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17.04.04 / Wie Christian die Elbherzogtümer verlor / Vor 140 Jahren erreichte der Deutsch-Dänische Krieg mit der Erstürmung der Düppeler Schanzen einen Höhepunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. April 2004


Wie Christian die Elbherzogtümer verlor
Vor 140 Jahren erreichte der Deutsch-Dänische Krieg mit der Erstürmung der Düppeler Schanzen einen Höhepunkt

Der Himmel ist wolkenlos, im Sonnenschein wirkt das saftige Grün der Wiese noch grüner; nur ein paar Hügel weiter streckt eine Windmühle ihre Flügel in den Himmel hinein, und alle paar Meter findet sich ein sich am Gras gütlich tuendes Schaf. Das Bild, das sich auf dem Weg zwischen Flensburg und dem dänischen Sonderburg dem Betrachter bietet, scheint auf den ersten Blick den Inbegriff von Frieden darzustellen, doch dies ist nur äußerer Schein. Schon die auf einigen der kleinen Hügel postierten Kanonen verdeutlichen, daß der Frieden hier nicht immer zu Hause war. Auch kleine Informationstafeln am Wegesrand zeugen davon, daß dies ein besonderer Ort ist, zumindest für die Dänen.

Aus bundesrepublikanischer Sicht scheinen die Geschehnisse bei den Düppeler Schanzen nicht viel mehr als ein Nebensatz in der deutschen Geschichte zu sein, denn Schlachten gab es für Deutschland viele, auch wenn Düppel zu den vergleichsweise wenigen siegreichen zählt. Für die Dänen ist Düppel jedoch ein Fanal in ihrer Geschichte, ein schmerzhafter Einschnitt in das eigene Nationalbewußtsein.

Dabei sollte 1864 eigentlich zum Jahr der nationalen Stärke des dänischen Königsreiches werden, doch schon beim Wechsel vom vorausgegangenen zu jenem Jahr, beim Silvesterpunsch 1863, prophezeite kein Geringerer als Otto v. Bismarck: "Die ,Up ewig Ungedeelten' müssen einmal Preußen werden. Das ist das Ziel, nach dem ich steuere; ob ich es erreiche, steht in Gottes Hand. Die Halsstarrigkeit der Dänen wird uns wahrscheinlich schaffen, was wir brauchen, den Kriegsfall."

Seit der Neuordnung Europas nach den napoleonischen Kriegen auf dem Wiener Kongreß waren das Königreich Dänemark sowie die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg durch eine Personalunion miteinander verbunden. Bereits wenige Jahrzehnte später war der Fortbestand dieser Union in Frage gestellt, denn im Revolutionsjahr 1848 hatte mit Friedrich VII. ein Herrscher die Regentschaft übernommen, der kinderlos blieb, und die (weibliche) Thronfolgeregelung in Dänemark sah einen anderen Nachfolger vor als die (männliche/salische) Erbfolgeregelung in Schleswig und Holstein.

Daß die Personalunion aufgelöst und in Schleswig wie Holstein ein deutscher Prinz Herzog wird, hätte eine Schwächung Dänemarks und eine Stärkung Deutschlands bedeutet, und das betrachteten die nichtdeutschen Großmächte als nicht in ihrem Interesse liegend. Friedrich VII. erreichte deshalb 1852 auf einer Konferenz in London, an der neben Dänemark und der zweiten skandinavischen Macht Schweden auch die fünf Großmächte teilnahmen, daß nach seinem Tod ein angeheirateter Vetter, der spätere Christian IX., nicht nur in Dänemark, sondern auch in den Herzogtümern sein Nachfolger werden solle. Auf Druck der deutschen Großmächte Preußen und Österreich erkannte der dänische König als Gegenleistung wenigstens an, daß Holstein wie Lauenburg Bestandteile des Deutschen Bundes waren, und sicherte zu, nicht nur auf eine Einverleibung Holsteins und Lauenburgs zu verzichten, sondern - gemäß dem Recht der Holsteiner, mit den Schleswigern "up ewig ungedeelt" zu sein - auch auf eine Inkorporation Schleswigs.

Dieses dänemarkfreundliche Konferenzergebnis, das sogenannte Londoner Protokoll, mit seinem Eingriff von außen in die Erbfolgeregelung eines Mitgliedes des Deutschen Bundes, erregte in der deutschen Nationalbewegung verständlicherweise großen Unmut. Doch auch Dänemarks Nationalisten waren unzufrieden. Ihnen genügte die Personalunion nicht. Wenn schon nicht Holstein und Lauenburg, so sollte doch zumindest Schleswig dänisch werden.

Der Einfluß dieser sogenannten Eiderdänen, denen ein dänisches Königreich vorschwebte, das min-destens bis zur Eider reicht, war derart groß, daß die Einführung einer gemeinsamen Verfassung für Dänemark und Schleswig unter Ausschluß Holsteins und Lauenburgs vorbereitet wurde. Am 13. November 1863 wurde diese sogenannte Novemberverfassung vom dänischen Reichsrat beschlossen. Zu ihrer Unterzeichnung und damit zum Verstoß gegen die Londoner Vereinbarungen kam Friedrich VII. nicht mehr, da ihn vorher der Tod ereilte. Am 15. November 1863 starb der letzte Dänenkönig aus dem Hause Oldenburg.

Entsprechend dem Londoner Protokoll trat Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg als Christian IX. nicht nur im Königreich, sondern auch in den Herzogtümern die Nachfolge seines Vetters an. Hiergegen erhoben deutsche Klein- und Mittelstaaten, die sich an das Londoner Protokoll nicht gebunden fühlten, Protest und forderten ein Einschreiten des Deutschen Bundes. Dieses wußte Bismarck zu verhindern. Zum einen hatte Preußen wie Österreich selber an der Londoner Konferenz teilgenommen. Zum anderen war absehbar, daß die nichtdeutschen Großmächte die Dänen bei der Durchsetzung der in London gefundenen Nachfolgeregelung notfalls mit Waffengewalt gegen die Deutschen unterstützen würden.

Christian trat jedoch nicht nur die Nachfolge in den Elbherzogtümern an, sondern unterschrieb auch die umstrittene Novemberverfassung. Damit hatte Bismarck die Dänen dort, wo er sie haben wollte. Er setzte durch, daß der Bund gegen Christian nun nicht wegen der Mißachtung der traditionellen Erbfolgeregelung in Schleswig-Holstein vorging, sondern wegen des Verstoßes gegen das Londoner Protokoll. Am 7. Dezember 1863 beschloß der Deutsche Bundestag unter Hinweis auf die Novemberverfassung die Bundesexekution. Mit der Durchführung, sprich dem Einmarsch in Holstein und Lauenburg, wurden Preußen, Österreich, Hannover und Sachsen betraut. Vor der geballten militärischen Macht der beiden deutschen Großmächte und zweier deutscher Mittelmächte zogen sich Christians Truppen kampflos hinter die Nordgrenze Holsteins und damit des Deutschen Bundes zurück.

Damit war das Herzogtum Schleswig vor der Einverleibung ins dänische Königreich noch nicht geschützt, und so wünschte Bismarck, daß die Bundestruppen auch Schleswig besetzten. Eine entsprechende Entscheidung des Bundestages verhinderten die Klein- und Mittelstaaten, die es nicht als Aufgabe des Bundes betrachteten, mit dem Londoner Protokoll eine Vereinbarung zu verteidigen, an deren Zustandekommen sie nicht beteiligt gewesen waren und die sie nicht anerkannten. Österreich hingegen konnte es als Teilnehmer der Londoner Konferenz und Großmacht mit Führungsanspruch im Deutschen Bund kaum alleine den Preußen überlassen, gegen einen die Interessen von Deutschen verletzenden Verstoß gegen die Londoner Vereinbarungen Widerstand zu leisten. Diese Tatsache und das diplomatische Geschick Bismarcks führten zur Punktation vom 16. Januar 1864.

Am selben Tag drohten Preußen und Österreich Christian mit einer "Pfandbesetzung" Schleswigs für den Fall, daß die Novemberverfassung nicht binnen 48 Stunden aufgehoben wird. Der Dänenkönig kam der Forderung nicht nach, und am 1. Februar 1864 überschritten Preußen und Österreicher die Eider, nun allerdings ohne die Sachsen und Hannoveraner und nicht mehr im Auftrage des Deutschen Bundes.

Die Dänen hatten sich nach der Räumung Holsteins hinter das Danewerk am Ausgang der Schlei zurückgezogen. In Preußen leitete zu dieser Zeit bereits der geniale Stratege Helmuth v. Moltke den Großen Generalstab. Sein Plan sah vor, die Dänen zu umfassen. Der fast 80jährige Oberbefehlshaber der preußisch-österreichischen alliierten Armee, Friedrich v. Wrangel, erwies sich jedoch als seiner Aufgabe nicht gewachsen und ließ es zu, daß die Dänen sich vor der Übermacht ohne Verluste hinter die Düppeler Schanzen, diesen Sonderburg auf der Festlandsseite des Alsensunds gegenüberliegenden, sehr stark befestigten Brückenkopf, zurückziehen konnten.

Nach der Punktation vom 16. Januar 1864 gelang Bismarck knapp zwei Monate später mit der Konvention vom 6. März ein weiterer Erfolg in den Beziehungen zu Österreich. Die Alliierten erklärten öffentlich, daß sie sich nach dem dänischen Verstoß gegen die Londoner Vereinbarungen nun auch nicht mehr an diese gebunden fühlten, und kamen überein, nach Holstein und Lauenburg sowie Schleswig nun auch ins dänische Jütland einzumarschieren.

Die damit Dänemark drohende Schwächung ließ Großbritannien aktiv werden. Durch seine geschickte Begründung des deutschen Vorgehens hatte es Bismarck den Briten bisher unmöglich gemacht, sich ohne Verlust ihrer Glaubwürdigkeit auf seiten Dänemarks am Krieg zu beteiligen. Die Engländer versuchten daher, für Dänemark mittels einer internationalen Konferenz einen Verständigungsfrieden zu erzielen, der den Skandinaviern die drohende Kriegsniederlage ersparte. Am 19. März erreichte Preußen ein entsprechender englischer Vorschlag. Da Bismarck nicht als Friedensgegner dastehen und Großbritannien keinen Vorwand bieten wollte, sich offen auf die dänische Seite zu schlagen, stimmte er einer Konferenz zu.

Vor dem Beginn dieser weiteren Londoner Konferenz versuchten die Preußen, sich eine möglichst günstige Verhandlungsposition zu verschaffen. Dazu sollte die Erstürmung der Düppeler Schanzen dienen, die am 18. April 1864 mit einer großen Kraftanstrengung gelang. Auf den Ausgang der eine Woche später beginnenden Londoner Konferenz, die in der nächsten PAZ-Ausgabe vorgestellt wird, hatte dieser militärische Erfolg keinen entscheidenden Einfluß. Die Dänen hatten sich nicht einschüchtern lassen; sie blieben "halsstarrig", um das von Bismarck zitierte Wort zu benutzen

Die Londoner Konferenz ging zwei Monate nach ihrem Beginn, am 25. Juni 1864, ergebnislos zu Ende. Keine der beiden Seite hatte sich an einem erfolgreichen Ausgang ausreichend interessiert gezeigt. Die Deutschen brauchten das Scheitern der Konferenz aufgrund ihrer militärischen Überlegenheit nicht zu fürchten. Und die Dänen wurden Opfer ihrer eigenen Fehleinschätzung der Lage. Sie hofften, daß die ihnen wohlwollend gesonnenen Briten ihnen trotz ihres Verstoßes gegen die Londoner Vereinbarungen schließlich doch auch militärisch beistehen würden und daß sie selber ihre Unterlegenheit zu Lande durch eine Überlegenheit zur See kompensieren könnten und auf ihren Inseln sicher wären. Diese Hoffnungen trogen.

Nach dem Ende der Londoner Konferenz und dem zwischenzeitlich geschlossenen Waffenstillstand brachten nun die Waffen die Entscheidung. Wrangel war während des Waffenstillstandes durch Prinz Friedrich Karl von Preußen ersetzt worden, der sich bei der Erstürmung der Düppeler Schanzen bewährt hatte. Dem klugen Kopf an der Spitze des preußischen Großen Generalstabes, Moltke, stand jetzt mit dem Preußenprinzen ein fähiger Oberkommandierender an der Spitze der alliierten Armee gegenüber. Um so rascher erfolgte nun der Vormarsch. Gemäß der preußisch-österreichischen Punktation vom 24. Juni 1864 drangen deutsche Truppen über den Lymfjord nach Nordjütland vor. Am 28. Juni gelangen den Preußen trotz der schlagkräftigen dänischen Kriegsmarine die Landung auf Alsen und die Eroberung der Insel. Parallel zu diesen militärischen Erfolgen der deutschen Alliierten setzte sich in Kopenhagen die Erkenntnis durch, daß nun wohl doch nicht mehr mit einer militärischen Intervention der Briten zugunsten der Dänen gerechnet werden könne. Unter diesem Eindruck erklärte sich der dänische König zum Frieden bereit.

Am 1. August 1864 wurde ein Präliminarfrieden geschlossen, dem ein Vierteljahr später der Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 folgte. Christian IX. verzichtete zugunsten der Kriegssieger Preußen und Österreich auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Damit endete die Dänenherrschaft über den meerumschlungenen Teil Deutschlands.

Der Deutsch-Dänische Krieg war jedoch nicht nur für die "Up ewig Ungedeelten" von Bedeutung, sondern für die gesamte Nation. Wie schrieb vorausschauend der spätere deutsche Reichskanzler Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst an die britische Königin Victoria: "Jeder weiß, daß in der schleswig-holsteinischen Frage die deutsche Einheit entschieden wird." Manuel Ruoff

Düppel am 18. April 1864: Die Preußen stürmen den Sonderburger Brückenkopf. Die Dänen ziehen sich auf die Insel Alsen zurück. Foto: Archiv

 

Die Preußen stürmen Düppel

Im Morgengrauen des 18. April 1864 begannen die Preußen mit dem Feuer von über 100 Geschützen die Düppeler Schanzen zu belegen. Als die Deutschen um 8 Uhr immer noch nicht zum Angriff übergegangen waren, gaben die Dänen Entwarnung. Um 10 Uhr jedoch - 7.900 Geschosse waren zwischenzeitlich auf die dänischen Stellungen niedergegangen - schwiegen plötzlich die Geschütze - und der Sturm brach los.

Zwei Stunden später war auch die letzte Schanze erobert. Die Dänen setzten sich in Richtung der beiden Brücken nach Alsen ab, die Preußen hinterher. Gegen 13 Uhr erreichten die ersten preußischen Schützen in Verfolgung der dänischen Truppen den Brückenkopf. Auf die Brücken folgten die Deutschen den Skandinaviern jedoch nicht, um nicht Opfer des eigenen Feuers zu werden.

Gegen 14 Uhr kam der dänische Brückenkopfkommandant mit dem letzten abfahrenden Glied der 1856 erbauten Pontonbrücke Frederik VII Bro auf Alsen an. Wie diese hatten die Dänen auch die von ihren Pionieren zu Beginn des Krieges erbaute zweite Brücke hinter sich zerstört.

Die Preußen hatten 1.189 Tote und Verwundete zu beklagen. Die Dänen hatten mit 4.846 Toten, Verwundeten und Gefangenen rund das Vierfache an Verlusten und mit den Düppeler Schanzen ihren letzten Brückenkopf auf dem schleswigschen Festland verloren, aber ihre Niederlage war weder vernichtend noch kriegsentscheidend. M. R.


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