassistische und neonazistische Straftaten und Parolen einzelner glatzköpfiger Dumpfbacken "Rechts" schlechthin anzuhängen (das heißt all dem, was man rechts von Rot-Grün dafür hält beziehungsweise halten will!). Die Morde der Rote-Armee-Fraktion hätte man in der alten "Bonner Republik" der 70er und 80er Jahre niemals "den Linken" insgesamt zugerechnet. Heute dagegen werden die Maßstäbe und Begriffe für vermeintlich "rechten Extremismus" absichtlich unklar gehalten, um die Gesinnungshatz auf alle möglichen Politikfelder ausdehnen zu können.

Wer heute eine "rechte" Position bekämpft, muß sich - ebenso wie dereinst in der DDR - damit nicht inhaltlich auseinandergesetzt haben, braucht weder Sekundärliteratur noch Quellen, sondern muß nur allgemeines Einverständnis mit den "Anständigen" und "Gutwilligen", nur seine "Betroffenheit" signalisieren. Im Unterschied allerdings zu den Zeiten der organisierten Antifa-Aufmärsche der SED-Ära geschieht heute die fröhliche Hatz auf "Rechte" völlig freiwillig. Das antifaschistische und politisch korrekte "Chorheulen der Wölfe" (Elisabeth Noelle-Neumann) manifestiert sich als massendemokratischer Schaulauf, etwa im Herbst 2000 beim angeblich rechten "Mordfall kleiner Joseph" von Sebnitz und beim angeblich rechten Synagogenanschlag von Düsseldorf.

Ist es nicht die angeblich faschistische Polizei der "restaurativen" 50er und 60er Jahre, der "Bullenstaat" unter Adenauer, Erhard und Kiesinger gewesen, als man mit ach so brutaler Gewalt gegen KPD- und 68er APO-Aufmärsche vorgegangen war? Heute kritisieren die Antifa-Helden von damals die Polizei, weil sie vermeintlich nicht hart genug gegen den "Terror von rechts" vorgeht. Aber "Bullenklatschen" kann man natürlich mit "Zeckenklatschen" ebenso wenig vergleichen wie Kommunismus und Nationalsozialismus; Molotowcock-tails bei NPD-Chaoten sind eben etwas ganz anderes als bei Antifa-Chaoten.

Jedem im konservativen Lager Stehenden hätte eine gewalttätige Vergangenheit wie die des Joschka Fischer politisch das Genick gebrochen. Ideologische Jugendsünden werden eben nur dann verziehen, wenn sie aus der linken Ecke kamen. Sympathisantentum ist nur dann "in", wenn es Marx und Lenin, Mao und Ho Chi Minh galt.

Argumente, daß Grenzen zwischen Opfern und Tätern oft fließend seien (besonders in Diktaturen), daß man alles in seiner historischen Bedingtheit sehen müsse und jeder ein Kind seiner Zeit und seiner Umwelt sei und daß deshalb Pauschalisierungen stets problematisch seien - solche Argumente kann sich zwar jeder Russe zugute halten bezüglich der sieben Jahrzehnte unter Lenin, Stalin, Breschnew und Konsorten, sie gelten jedoch nicht für die Deutschen im 21. Jahrhundert bezüglich der zwölf Jahre des Tausendjährigen Reiches. Deshalb muß noch immer "bewältigt" werden, müssen auch fast sechs Jahrzehnte nach Kriegsende noch immer die potentiellen "willigen Vollstrecker" (à la Goldhagen) den braunen "Gröfaz" als TV-Serien-Monster zur Abschreckung vorgeführt bekommen - und sei es bis zum Erbrechen! Unter der "Moralkeule" (Martin Walser) des Holocaust muß sich jede neue Generation immer wieder erneut als (Erbsünde-)verdammtes Volk fühlen.

Kann es da noch verwundern, daß auch die CDU/CSU - unter dem permanenten medialen Druck stehend, die letzten "alten Zöpfe" doch endlich abzuschneiden und endlich "moderner" zu werden - in panischer Angst lebt, in den Verdacht des "Rechtsextremismus" zu geraten, und immer "zeitgeistschnittiger" wird? Nachdem die Parteiführung in der Abtreibungsdebatte schon längst die Segel gestrichen hat, läßt sie nun auch die Homo-Ehe unangetastet, schreibt klammheimlich das christliche Ehe- und Familienbild ab, akzeptiert Deutschland als Einwanderungsland. Typisch insbesondere ihr Umgang mit Parteifreunden wie Philipp Jenninger, Steffen Heitmann oder Martin Hohmann, aber auch die von ihr selbst angeregten und schnell wieder abgewürgten Debatten über Doppelstaatsbürgerschaft, Leitkultur oder Patriotismus. Bei all dem folgt sie nicht nur den Vorgaben des linken Medienkartells, sondern auch den beiden Kirchen, die "mit heraushängender Zunge atemlos japsend der Zeit hinterherlaufen", wie seinerzeit schon Kurt Tucholsky erkannte.

Der englische Bestseller-Autor Frederick Forsythe schrieb hierüber im Juni 2000 einen Brief an den CDU-Politiker Erwin Teufel. Forsythe nannte die "Political Correctness" in Deutschland eine "neue und absurde Religion, die die Herrschaft in Ihrem Vaterland, Herr Ministerpräsident, übernommen zu haben scheint". Und an anderer Stelle: "Ein bedeutender britischer Konservativer sagte einst zu einem politischen Gegner: ‚Mein Herr, ich lehne alles ab, was Sie sagen, aber ich würde bis zum Tode für Ihr Recht kämpfen, es sagen zu dürfen.' Die PC-Fanatiker haben das ins Gegenteil verkehrt: ‚Ich lehne alles ab, was Sie sagen, und ich werde bis zu Ihrem beruflichen und politischen Tod kämpfen, wenn Sie auch nur versuchen sollten, es zu sagen.' Das ist, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, der Grund, warum ich heutzutage beunruhigt bin, wenn ich nach Deutschland komme. Statt lebendiger und offener Debatte gibt es hier nur Friedhofsruhe."

Kann es da noch verwundern, daß manche schon davon sprechen, die Bundesrepublik des 21. Jahrhunderts nähere sich einer "DDR light" an?


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