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10.04.04 / Ein friedliches Zusammenleben / Tagung der Kulturstiftung deutscher Vertriebener im Zeichen der EU-Osterweiterung

© Preußische Allgemeine Zeitung / 10. April 2004


Ein friedliches Zusammenleben
Tagung der Kulturstiftung deutscher Vertriebener im Zeichen der EU-Osterweiterung

Der bevorstehende Beitritt von acht ostmitteleuropäischen Staaten zur Europäischen Union verlieh der diesjährigen Tagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen eine noch nie dagewese-ne Aktualität und Brisanz. Zahllo- se Angehörige dieser Staaten - verantwortliche Politiker wie einfache Bürger - waren im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg als Täter oder Opfer eingebunden in unermeßliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen das Völkerrecht - in zwangsweise Umsiedlung und brutale Vertreibung, in Vergewaltigung und Mord, in raubgleiche Enteignung und in politische oder ethnische Diskriminierung.

Der Beitritt dieser Staaten zur EU wirft daher problemträchtige Fragen nach einer tragfähigen Befriedung des Zusammenlebens der betroffenen Völker und Volksgruppen auf - insbesondere der Deutschen mit ihren Nachbarn im Osten. So war es denn nicht verwunderlich, daß Hans-Günther Parplies als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung diesmal wegen des ungewöhnlichen Andrangs Dutzende von Anmeldungen abschlägig bescheiden mußte.

Das Thema "Das Recht auf die Heimat" in seinen Auswirkungen auf die Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft sowie die Präsentation international angesehener Wissenschaftler - wie etwa Blumenwitz, Degenhart und Murswiek, Pan, Penski und Silagi - durch die mitwirkende "Studiengruppe für Politik und Völkerrecht" führten auch hochkarätige ausländische Interessenten in das Königswinterer Adam-Stegerwald-Haus bei Bonn - darunter polnische Vertreter aus Diplomatie und Publizistik.

Alle teilnehmenden Staats- und Völkerrechtler waren sich mit Professor Murswiek darin einig, daß das "Recht auf Heimat" im Völkerrecht zwar nicht expressis verbis angesprochen wird, jedoch in den Menschenrechtspakten der Vereinten Nationen in der Europäischen Menschenrechtskonvention und in weiteren im internationalen Recht kodifizierten Grundsätzen inhaltlich in allen seinen Facetten vollwirksam enthalten ist. Ein besonderes Gewicht kommt dabei den entsprechenden Feststellungen des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen zu.

Das "Recht auf die Heimat" wird allgemein als ein Recht auf Leben in der angestammten Heimat definiert, aus der man weder zwangsweise ausgesiedelt oder gar vertrieben werden darf und in die man jederzeit zurückzukehren berechtigt ist.

Das "Recht auf die Heimat" ist - so die Analyse der Wissenschaftler - ein auf das einzelne Individuum bezogenes universales Menschenrecht und als solches nicht vererbbar. Professor Blumenwitz wies allerdings darauf hin, daß dieses Recht untrennbar mit dem Recht auf Eigentum verbunden ist. Darauf bezogen warf Professor Penski die Frage auf, ob sich nicht aus der vermögensrechtlichen Dimension, welche die Vererbbarkeit einschließt, Konsequenzen für das "Recht auf die Heimat ergeben könnten. Also, ob sich nicht von hier aus ein mittelbares Recht auf Rückkehr in die angestammte Heimat herleiten lasse.

Professor Pan (Bozen), einer der versiertesten Kenner des Minderheitenrechts, schlug eine Brücke vom Individualrecht zum Volksgruppenrecht. Das "Recht auf die Heimat", so Pan, schließe das Recht auf Erhaltung und Entfaltung der eigenen Identität ein. Dies sei aber ohne rechtliche Absicherung der Existenz einer Volksgruppe insbesondere im kulturellen Bereich oft nicht möglich. Man denke nur an die überragende Bedeutung der Sprache für die Bewahrung der Identität. Gespannt verfolgten die Teilnehmer angesichts der festgestellten Verknüpfung von Heimat- und Eigentumsrecht im Hinblick auf das Eigentum vertriebener Deutscher die Ausführungen der Wissenschaftler zum Problemkomplex Restitution und Entschädigung. Enteignung, so deren Aussagen, ist völkerrechtlich zulässig, niemals jedoch eine entschädigungslose. Und: Bei einer wie auch immer gearteten Entschädigung ist Gleichbehandlung aller Betroffenen zwingend geboten, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz.

Bei solcher Rechtslage könnten sich für Polen nach dem Beitritt zur EU unangenehme Perspektiven eröffnen: Denn im Gegensatz zu Ungarn, das alle Betroffenen (wenn auch unzulänglich) gleichermaßen entschädigt und somit Rechtsfrieden geschaffen hat (Parplies), ist in Polen nichts dergleichen geschehen. Jedes Woiwodschaftsgericht verfahre willkürlich nach eigenem Gutdünken (Tina de Vries). Klagen enteigneter Juden und Auslandspolen, ostpolnischer und deutscher Vertriebener auf Entschädigung können daher dem polnischen Staat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - so das Fazit - beträchtliche Sorgen bereiten. Elimar Schubbe

Das "Recht auf die Heimat" ist mehr als eine Idee: Die große Teilnehmerzahl überraschte die Organisatoren positiv. Fotos (2): ES

Hielt einen interessanten Vortrag: Professor Dr. Dr. Michael Silagi.


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