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19.06.04 / Das historische Kalenderblatt: 22. Juni 1906 - Im Dom zu Trondheim werden Haakon VII. und Maud gekrönt

© Preußische Allgemeine Zeitung / 19. Juni 2004


Das historische Kalenderblatt: 22. Juni 1906 - Im Dom zu Trondheim werden Haakon VII. und Maud gekrönt

Preußen verzichtete bei der Neuordnung Europas nach den napoleonischen Kriegen zugunsten seines Nachbarn und Verbündeten im Osten auf Gebiete und wurde dafür im Westen entschädigt (siehe Folge 46/03). In der skandinavischen Geschichte findet sich eine gewisse Analogie. Der Schwedenkönig verzichtete zugunsten des verbündeten Rußlands auf Finnland und fand Kompensation in Norwegen. Dieser westliche Nachbar bot sich insofern als Entschädigung an, als er bis dahin zum Machtbereich des Dänenkönigs gehört hatte und der dänische König (wie der sächsische) als Verbündeter Napoleons zu den Kriegsverlierern gehörte. An die Stelle einer dänisch dominierten dänisch-norwegischen Union trat nun eine schwedisch dominierte schwedisch-norwegische. Diese Konstruktion des Jahres 1814 hielt gut 90 Jahre und scheiterte schließlich wie so manch anderes Konstrukt der nachnapoleonischen Neuordnung an einer Nationalbewegung, in diesem Falle der norwegischen.

Norwegens Regierung und Parlament, das Storting, störte insbesondere Stockholms Bevormundung auf außenpolitischem Gebiet. Norwegisch-schwedische Differenzen in der Konsularfrage führten schließlich zum Ende der Union. Im Mai 1905 beschloß das Storting ein Gesetz, das die Errichtung eigener Konsulate im Ausland vorsah. Noch im selben Monat wurde das Gesetz dem schwedisch-norwegischen König Oskar II. zur Unterzeichnung vorgelegt. Für den Fall der Nichtunterzeichnung drohte die norwegische Regierung mit ihrem Rücktritt. Oskar unterzeichnete weder das Gesetzt, noch nahm er den Rücktritt an. Daraufhin akzeptierte das Storting den Regierungsrücktritt und beschloß am 7. Juni 1905 einstimmig: "Da alle Mitglieder der Regierung ihre Ämter niedergelegt haben, seine Majestät der König sich außerstande erklärt hat, dem Lande eine neue Regierung zu geben, und die Monarchie ihre verfassungsmäßige Aufgabe nicht mehr erfüllt, ermächtigt das Storting die heute zurückgetretenen Mitglieder der Regierung, bis auf weiteres im Amt zu bleiben und die Vollmachten auszuüben, die nach der Verfassung und geltendem Recht dem König zustehen - mit den Veränderungen, die insofern erforderlich geworden sind, als die Vereinigung mit Schweden unter einem König aufgelöst ist, nachdem der König aufgehört hat, als norwegischer König zu fungieren."

Vielleicht kann man es als Ausdruck der Tradition der Demokratie in Skandinavien werten, daß der schwedische Reichstag als Voraussetzung für seine Einwilligung in die Auflösung der Union eine Volksbefragung in Norwegen forderte. Diese Befragung fand am 13. August 1905 statt und hatte ein eindeutiges Ergebnis. Von den 85,4 Prozent Männern, die ihr Wahlrecht wahrnahmen, stimmten 368.208 für und nur 184 gegen eine Loslösung von Schweden. Damit war die Voraussetzung für die Aufnahme von schwedisch-norwegischen Verhandlungen über das Procedere der Auflösung der Union geschaffen. Das Ergebnis der im schwedischen Karlstad durchgeführten Gespräche war das Karlstadtraktat, das am 10. Oktober 1905 vom schwedischen Reichstag und drei Tage später vom Storting angenommen wurde. Am 26. Oktober 1905 verzichtete Oskar nolens volens auf die norwegische Krone und willigte in die Auflösung der schwedisch-norwegischen Union ein.

Mit der Erlangung der Selbständigkeit und Souveränität stellte sich für die Norweger die Frage der Staatsform und des Staatsoberhauptes. Norwegens Regierung und Parlament wünschte mehrheitlich einen sanften Übergang, und so bot sich die Beibehaltung der Monarchie mit einem König aus dem schwedischen Königshaus an. Der verbitterte Schwedenkönig lehnte dieses jedoch ab. So fiel die Wahl auf Prinz Carl von Dänemark. Der 33jährige Marineoffizier war groß und gutaussehend und durch seinen Sohn Alex-ander schien eine Thronfolge fürs erste gesichert. Vielversprechend waren seine verwandtschaftlichen Beziehungen. Seine Mutter war das einzige Kind König Carls XV. von Schweden; sein Vater war der dänische Kronprinz; und sein Schwiegervater war der britische König Eduard VII.

Vor der Übernahme der Krone sollten allerdings auch diesmal die norwegischen Wähler befragt werden. Wieder war das Ergebnis eindeutig. Bei der Abstimmung vom 12. und 13. November 1905 stimmten von den abstimmungsberechtigten Norwegern 259.563 für und 69.264 gegen den Prinzen. Keine Woche später, am 18. November 1905, wählte das Storting einstimmig den Dänenprinzen zum norwegischen König. Als Norwegens Souverän nannte sich Prinz Carl Haakon VII., ein norwegischer Königsname mit Tradition, wie die Zahl sieben bereits erkennen läßt. Seinem Sohn Alexander gab er den norwegerischeren Namen Olav. Zum Wahlspruch wählte er für sich und sein Haus: "Alt for Norge" (Alles für Norwegen). - ... und nichts für die anderen Länder!? Letztgenannte Schlußfolgerung zeigt, daß sich auch dieses Motto wie "Deutschland über alles" mißinterpretieren läßt. Allerdings blieb in diesem norwegischen Falle der Proteststurm aus.

Am 22. Juni 1906 wurden Haakon und seine Frau entsprechend der norwegischen Verfassung im Nidarosdom zu Trondheim gekrönt. Es war die letzte Krönung in Norwegen. Noch während Haakons Amtszeit, im Jahre 1908, strich das Storting den Krönungsparagraphen aus der Verfassung. Manuel Ruoff

Haakon VII. mit seiner Ehefrau Maud am Tage der Krönung im Nidarosdom: Böse Zungen behaupten, daß die Norweger ihn weniger um seiner selbst willen als wegen seiner Ehe mit der britischen Königstochter zu ihrem König erwählt haben.


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