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08.05.04 / Balsam für die Nation / Tschechen gedenken ihrer Komponisten Dvorák und Smetana

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004


Balsam für die Nation
Tschechen gedenken ihrer Komponisten Dvorák und Smetana

Der Beitritt ihres Landes zur EU verunsichert viele Tschechen stark und läßt sie deutliche Einbußen an nationalen Souveränitätsrechten befürchten. Kaum irgendwo sonst in Ostmitteleuropa ist die Ablehnung der Europäischen Union derart verbreitet; glaubt man jüngsten Meinungsumfragen, erwartet nur jeder fünfte tschechische Bürger Positives von der EU-Mitgliedschaft.

In solchen Zeiten tut es besonders gut, sich an bedeutende Persönlichkeiten der nationalen Geschichte und Kultur zu erinnern. Für die Tschechen gab es dazu ausgerechnet am Tag der Osterweiterung, also am 1. Mai, Gelegenheit, denn sie konnten des 100. Todestages ihres großen Komponisten Antonin Dvorák gedenken.

Dieser 1841 in Mühlhausen bei Prag geborene und in der Hauptstadt gestorbene Musiker, der zeitweilig als Direktor des New Yorker Konservatoriums wirkte, erlangte mit seinen Klavierwerken, diversen Schöpfungen der Kammer- und Kirchenmusik und vor allem seinen neun Opern und den berühmten symphonischen Dichtungen Weltruhm.

Gefördert von Brahms und angeregt von der deutschen Musiklandschaft des 19. Jahrhunderts fand Dvorák zu einem eigenen Stil und wurde gemeinsam mit Bedrich (Friedrich) Smetana zum Begründer einer nationaltschechischen Schule.

Auch Smetanas musikalisches Erbe findet dieser Tage in böhmischen Landen besondere Aufmerksamkeit, jährt sich doch am 12. Mai zum 120. Mal der Todestag des 1824 in Leitomischl geborenen und in Prag verstorbenen Komponisten. Wie Dvorák war auch Smetana in hohem Maße von deutschen Kultureinflüssen geprägt, und zwar insbesondere durch die Werke Liszts und Wagners, aber auch Schumanns oder Mendelssohns. Mit Liszt war Smetana sogar befreundet, und seine Oper "Dalibor" wurde bereits zur Zeit ihrer Uraufführung 1868 von nationalistischen Tschechen als zu "wagnerianisch" kritisiert.

Dabei unterstützte der Sohn eines Braumeisters, der bereits in früher Kindheit und Jugend durch sein außergewöhnliches Talent auf sich aufmerksam gemacht hatte, durchaus die aufkommende tschechische Nationalbewegung. Allerdings war dies bei ihm nicht, wie bei vielen seiner Landsleute, mit antideutschen Gefühlen verbunden. Im Gegenteil: Bedrich Smetana sprach und schrieb sein ganzes Leben lang besser Deutsch als Tschechisch. Die Texte zu seinen als tschechische Nationalopern geltenden Kompositionen "Dalibor" und "Libussa" verfaßte mit Josef Wenzel ausgerechnet ein deutscher Schuldirektor.

Sie mußten erst in die Mehrheitssprache übertragen werden, was die Programmhefte tschechischer Theater noch bis vor wenigen Jahren geflissentlich verschwiegen.

Trotzdem stieg Smetana zum wichtigsten Komponisten der tschechischen Kultur auf. Nachdem er im Jahre 1863 seine erste national geprägte Oper "Die Brandenburger in Böhmen" komponiert hatte und 1866 seine heute weithin bekannte "Verkaufte Braut" uraufgeführt worden war, brachten ihm spätestens die Aufführungen seiner Monumentaloper "Libussa" zur Eröffnung des Nationaltheaters in Prag 1881 bzw. bei der Wiedereröffnung 1883 die verdiente Anerkennung der tschechischen Gesellschaft. Smetanas ständige Sorgen um das finanzielle Überleben der eigenen Familie waren damit jedoch nicht vorbei.

Nachdem er 1874 seine Dirigentenstelle am Nationaltheater Prag wegen einer durch eine Syphilis-Erkrankung verursachten Ertaubung hatte aufgeben müssen, widmete er sich ganz der kompositorischen Arbeit. Unter vielfacher Verwendung von Motiven der Volksmusik entstand nun beispielsweise der Zyklus "Mein Vaterland" mit sechs symphonischen Dichtungen (darunter "Die Moldau").

Dabei grenzt es an ein Wunder, daß dieser zutiefst schwermütige, durch karge Lebensumstände gezeichnete große Musiker Werke von einer derart unbeschwerten Heiterkeit und Schönheit zu schaffen vermochte. Louis von Valentin


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