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08.05.04 / Konrad Adenauers Biograph / Der konservative Zeithistoriker und Politologe Hans-Peter Schwarz wird 70 Jahr alt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004


Konrad Adenauers Biograph
Der konservative Zeithistoriker und Politologe Hans-Peter Schwarz wird 70 Jahr alt

Hans-Peter Schwarz kam am 13. Mai 1934 als Sohn eines Lehrers in Lörrach zur Welt. Nach einem breit angelegten Studium der Geschichte, Germanistik, Romanistik und Volkswirtschaft in Basel studierte er bei Arnold Bergstraesser, dem Doyen der damaligen Politischen Wissenschaft, in Freiburg. Außer diesem aus den Vereinigten Staaten importierten Fach kam auch die Soziologie hinzu. Die sogenannte "Freiburger Schule" brachte neben dem jungen Politikwissenschaftler Hans-Peter Schwarz so bedeutende Gelehrte wie den ehemaligen Kultusminister von Bayern, Hans Maier, Alexander Schwan, den verstorbenen Gatten der heutzutage sehr schrill auftretenden Gesine Schwan, sowie den "Fernsehprofessor" der 70er und 80er Jahre, Kurt Sontheimer, hervor. Bereits mit 23 Jahren wurde Schwarz mit der Arbeit "Das Werk Ernst Jüngers als Diagnose unserer Zeit" promoviert. Manche heutigen Doktoranden sind noch nicht so weit, wenn man die Zahlen vertauscht. Schwarz schwankte damals zwischen dem Berufswunsch Lehrer oder Journalist. Letztendlich sollte er diese beiden Berufsfelder verbinden, indem er zu einem Hochschullehrer mit publizistischen Ambitionen wurde. Die Doktorschrift von Hans-Peter Schwarz erschien 1961 unter dem Titel "Der konservative Anarchist" und ist noch immer ein Standardwerk, wenn man sich über die frühe Publizistik Jüngers in den 20er und 30er Jahren informieren will. Mit der Habilitation bei Theodor Eschenburg in Tübingen - Schwarz' Doktorvater Arnold Bergsträsser war während des Habilitationsverfahrens verstorben - widmete sich der junge Gelehrte einem neuen Zeitabschnitt, der ihn fortan fesseln sollte. In "Vom Reich zur Bundesrepublik. Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1949" lieferte Schwarz ein noch heute gültiges Werk über die internationalen Zusammenhänge, in welches das Nachkriegsdeutschland gestellt war, bis sich eine freiheitliche Demokratie im Westen und eine totalitäre Diktatur im Osten voll herausbilden sollten.

Im Jahr 1966 hatte der junge Professor, der von 1966 bis 1973 in Hamburg lehren sollte, das Vergnügen, dem Altkanzler Konrad Adenauer zu begegnen. Rund 20 Jahre später erschienen dann seine maßgeblichen Studien über den bedeutendsten deutschen Staatsmann des 20. Jahrhunderts. Hanns Jürgen Küsters, ein ehemaliger Assistent von Hans-Peter Schwarz, schildert die Begegnung des hochbetagten Adenauer und des 32jährigen Politikwissenschaftlers wie folgt: "Eine Begegnung, die den jungen Mann wegen der menschlich bescheidenen Art des weltberühmten 90jährigen Staatsmannes nachhaltig beeindruckt hat. Als der junge Professor um die Mittagszeit im Bundesratsflügel dessen Amtszimmer betritt und sich vorstellt, tut der große Kanzler das gleiche, indem er, sich leicht verneigend, sagt: ‚Adenauer.'"

Der Geist der Zeit schätzte solch altmodische Höflichkeit und Bescheidenheit nicht mehr. Schwarz konnte nach 1968 erfahren, wie ausgeprägt die "Toleranz" der Studenten war, die angeblich gegen die repressiven alten Ordinarienuniversitäten mobil machen wollten. Küsters vergleicht das Jahr "1968" zu Recht mit dem Jahr "1933": "Das Wort führen nun [an der Hamburger Universität] die im MSB-Spartakus organisierten Radikalinskis, die in Seminaren kommunistische Propagandasprüche klopfen oder gar zu Boykottmaßnahmen der Lehrveranstaltungen aufrufen. Schwarz gewinnt einen Eindruck davon, wie schwer es für Koryphäen Anfang der dreißiger Jahre gewesen sein muß, nicht vor Radikalen zu kapitulieren." Dem ZDF-Journalisten Klaus-Peter Siegloch, damals einer der Studenten von Hans-Peter Schwarz, verdankt der Verfasser den Hinweis, daß der konservative Politikprofessor Schwarz "seinen Marx" selbstverständlich besser kannte als das Heer der politisierenden Studentenlümmel.

In seine Zeit als Hochschullehrer in Köln (1974-1987) und Bonn (1987-2000) fiel die schriftstellerisch produktive Phase von Hans-Peter Schwarz. In den Jahren 1982 und 1983 veröffentlichte er die beiden Bände über die "Ära Adenauer" in der renommierten fünfbändigen "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland". Dieses Werk, welches auf der Grundlage vieler, bisher noch nicht erschlossener Quellen entstanden war, festigte Schwarz' Ruf als der Experte für die Adenauerzeit. Entgegen der alten Restaurationsleier von Walter Dirks und seinen weniger kreativen Nachplapperern unter den sogenannten "Intellektuellen" zeichnete Schwarz die 50er Jahre als eine "Periode aufregender Modernisierung". Die rund 80 Seiten langen Ausführungen über den "Geist der 50er Jahre" zeigen, daß der Autor nicht nur Experte für die Außenpolitik der Adenauer-Ära ist, sondern ein überaus feines Gespür für intellektuelle und geistige Strömungen besitzt.

Zwei Jahre nach diesem Mammutunternehmen folgte der schlanke Essay "Die gezähmten Deutschen. Von der Machtbesessenheit zur Machtvergessenheit". Wer noch nichts von Schwarz gelesen hat, sollte mit diesem geistreichen, scharfen und meinungsstarken Buch beginnen. Mit diesem Werk, dessen Untertitel mittlerweile zu einem geflügelten Wort geworden ist, paukte er seinen deutschen Lesern die Lektion ein, daß wohlfeiler Pazifismus zu nichts führt. Er empfahl seinen Landsleuten, die sich gern in der Rolle der Berufsbesiegten und Demutsdeutschen gefallen, wieder zur klassischen, mit Verantwortung einzusetzenden Machtpolitik zurückzukehren. Leider hat das wohl nicht viel bewirkt: Heute bekämpfen wir Terroristen mit Kopftuchverboten, einem Dialog der Kulturen und der Kastrierung von Polizei und Militär.

Mitte der 80er und Anfang der 90er Jahre legte der Autor seine monumentale Adenauer-Biographie vor, für deren ersten Teil er den Historikerpreis der Stadt Münster erhielt. Sein bisher letztes größeres Werk war "Das Gesicht des Jahrhunderts" mit dem sprechenden Untertitel "Monster, Retter und Mediokritäten". Entgegen der herrschenden Meinung in seiner Zunft, die lange Zeit das Credo der Sozialgeschichte angestimmt hatte, betonte Schwarz hier noch einmal den bedeutenden Faktor der Persönlichkeit. Ansgar Lange

 

Hans-Peter Schwarz: Autor von Werken wie "Das Gesicht des Jahrhunderts - Monster, Retter und Mediokritäten", "Churchill and Adenauer", "Die Zentralmacht Europas - Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne", "Begegnungen an der Seine - Deutsche Kanzler in Paris", "Erbfreundschaft - Adenauer und Frankreich", "Adenauer und Europa" sowie "Adenauer" Foto: ddp


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