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05.06.04 / Oma und Opa: Gefahr für die Moral / Hans-Joachim

© Preußische Allgemeine Zeitung / 05. Juni 2004


Oma und Opa: Gefahr für die Moral
Hans-Joachim von Leesen über linke Intellektuelle und ihre Furcht vor dem "Familismus"

Die Gesinnungspolizei ist besorgt. Eine neue Gefahr droht der politischen Korrektheit: Der "historische Familismus", wie sie es nennt. Der ist um so bedenklicher, als die Sittenrichter ihn nur schwer in den Griff bekommen, denn er entwickelt sich zwischen den heimischen vier Wänden und wird nicht selten zwischen den Deckeln eines Fotoalbums ausgebrütet. Daher klingeln bei der politischen Bildung, bei den amtlichen und halbamtlichen Informationsbehörden wie den "parteinahen" Stiftungen, vermutlich sogar beim Verfassungsschutz die Alarmglocken.

Die gefährlichen Feinde des richtigen und daher förderungsfähigen Geschichtsbildes sind, man höre und staune, die Großeltern, also der Opa und die Oma. Die aufmerksamen Wächter haben beobachtet, daß jetzt die Enkel beginnen, die Großeltern auszufragen, wie es in ihrer Jugend so gewesen ist in Deutschland. Wie ging es zu Hause zu, als Oma und Opa noch klein waren? Was und mit wem spielten sie? Wie verbrachten sie ihre Freizeit? Und in der Schule: Saßen sie wirklich stramm in Reih und Glied in den Bänken und wurden von sadistischen Nazi-Lehrern geprügelt? Und später: War Opa wirklich ein Mörder, als er als Soldat nach Frankreich oder Rußland zog? Die Oma: War sie tatsächlich eine "Täterin", wie es die Grünen in Köln gerade herausgefunden haben wollen, als sie ein Denkmal für die Kölner Trümmerfrauen mit eben dieser Begründung zu verhindern versuchen? Hingen tatsächlich im Kriege an den Bäumen überall gehenkte Deserteure? Irrten hungernde Zwangsarbeiter durch die Straßen, um in den Mülltonnen nach Nahrung zu suchen?

Und wenn dann Großmutter und Großvater, froh, daß sie mit den Enkeln das bereden können, was ihnen häufig genug ihre Kinder verwehrten, zu erzählen anfangen, unbefangen, ohne politische Umerziehungsabsichten und daher mit um so größerer Wirkung, dann geraten häufig genug die eingestanzten vorgegebenen Propagandaklischees bei den Enkeln ins Wanken, zumal die Großeltern das Erzählte vielleicht noch mit Familienfotos aus der Zeit ergänzen. Und nicht selten folgt die kritische Frage, ob man seinen Lehrern, ob man dem Fernsehen noch trauen kann.

Hier muß in den Augen der politisch Korrekten eingegriffen werden. Und so ist denn zu erwarten, daß sich demnächst die Kultusministerkonferenz mit der drohenden Gefahr befassen wird, auf daß dann die jeweiligen Kultusminister an ihre Schulen Brandbriefe schreiben, um Lehrer und die ihnen ausgesetzten Schüler wieder auf den rechten Pfad zu bringen. Die politische Bildung wird eingreifen und Seminare und Workshops über die Gefahren des "historischen Familismus", wie die Fachleute es nennen, organisieren (Fahrtkosten werden erstattet). Die Mittel für den "Kampf gegen Rechts" werden erhöht. Es wäre ja noch schöner, wenn die letzten Zeitzeugen das seit 60 Jahren eingetrichterte Gruselbild vom Deutschland der Vergangenheit erschütterten!

Einigermaßen ratlos dürfte man aber sein, wie man Oma und Opa daran hindern soll, dennoch, wenn sie denn von den Enkeln gefragt werden, aus ihrer Jugend zu erzählen. Das Verhältnis zwischen Großeltern und Enkeln ist in der Regel gut, manchmal sogar besser als das zwischen Eltern und Kindern, und so haben die alten Herrschaften eine Glaubwürdigkeit, die jene von Fernsehen und Schule übertreffen dürfte.

Aber auch auf anderen Gebieten gelang nicht alles so, wie die Umerzieher es erhofft hatten. Vor allen Dingen von eigenen Erfahrungen, vom Gefühl besetzte Begriffe, die in ihren Augen hoch gefährlich sind, erleben eine Wiedergeburt. Das mußte der für das Friesische zuständige Professor an der Uni Flensburg, Thomas Steensen, erfahren, der 280 Studierende gefragt hatte, welche Vorstellungen sie mit dem Begriff "Heimat" verknüpfen. Er zeigte sich außerordentlich überrascht, daß fast alle Studenten nur Lobendes darüber zu sagen wußten. Heimat, das bedeute für sie, sich auszukennen, das bedeute Sicherheit und Geborgenheit, Familie und Freunde. Heimat sei der Ort, an dem man glücklich ist, an dem man erwünscht ist und zu dem man immer wieder hingehen könne. In der Heimat werde man verstanden. Wie in der Heimat sei es sonst nirgendwo, schrieben die Studierenden.

Negative Gedanken wie Enge, altmodisch, Intoleranz, Streit und Streß kamen nur wenigen. Neun von zehn Studierenden gaben dem Begriff "Heimat" die Note 1 oder 2.

Friesen-Professor Steensen, der seine Herkunft aus den 68er Gruppen nie verborgen hat, fand das höchst bedenklich und sorgte dafür, daß die Dozenten die Studierenden belehrten, "wie sehr mit dem Begriff Heimat nicht nur in der Zeit des Nationalsozialismus Schindluder getrieben wurde". Mit Heimatbewußtsein könne man Einheimische gegen Fremde ausspielen und Menschen ausgrenzen.

Auch hier zeigt sich, was man allerorten beobachten kann: Nachdem die Kinder der Kriegsgeneration häufig abwinkten, wenn die Eltern von ihren Erlebnissen und Erfahrungen erzählen wollten, zeigen sich die Enkel weitgehend unbefangen und von der Umerziehung nur am Rande erfaßt. Heimat ist für sie wieder das, was sie für viele Generationen war: der Ort, an dem alles selbstverständlich ist, die Gegend, in der man zu Hause ist, in der man wurzelt. Gerade das aber stört jene, die aus den Menschen jederzeit verschiebbare Konsumenten in einer multikulturellen Gesellschaft machen wollen.


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