Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 17. April 2004
Ein Bauernhof in Niedersachsen, nicht weit von Hannover, wo auch unser
Bundeskanzler zu Hause ist. Es ist Montag nachmittag, Vieh und Feld sind
bestellt, Zeit also für kleinere Arbeiten im Haus. Plötzlich biegt mit
quietschenden Reifen ein Auto in die Hofeinfahrt ein - Zollbeamte auf der Jagd.
Aber sie jagen nicht Zigarettenschmuggler oder Schwarzgeldflüchtlinge, sie
haben es auf Schwarzarbeiter abgesehen. Aus der Nachbarschaft, so erwähnen sie
später, haben sie einen Tip bekommen: da werde "schwarz" ein neues Bad
eingebaut. Der "freundliche" Hinweis erweist sich als falsch; in diesem
Falle ist die vermeintliche Schwarzarbeit eine Kombination aus Eigenleistung und
Nachbarschaftshilfe. Besorgniserregend an diesem Vorfall: Hier scheint sich ein
neues Betätigungsfeld für Denunziantentum aufzutun. Die rechtliche Basis dafür hat der Bundesfinanzminister geschaffen. Ihn
wurmt - durchaus verständlich - schon lange, daß inzwischen die Schwarzarbeit
der einzige florierende Wirtschaftszweig in Deutschland ist. Nach seriösen
Schätzungen werden Jahr für Jahr 370 Milliarden Euro, rund 17 Prozent des
Bruttosozialprodukts, am Finanzamt und an den Sozialkassen vorbei umgesetzt. Das
bedeutet Steuer- und Beitragsausfälle in einer Größenordnung, mit der Hans
Eichel, Ulla Schmidt und alle ihre Leidensgenossen in den Landesregierungen und
Kommunalverwaltungen ihre leeren Kassen auf einen Schlag sanieren könnten. Daß die Bundesregierung der Schwarzarbeit den Kampf angesagt hat, ist also
nicht nur ihr gutes Recht, sondern angesichts der bedrohlichen Schieflage
Deutschlands ein Gebot der Stunde. Der Staat - Bund, Länder und Gemeinden -
kann es sich längst nicht mehr leisten, auf Steuerausfälle in zweistelliger
Milliardenhöhe pro Jahr zu verzichten (übrigens deutlich mehr als das, was dem
Fiskus durch sogenannte Steuerflüchtlinge entgeht, die mitsamt ihrem
steuerpflichtigen Vermögen in die Schweiz oder andere Finanzparadiese
abwandern). Hinzu kommt: Die Zeche zahlen wieder einmal die Ehrlichen, also die
Handwerks-, Handels- und sonstigen Gewerbebetriebe, die korrekt die fälligen
Abgaben an Finanz- und Sozialkassen abführen, sowie alle Bürger, die -
ebenfalls korrekt - deren Dienste in Anspruch nehmen. Im Klartext: Schwarzarbeit
ist Betrug an der ehrlichen Mehrheit des Volkes. Fraglich ist allerdings, ob der Kampf gegen Schwarzarbeit mit dem Einsatz
polizeilicher Mittel überhaupt zu gewinnen ist. Statt Symptome zu kurieren,
muß man an die Ursachen herangehen. Und die sind klar erkennbar: weil in
Deutschland alles, was mit handwerklicher Arbeit und mit Dienstleistung zu tun
hat, viel zu teuer ist, treten beträchtliche Teile des Volkes die Flucht in die
Schwarzarbeit an. Wer sie daran hindern will, muß dafür sorgen, daß Arbeit in diesem Lande
wieder bezahlbar wird. Dazu bedarf es einer vernünftigen Mittelstandspolitik.
Von einer solchen aber ist in Berlin bislang nichts zu erkennen. Der Einsatz von bundesweit rund 7.000 Zollbeamten als "Hilfspolizisten"
im Kampf gegen Schwarzarbeit ist allenfalls sinnvoll, wenn er eine mittelstands-
und verbraucherfreundlichere Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik begleitet.
Einsätze wie der eingangs geschilderte sollen allerdings, wie der PAZ aus dem
Bundesfinanzministerium bestätigt wurde, eher die Ausnahme als die Regel sein.
Im Visier habe man nicht die "Putzfrau, die sich ein paar Euro hinzuverdient",
oder den "freundlichen Nachbarn, der dem Wochenend-Heimwerker hilfreich unter
die Arme greift", sondern jene Wirtschaftsbereiche, in denen die Schwarzarbeit
professionell und systematisch betrieben werde, oft in einer Größenordnung,
daß man schon von organisierter Kriminalität reden könne. Im wesentlichen
sind das die Baubranche, das Hotel- und Gaststättengewerbe, Spielhallen, Taxi-
und Reinigungsbetriebe. Bisher waren hier die Arbeitsämter zuständig. Da durch die
EU-Osterweiterung Deutschland fast nur noch EU-Binnengrenzen hat, werden
zahlreiche Zollbeamte beschäftigungslos. Sie sollen nun ihre im Kontrolldienst
an den Außengrenzen erworbenen spezifischen Fähigkeiten bei der Bekämpfung
der Schwarzarbeit einbringen. Das dürfte eine ganz spezielle "Klientel"
besonders zu spüren bekommen: jene Sozialschmarotzer, die Arbeitslosengeld,
Sozialhilfe oder sonstige "Staatsknete" kassieren, an legaler Arbeit
überhaupt nicht interessiert sind und sich mit Schwarzarbeit Einkommen
verschaffen, wie sie der ehrliche, anständige und gesetzestreue Bürger sich
allenfalls erträumen kann. H.J.M. Foto: eamte der Sonderstelle "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" überprüfen eine
Baustelle bei Cottbus: Derzeit verrichten die meisten der 1.400 Zöllner in
Ostbrandenburg noch an den Grenzübergängen ihren Dienst, doch hinter den
Kulissen läuft bereits die Umstrukturierung auf neue Aufgaben nach der
EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004. Nach dem Wegfall der Zollkontrollen an den
Grenzen werden viele Zöllner zur Bekämpfung der Schwarzarbeit eingesetzt.
Foto: pa |