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26.06.04 / Nur Elend, Not und Hilflosigkeit / US-Professor analysiert ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert

© Preußische Allgemeine Zeitung / 26. Juni 2004


Nur Elend, Not und Hilflosigkeit
US-Professor analysiert ethnische Säuberungen im 20. Jahrhundert

Was ist der Unterschied zwischen ethnischer Säuberung und Völkermord? Diese und andere Fragen stellte sich Norman Naimark und faßte seine Erkenntnisse in seinem Buch "Flammender Haß" zusammen. Naimark zeigt das Phänomen der ethnischen Säuberungen an fünf konkreten Beispielen. Er gibt eine fundierte Einleitung und behandelt jedes Thema ausführlich und mit vielen Hintergrundinformationen. Die einzelnen Themen sind gut recherchiert und sauber gegliedert aufgearbeitet. Naimark ist amerikanischer Professor für Geschichte. Er hat sich auf den Weg gemacht und die einzelnen Länder besucht, Menschen interviewt und eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt. Er behandelt die Vertreibung der Armenier und Griechen aus der Türkei, die Judenverfolgung im Dritten Reich, die sowjetische Deportation der Tschetschenen-Inguschen und der Krimtataren, die Vertreibung der Deutschen aus Polen und der Tschechoslowakei und abschließend die Kriege im ehemaligen Jugoslawien. Jedes Kapitel ist durch eine große Anzahl von Literatur- beziehungsweise Quellenhinweisen belegt. Ausgehend von der Frage nach dem Grund der Kriege im ehemaligen Jugoslawien und den falschen Hoffnungen im Bezug auf die Entwicklung der Staaten in Osteuropa nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 beschreibt der Autor seine ernste Sorge für das neue Jahrhundert. Aus dieser Motivation heraus analysiert Naimark ethnische Säuberungen des 20. Jahrhunderts und faßt diese in ihren Wesenszügen zusammen. Er hofft, daß daraus vielleicht Wege gefunden werden können, um Wiederholungen zu verhindern. Der Autor schafft es, die Komplexität der einzelnen Themen darzulegen und damit die Schwierigkeit einer abschließenden Ursachenaussage aufzuzeigen. Mutig erscheint es hingegen, wenn er versucht, die einzelnen Fälle der Völkervertreibung miteinander zu vergleichen und diese in ihrer Intensität beziehungsweise in der Folgeschwere abzuwägen. Bis auf die Benennung des Themas "Vertreibung der deutschen aus Polen und Tschechoslowakei" (es war schließlich Deutsches Staatsgebiet) hat der Autor auch hier sorgfältig und sachlich gearbeitet. Er macht darauf aufmerksam, daß die Vertreibungen schon ab Beginn des Zweiten Weltkrieges geplant und von den Alliierten gebilligt wurden, und stellt heraus, daß es gerade demokratische Regierungen waren, welche die Vertreibung der Deutschen indizierten. Abschließend fordert Naimark, sich Gedanken zu machen, wie in zukünftigen Fällen solcher Vertreibungen vorzugehen ist und ob die internationale Gemeinschaft fähig ist, rasch und entschlossen einzugreifen. Ein anspruchsvolles, wissenschaftlich erarbeitetes Buch über Völkervertreibungen in Europa unter Einschließung Rußlands und des Osmanischen Reichs beziehungsweise der Türkei. Gregor Röhr

Norman M. Naimark: "Flammender Haß", C. H. Beck, München 2004, geb., 248 Seiten, 20,89 Euro


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