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15.05.04 / Putins Schreckenskreis

© Preußische Allgemeine Zeitung / 15. Mai 2004


Putins Schreckenskreis

Die Menschenrechte zu wahren ist der innewohnende Sinn der Macht. So liest man es bei Josef Pieper, und deshalb glaubt man allgemein, eine Errungenschaft von Demokratien sei eben der Schutz der Menschenrechte. Aber wer Demokratien an dieser Meßlatte, der strikten Einhaltung der universalen Menschenrechte, mißt, der muß den Kreis der Demokratien heute ziemlich eng ziehen. Die Foltervorwürfe gegen eine der ältesten Demokratien der Welt, Großbritannien, und gegen die Weltmacht, die in der Verbreitung von Demokratie eine Missionsaufgabe sieht, die USA, haben ganz real existente Ursachen und erschüttern die politische Glaubwürdigkeit ihrer Regierungen.

Bei Rußland ist man da schon nachsichtiger, auch wenn der Präsident dieser Demokratie nun laut Rache schwört für den Anschlag in Tschetschenien, eine Haltung, die von einem Demokraten eigentlich nicht erwartet wird. Putin kann offenbar selbst ein Anschlag wie der am Wochenende in Grosny, dem auch der Präsident Tschetscheniens zum Opfer fiel, nichts anhaben. Er schwört Rache, und die Presse Moskaus applaudiert.

Das ist noch verständlich, muß man doch davon ausgehen, daß Rußland keine Demokratie in westlichem Sinn ist. Völlig unverständlich dagegen ist das Schweigen der westlichen Demokratien gegenüber dem brutalen Kolonialkrieg Moskaus im Kaukasus. Nur einige Abgeordnete im Europa-Parlament, allen voran der außenpolitische Sprecher der CSU, Bernd Posselt, fordern die Russen auf, "endlich aus Tsche-tschenien abzuziehen und dort eine internationale Friedenstruppe und eine OSZE-Verwaltung" zuzulassen. Moskau wird das vielleicht zur Kenntnis nehmen, aber den Kurs nicht ändern. Im Gegenteil, auch in Georgien und Moldawien betreibt der Kreml eine Politik nach altem sowjetischem Stil. Durch abtrünnige Regionen will er in den unabhängig gewordenen Staaten Einfluß behalten und diese Staaten langfristig wieder in die Russische Föderation eingliedern. Von Selbstbestimmung der Völker und Demokratie keine Spur! Putin zieht im Kaukasus einen Schreckenskreis um die Demokratie.

Auch Berlin und Paris lassen ihn gewähren. Sie nennen es Realpolitik und offenbaren damit eine prinzipienlose, für Demokratie und Menschenrechte schädliche Interessenpolitik. Ihnen ist ein Putin, der für Ruhe und Ordnung sorgt, wichtiger als der Einsatz für Freiheit und Selbstbestimmung. Man kann vom russischen Präsidenten nicht erwarten, daß er die Demokratie in ein paar Jahren perfektioniert. Aber man sollte verlangen, daß er wenigstens die anderen Völker leben läßt und die wenigen demokratischen Elemente im eigenen Land nicht erstickt. Dazu sind Schröder und Chirac - und Bush erst recht - nicht fähig. Lim


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