Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
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Preußische Allgemeine Zeitung / 14. August 2004
Recht zu behalten ist an sich natürlich ein schönes Gefühl, wer wollte das
bestreiten. Als vor fünf Jahren die großen Zeitungen und Magazine geschlossen
zur "neuen Rechtschreibung" übergingen, blieb diese Zeitung nach reiflicher
Überlegung fast allein bei der alten. Die Redaktion hatte die neuen Regeln
eingehend studiert und war zu dem Schluß gekommen, daß sie weder einfacher
noch logischer seien als die alten. Fünf Jahre später nun folgen der Springer-Verlag und der Spiegel unserem
Beispiel, die Frankfurter Allgmeine hatte nach nur einem Jahr Erfahrung mit den
neuen Regeln die alten bereits wieder eingeführt. Beinahe sämtliche namhaften
Schriftsteller hatten sich der neuen Orthographie ohnehin verweigert und
bestanden darauf, daß auch ihre neu publizierten Bücher in bewährter
Rechtschreibung erscheinen. Es wird nicht mehr lange dauern, und Deutschland hat
zwei unterschiedliche Orthographien: die neue, die nur im Gehege der Schulen und
Ämter existiert und die alte in der "wirklichen Welt". Auf das Schicksal der Schüler verweisen nun mit erregter Stimme die letzten
Verteidiger der gescheiterten Reform. Man könne ihnen doch nicht zumuten, nach
fünf Jahren wieder alles neu zu lernen. Merkwürdig: Bei Einführung der Reform
beschwichtigten uns ihre Erfinder noch, daß die Änderungen gering seien und
der Übergang für jedermann ein leichtes. Umgekehrt wird nun aus der selben
Ecke ein Drama daraus gezimmert. Das ist wenig glaubwürdig, noch dazu wenn man
bedenkt, aus welcher Richtung so rührend Rücksicht auf die angeblichen
Zumutungen für die Schüler genommen wird. Von ebendort sprudelten seit
Jahrzehnten die unsinnigsten Reformvorhaben, und zwar in Reihe, so daß
mancherorts bald jede Schülergeneration in einem anderen System von Schule
unterrichtet wurde. Am Ende stand die Abrechnung namens Pisa. Die Wogen immer
neuer "Reformen" hatte, das einst gerühmte deutsche Bildungswesen so
gründlich zerfurcht, daß wir heute am Ende der internationalen Skala
rangieren. Aber stecken hinter den Attacken gegen eine Rücknahme der Reform überhaupt
vor allem sachliche Argumente? Oder ist es die Signalwirkung, die schreckt?
Genügsam hat sich dieses Volk in der Vergangenheit alles vorsetzen lassen, was
die vermeintlich Mächtigen sich ausgedacht hatten. Ein bißchen Murren, ein
paar Proteste, doch am Ende taten die Deutschen stets, wie ihnen geheißen,
darauf war Verlaß. So war es bei der Abschaffung der D-Mark und so würde es
auch mit der Rechtschreib-reform gehen, werden sich ihre Urheber gedacht haben.
Paradox: Die- selben "Fortschrittlichen", die den "deutschen
Untertanengeist" stets am lautesten beklagten, wußten am besten, wie er für
ihre Zwecke zu nutzen war. Nun müssen sie erschrocken feststellen, daß die
vermeintlich "Obrigkeitshörigen" sich zu widersetzen wissen. Ein
Präzendenzfall ist geschaffen, des einen Horror, des anderen Hoffnung. |