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08.05.04 / Keine Maria-Theresia / Wieder hat ein Mann die Präsidentschaftswahl in Österreich gewonnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 08. Mai 2004


Keine Maria-Theresia
Wieder hat ein Mann die Präsidentschaftswahl in Österreich gewonnen

Warum sind Frauen in der Politik - neutral ausgedrückt - "unterrepräsentiert"? Die jüngsten Wahlen in Österreich haben diese Frage zwar nicht beantwortet, doch um einige Facetten und Kuriositäten bereichert. Da hatte sich also erstmals eine Frau mit reellen Erfolgsaussichten um das Amt des Staatsoberhauptes beworben - und verloren. Es waren zwar schon bei früheren Wahlen Kandidatinnen ins Rennen geschickt worden, zweimal von den Grünen und einmal von der FPÖ, doch reelle Chancen hat nur, wer von einer Großpartei unterstützt wird.

Bei einem "Geschlechter-Wahlkampf" hätte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner siegen müssen, denn rund 52 Prozent der Wahlberechtigten sind Frauen. Doch es gewann der SPÖ-Kandidat Heinz Fischer - zufällig mit 52 Prozent. Während die ÖVP-Kandidatin bei jüngeren Wählern - beiderlei Geschlechts - etwas voran lag, punktete Fischer bei jenen Altersschichten, in denen Frauen bis zu drei Vierteln der Wahlberechtigten ausmachen - und das war ausschlaggebend.

Im Wahlkampf selbst war die "Frauen-Karte" wohl ausgespielt worden, allerdings nicht sonderlich wirkungsvoll: Es hatte sich ein FPÖ-nahes Komitee "Frauen für Ferrero-Waldner" gebildet. Prompt kam nachher der Vorwurf, die FPÖ-Unterstützung - unter anderem durch Jörg Haider - sei an der Niederlage schuld! Eine allzu simple Erklärung, denn Ferrero-Waldner erreichte just in Kärnten, wo die ÖVP eine marginale Größe ist, 53 Prozent, während in den schwarzen "Kronländern" Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark der rote Kandidat klar punktete. Ferrero-Waldner ihrerseits machte "linke Emanzen" verantwortlich - eine zwar teilweise richtige, doch aus dem Munde der Verliererin entbehrliche Bemerkung.

Bezeichnenderweise waren unter Fischers eifrigsten Befürwortern alle drei früheren Präsidentschaftskandidatinnen: Die einstige Sozialistin und "Friedensbewegerin" Meißner-Blau - sie wurde später Gründungsmitglied der Grünen. Weiter die Ex-Superintendentin des Burgenlandes, Knoll - sie war vor sechs Jahren Kandidatin der Grünen, hatte 2002 ihr Bischofsamt niedergelegt, um für die SPÖ anzutreten, und wird nun (als Mutter dreier Kinder) geschieden. Und schließlich Heide Schmidt - sie wurde von Haider nominiert, hatte dann mit vier anderen FPÖ-Abgeordneten die Partei verlassen und das "liberale Forum" gegründet, welches aber wegen allzu linker Positionen aus der Parteienlandschaft verschwunden ist ...

Daß sich unter den weiblichen Abgeordneten und Regierungsmitgliedern nicht nur Emanzen und Quotenfrauen befinden, ist hinreichend erwiesen. Wahlstrategen unterschätzen aber, daß bei einer Volkswahl des Staatsoberhauptes auch Dinge mitschwingen, die nicht mit dem Geschlecht zu tun haben: Es sind "Archetypen" im Sinne von C. G. Jung, es sind unterbewußt wirkende Vorstellungen, die durch ein (verklärtes) Geschichtsbild geprägt sind. Nun ist Fischer zwar beileibe kein "Kaiser Franz Joseph", doch Ferrero-Waldner ist noch weniger eine "Kaiserin Maria-Theresia"! Daß ein Drittel der Wahlberechtigten nicht oder ungültig wählte, beweist, wie wenig ihre Vorstellungen erfüllt wurden. Ja, gar nicht mehr zu erfüllen sind, weshalb immer öfter nach einer Systemänderung gerufen wird.

Zwei der neun Bundesländer haben heute einen weiblichen Ministerpräsidenten, in Österreich "Landeshauptmann" genannt. In exekutiven Funktionen spielen "Archetypen" eben eine geringere Rolle. Um so mehr ist das Amtsverständnis von der Weltanschauung geprägt - und durch die Anrede symbolisiert: Die seit acht Jahren an der Spitze der Steiermark stehende Waltraud Klasnic (ÖVP) legt Wert darauf, als "Frau Landeshauptmann" bezeichnet zu werden, weil "Hauptfrau" sie an einen Harem erinnert. Die neu bestellte Ministerpräsidentin von Salzburg, Burgstaller (SPÖ), meint hingegen, "Frau Landeshauptmann" sei die Gattin eines Landeshauptmanns, und will "Landeshauptfrau" genannt werden. Die vielbelächelte Titel-Freudigkeit der Österreicher hat übrigens ihre positiven Seiten, denn Titel sind nun einmal leichter zu merken als Namen und helfen, Peinlichkeiten zu vermeiden. Und zu "Landeshauptmann" gibt es sogar eine geschlechtsneutrale Mehrzahl, nämlich "Landeshauptleute" - ganz ohne das dumme "Binnen-I". RGK


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