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10.04.04 / Flügel für "S. Rachmaninow" / Großzügige Spende für Musik-Kolleg in Königsbergs Bessel-Oberrealschule

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. April 2004


Flügel für "S. Rachmaninow"
Großzügige Spende für Musik-Kolleg in Königsbergs Bessel-Oberrealschule

Er ist nun da, der große Blüthner-Flügel! Das kostbare Instrument steht im Konzertraum der ehemaligen Bessel-Oberrealschule in Königsberg, in der heute das russische Musik-Kolleg "S. Rachmaninow" untergebracht ist. Eine großzügige Gabe der Julius Blüthner Pianofortefabrik in Störmthal bei Leipzig, das von den so reich Beschenkten bewundert und bestaunt wird, denn solch ein edles Instrument war für das Musik-Kolleg bisher unvorstell-bar gewesen. Kein Wunder, daß auf dem Flügel bisher niemand zu spielen wagte. Aber nun haben die ersten Konzerte stattgefunden, denn der Stifter, Ingbert Blüthner-Haessler, war in der Pregelstadt, um sich selbst von den Gegebenheiten ein Bild zu machen, unter denen mit dem weltbekannten Blüthner-Flügel ein internationaler Klavier-wettbewerb veranstaltet werden soll. Der Initiator dieser Aktion, Professor Dr. Jörg Ziegenspeck, konnte leider an den Gesprächen nicht teilnehmen, weil er - wieder einmal - so kurzfristig kein Visum bekommen hatte.

Vor einem Jahr hatte sich der Lüneburger Hochschullehrer, der auch an Königsbergs Staatlicher Universität lehrt, an unsere Zeitung gewandt, um im Namen des Musik-Kollegs ehemalige Bessel-Schüler zu der 100-Jahr-Feier des gut erhaltenen Schulgebäudes in der ehemaligen Glaserstraße einzuladen. Wenn auch niemand dieser Einladung Folge leisten konnte, war das Echo doch groß. Prof. Ziegenspeck sah sich sehr rasch in der Rolle des Vertreters dieser ehemals großen Schülerzahl, deren Mitglieder inzwischen ja nun ein hohes Alter erreicht haben. So konnte er auf der Feier nicht nur Grüße und Dokumente, wie eine Schulchronik der Bessel-Oberrealschule, übermitteln, sondern auch ein Geldgeschenk in Höhe von 850 Euro überreichen, das die ehemaligen Königsberger Oberschüler gespendet hatten. Es wurde dankbar entgegengenommen. Das Geld sollte zu Anschaffung von Noten und Instrumenten dienen.

Da ahnte noch niemand, daß bald ein weit kostbareres Geschenk folgen würde. Der Inhaber der traditionsreichen Klavierbaufirma Blüthner hatte von dieser Feier gelesen, auch davon, daß Prof. Ziegenspeck den Mangel eines guten Flügels beklagte. Ingbert Blüthner-Haessler setzte sich mit ihm wie mit dem Kolleg in Verbindung und unterbreitete seine Vorstellungen: Er wäre bereit, der russischen Musikschule einen Flügel zu schenken, wenn dort einmal im Jahr ein internationaler Klavierwettbewerb für junge Nachwuchstalente ausgeschrieben wür-

de. Bei dem Gespräch, das daraufhin der deutsche Hochschulprofessor im Namen des russischen Kollegleiters S. Statnov mit I. Blüthner-Haessler führte, brachte der gebürtige Königsberger auch sehr persönliche Erinnerungen in die Überlegungen ein. Jörg Ziegenspecks Groß- mutter Paula Schmidt, geb. Witt (1892-1966), war eine begabte Musikerin, die durch ihre weiche Stimme und ihr hervorragendes Klavierspiel in Königsberger Musikkreisen recht bekannt war. Im Hause Schmidt gaben sich Musikfreunde wie Künstler die Klinke in die Hand. Den Mittelpunkt des Musikraumes nahm ein kostbarer Blüthner-Flügel ein. Er wurde leider im Bombenhagel, der Königsberg zerschlug, vernichtet. Kein Sachverlust hat Paula Schmidt zeit ihres Lebens so geschmerzt wie der des geliebten Instrumentes. "Der Blüthner" war bis zu ihrem Lebensende Inhalt vieler Gespräche und wehmütigen Gedenkens.

Vielleicht haben diese auf die alte Musikstadt Königsberg bezogenen Erinnerungen dazu beigetragen, daß nun wieder in der Pregelstadt ein echter "Blüthner" mit seinen Klängen Spieler und Zuhörer verzaubert. Und wenn der internationale Klavierwettbewerb zustande käme, was nach den bisherigen Besprechungen zu erwarten ist, würde der edle Flügel im Mittelpunkt stehen. Den Segen des orthodoxen Popen soll er jedenfalls schon erhalten haben!

Natürlich hat es Professor Dr. Ziegenspeck geschmerzt, daß er jetzt bei den Gesprächen nicht dabeisein konnte. Schließlich ist er seit 2001 regelmäßig in der Stadt, in der er im Juni 1941 das Licht der Welt erblick-

te. Zudem besteht seit vergangenem Herbst zwischen Lüneburgs und Königsbergs Universitäten ein von den Hochschulleitungen unterzeichneter Partnerschaftsvertrag. An letzterer konnte er vor einem Jahr seine Promotion erfolgreich abschließen. Trotzdem gibt es immer wieder Schwierigkeiten bei der Einreise. Jörg Ziegenspeck hat da schon schmerzvolle Erfahrungen gemacht. So konnte er nicht wie geplant an der Feier anläßlich des 20jährigen Jubiläums der Fakultät für Pädagogik und Psychologie an Königsbergs Staatlicher Universität teilnehmen, die vor einem Vierteljahr in den Räumen von Königsbergs ehemaliger "Hippel-Schule" und "Kraus-Schule" stattfand und über die wir auch unsere Leserinnen und Leser vorab informiert hatten. Aber die Geschichte steht auf einem anderen Blatt. Darüber werden wir gesondert berichten. Ruth Geede

Beschenkter und Schenker: Der Leiter des Musik-Kollegs, S. Statnov (links), und I. Blüthner-Haessler (rechts) von der Julius Blüthner Pianofortefabrik Foto: Blüthner-Haessler


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