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24.04.04 / Meister des Spätmittelalters / Würzburg zeigt gleich zwei große Riemenschneider-Ausstellungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 24. April 2004


Meister des Spätmittelalters
Würzburg zeigt gleich zwei große Riemenschneider-Ausstellungen

Die Werke Tilman Riemenschneiders sind weltweit bekannt und werden hoch geschätzt. Sie sind zum Inbegriff der mainfränkischen Kunst im Spätmittelalter geworden. Im Jahr des Stadtjubiläums 2004 wird das Leben und Wirken Riemenschneiders in Würzburg durch zwei große sich ergänzende Ausstellungen gewürdigt (bis 13. Juni, täglich von 10 bis 19 Uhr). Die Ausstellung "Tilmann Riemenschneider - Werke seiner Blütezeit" im Mainfränkischen Museum auf der Festung Marienberg gibt einen breit gefächerten Eindruck vom Schaffen Riemenschneiders zwischen 1500 und 1530. Ergänzend zu der 80 Werke umfassenden ständigen Riemenschneider-Sammlung des Museums gestatten rund 50 Leihgaben aus dem In- und Ausland neue Einblicke in die Gestaltungsweise des Würzburger Meisters.

Tilman Riemenschneider war seit 1483 in Würzburg als Bildschnitzer tätig und starb dort 1531. Seine neuartige Formgebung und virtuose Bearbeitung verhalfen ihm schon zu Lebzeiten zu großem Ruhm und Ansehen. Bis heute beeindrucken Riemenschneiders Werke durch jenes viel gepriesene "sanfte Sentiment", das der Meister durch die weich modellierten Rundungen der Körper, eine gleichmäßig-fließende Faltengebung der Gewänder und eine differenzierte Oberflächengestaltung erzeugte.

Der Werdegang Riemenschneiders in Würzburg gleicht einer modernen Erfolgsstory. Mit steigender Nachfrage wurde die Werkstatt Riemenschneiders in ihrer Blütezeit zu einem Kunstbetrieb mit mehreren Mitarbeitern, denen Riemenschneider als Organisator vorstand. Gleichzeitig gelangte Riemenschneider zu gesellschaftlichem Ansehen. Er wurde 1504 Mitglied im Unterrat der Stadt Würzburg und bekleidete dort seitdem unterschiedliche Ämter, 1520/21 sogar das des Bürgermeisters. Die große Zeit Riemenschneiders ging schon einige Jahre vor seinem Tod zu Ende: Weil er im Bauernkrieg mit den Aufständischen sympathisiert hatte, wurde er 1525 auf der Festung gefangen gesetzt. Nach Niederschlagung der Aufstände war das Land verarmt, Mittel für kostspielige Aufträge fehlten. Die meisten Mitarbeiter seiner Werkstatt wanderten ab.

Die Ausstellung "Tilmann Riemenschneider - Werke seiner Glaubenswelt" versammelt im Museum am Dom Werke des Meisters und seiner Werkstatt, in denen sich die Schwerpunkte spätmittelalterlicher Frömmigkeit spiegeln: der gekreuzigte Christus, das Vesperbild, die Muttergottes mit dem Kind und die Heiligen. Die rund 50 präsentierten Skulpturen sind bisher wenig beachtete oder unbekannte Kunstwerke aus dem Besitz fränkischer Kirchen.

Die Glaubenswelt des Spätmittelalters mit ihrer intensiven Frömmigkeit, die große Teile des materiellen Vermögens geistlichen Stiftungen zuführte, war die Voraussetzung für das Entstehen der Werke Tilman Riemenschneiders und für das Blühen seiner Werkstatt. Ihren Ausdruck fand diese Glaubenswelt in der Errichtung zahlreicher, auf das Zeigen und Verbergen von Skulpturen hin strukturierter Altäre und der Stiftung von Bildwerken für den Kirchenraum durch Bruderschaften und Einzelpersonen. Dem Hunger nach Bildern entsprachen auch die unzähligen privaten Andachtsbilder. Dem fürbittenden Gedenken der Verstorbenen dienten die zahlreichen Grabdenkmäler. Die Ausstellung will dem Besucher die oft verschütteten Zugänge zu den vielschichtigen Bedeutungen dieser Bildwerke öffnen und ursprüngliche Zusammenhänge erschließen. Pm

Tilman Riemenschneider: Maria mit Kind (Linde, um 1500) Foto: Nachbar Fotografie, Reichenberg


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