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22.05.04 / "Und wenn ich zum Kaiser geh' ..." / Aus der Provinz bis nach Berlin - Zum 100. Geburtstag des Malers Karl Kunz

© Preußische Allgemeine Zeitung / 22. Mai 2004


"Und wenn ich zum Kaiser geh' ..."
Aus der Provinz bis nach Berlin - Zum 100. Geburtstag des Malers Karl Kunz
von Silke Osman

Wie sehr Hartnäckigkeit und natürlich auch Begabung das Schicksal eines Menschen bestimmen können, zeigt ein Blick auf den Lebensweg eines Künstlers, der vor 100 Jahren geboren wurde. "Und wenn ich zum Kaiser geh', ich werde Maler", soll der junge Karl Kunz energisch ausgerufen haben, als die Erwachsenen ihn wieder einmal auslachten und ihm den Gedanken austreiben wollten, ein Junge wie er, aus einem kleinen ostpreußischen Dorf, könne Künstler werden. Mit Temperament und dieser "fast an ein Wunder grenzenden Zielstrebigkeit", die ihm seine Frau Ilse später bescheinigte, gelang es dem Jungen aus Herzogswalde, Kreis Mohrungen, jedoch tatsächlich, ein geachteter Maler zu werden. Natürlich gehörte auch eine gute Portion Begabung dazu - und harte Arbeit. Karl Kunz hat selbst einmal gesagt: "Unsinn, auf das Küssen der Muse zu warten, wer nicht fleißig und mit äußerster Disziplin arbeitet, bringt es zu nichts. Und keiner braucht das mehr als ein Künstler, denn er muß sich selbst befehlen - und das ist schwerer, als in Amt und Würden seine vorgeschriebene Pflicht zu tun."

Zunächst einmal hieß es für den am 26. Mai 1904 geborenen Sohn eines Stellmachers, die Schulbank zu drücken. - Dort allerdings brachte er so manchen Lehrer mit seinen Malkünsten alsbald zur Weißglut. Er mußte sich Standpauken anhören über "Narrenhände, die Tisch und Wände beschmieren". So zog er es denn vor, die Höfe der Bauern seines Dorfes zu malen. Manch einer zahlte ihm gar schon ein kleines Honorar, das er dann wieder für Papier und Farben verwandte. Sogar seinen Einsegnungsanzug hat Karl Kunz sich durch seine Bilder verdienen können - und das in der schlechten Zeit zum Ende des Ersten Weltkrieges.

Die Eltern wußten Rat. Wenn es schon unmöglich war, daß der Sohn Künstler werden konnte, dann sollte er wenigstens eine vernünftige Lehre bei einem Stubenmaler machen. Es wurde nur eine kurze Lehrzeit ... Wieder zu Hause griff Karl erneut zu seinen Malutensilien. Er war einfach nicht zu bremsen. Wie sollte das nur weitergehen? Die Eltern waren verzweifelt. Da kam ein Verwandter aus Elbing und schlug vor, der Junge solle bei ihm eine Friseurlehre machen. Karl willigte ein, schließlich war Elbing eine Stadt, und die bot ganz andere Möglichkeiten als das Heimatdorf.

Wen wundert's, daß er es auch in Elbing nicht lange aushielt? Einmal noch kehrte er nach Herzogswalde zurück, dann nahm er eines Tages seine Mappe mit den Bildern und ging nach Königsberg. Ein Professor an der dortigen Kunstakademie, dem er seine Arbeiten zeigte, war sehr angetan und wollte ihn als Schüler aufnehmen. Doch wo sollte er wohnen? In Königsberg kannte er keine Seele. In Königsberg nicht, aber in Danzig! Dort wohnte sein Bruder Wilhelm, und dort gab es eine Technische Hochschule.

Karl Kunz machte sich also auf den Weg nach Danzig und gelangte alsbald zu Professor Fritz A. Pfuhle, dem Maler und Graphiker, der an der Technischen Hochschule lehrte. Vier Jahre lang studierte Kunz in Danzig. Studienreisen führten ihn nach München, Berlin, Wien und nach Italien. Sein Herz aber gehörte dem kleinen Dorf im Kreis Mohrungen. Dorthin kehrte er als freischaffender Maler zurück. Sein Haus, das er mit seiner Frau Ilse einrichtete, wurde bald zu einem beliebten Künstlertreff. Ausstellungen in Danzig und Königsberg trugen seinen Ruf weit über die engen Grenzen des Kreises hinaus.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mußte Karl Kunz mit seiner Familie wie Tausende seiner Landsleute die Heimat verlassen. In Berlin-Kladow konnte er sich eine neue Existenz aufbauen und endlich wieder malen. All seine Bilder hatte er in Ostpreußen zurücklassen müssen. Im Westen nun entstanden nach kleinen geretteten Skizzen wieder die zauberhaften Landschaften in Öl, die das Werk des Künstlers aus dem Kreis Mohrungen so prägten: hoher Himmel wölbt sich über weiten Feldern, am Horizont kleine Dörfer, geduckte Katen vermitteln Geborgenheit ... Karl Kunz starb in der Nacht vom 17. zum 18. Januar 1969 an den Folgen eines Herzinfarkts. Sein umfangreiches Werk findet sich heute vielfach in Privatbesitz.

Unermüdlicher Künstler: Noch im hohen Alter stand Kunz vor der Staffelei Foto: Archiv


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