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17.07.04 / Familie als Dienstmagd des Staates? / Markus Söders eigenwillige Vorschläge zur Kriminalitätsprävention bei Jugendlichen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 17. Juli 2004


Familie als Dienstmagd des Staates?
Markus Söders eigenwillige Vorschläge zur Kriminalitätsprävention bei Jugendlichen
von J. Liminski

Der CSU-Generalsekretär Söder ruft dazu auf, Eltern das Kindergeld oder die Sozialhilfe zu kürzen, wenn sie sich nicht ausreichend um ihre (kriminell gewordenen) Kinder kümmern - er tat das schon als Vorsitzender der Jungen Union. Abgesehen davon, daß fundamentale Rechtsansprüche bei der Sozialhilfe (noch) nicht im Belieben von Politikern stehen - Gott sei Dank! - und daß die Ämter über ausreichende Mittel zum Eingreifen bei Kriminalverdacht verfügen, offenbaren solche populistischen Sprüche unter Stammtisch-Niveau eine Sichtweise, die leider auch in der Umgebung von CSU-Chef Stoiber vorherrscht: Familie als Dienstmagd des Staates.

Das ist ein mechanistisches Menschenbild, für eine Beziehung der Liebe und Menschlichkeit ist da kein Platz mehr. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß Söder die Familie neu erfinden will. Sie definiere sich vor allem über Kinder, meint der Generalsekretär. Offensichtlich hat er sich von der SPD überzeugen lassen, die schlicht sagt: "Familie ist da, wo Kinder sind." Auch mit der Logik ist es nicht weit her bei Söder. Zum einen warnt er davor, bei "anderen Lebensweisen", gemeint sind gleichgeschlechtliche Paare, nicht mit dem Zeigefinger zu drohen, sondern Verständnis zu zeigen. Bei den Eltern aber ist der drohende Zeigefinger ganz oben. Außerdem empört sich der Generalsekretär, daß die Grünen in der Umweltpolitik den Eindruck vermittelten, sie würden eine moralisch fundiertere Politik machen. Das dürfe die Union nicht zulassen. Wichtig seien in diesem Bereich "Personen, die als Identifikationsfiguren akzeptiert werden". Auch hier wieder: Beim Dosenpfand, Müllsortieren und CO2-Ausstoß brauche man Moral und Identifikationsfiguren. Braucht man die bei der Erziehung nicht? Ist der Mensch weniger wert als eine Bierdose? Söders Menschenbild ist erschreckend. Es hat nichts mehr zu tun mit der Priorität des Menschlichen, die in der Definition des Papstes von Erziehung zum Ausdruck kommt. "Erziehung ist Beschenkung mit Menschlichkeit", schrieb Johannes Paul II vor zehn Jahren in seinem Brief an die Familien, und die "Eltern sind die Lehrer in Menschlichkeit". Jetzt sollen sie zu Aufpassern degradiert werden. Auch das von Rot-Grün übernommene Familienbild spiegelt puren Relativismus und Opportunismus wider. Es berücksichtigt nicht die Erkenntnisse der Hirnforschung, die emotionale Stabilität - Menschlichkeit eben - als Voraussetzung dafür erkannt hat, daß Kinder positive Erfahrungen sammeln können. Das ist in gleichgeschlechtlichen Gemeinschaften nicht möglich. Es fehlt das andersgeschlechtliche Vorbild, das für die Partnerwahl psychologisch bedeutsam ist. Die Fachleute reden hier von der "Triangulation", dem Beziehungsdreieck in der normalen Familie von Vater, Mutter, Kind(ern). Aber soweit denkt Söder nicht - es fehlt jegliches familienpolitische Konzept, vermutlich sogar der Union an sich. Natürlich befinden sich in den Unionsreihen auch Mütter und Väter, die ahnen, daß das Gestammel aus München nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann. Aber sie haben nichts zu sagen oder trauen sich nicht, weil sonst das ideologische Fallbeil des finanziellen Vorbehalts oder der ganztägigen Außerhaus-Betreuung runtersaust. Von Liebe redet keiner mehr. Dabei wäre es so wichtig, gerade jetzt die Eltern zu stärken, ihre Erziehungskompetenz zu erweitern und ihnen Respekt für ihre Familienarbeit entgegenzubringen. Nur eine Stärkung der elterlichen Kompetenzen kann die Kinder stärken und zu freien und solidarisch denkenden Bürgern machen. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, folgt man der wissenschaftlichen Literatur, daß die "Erzeugung solidarischen Verhaltens" als ein Grund für den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie genannt wird. Es sei eine Leistung, die in der Familie "in einer auf andere Weise nicht erreichbaren Effektivität und Qualität" erbracht werde. Das ist ein Ergebnis menschlicher Erziehung.

Es ist höchste Zeit, den repressiven Vorstellungen aus München ein Bild der Freundschaft in der Familie, der dauerhaften Liebesbeziehung entgegen zu stellen. Sollte Söder einmal Kinder haben und sie mit seiner dumpfen Ideologie erziehen, wird

er nach allen Erkenntnissen der neurobiologischen und pädagogischen Forschung Schwierigkeiten bekommen. Vielleicht lernt er doch noch dazu, obgleich hier wie bei allen Ideologen womöglich das Wort Einsteins gilt: Es ist schwerer, Atomkerne zu zertrümmern als Vorurteile.

Volkstribun: Markus Söder verteilt gern Schnellgebackenes . Foto: CSU


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