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04.09.04 / Die Weichspüler der Menschenwürde / Jürgen Liminski zur Debatte über das therapeutische Klonen

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. September 2004


Die Weichspüler der Menschenwürde
Jürgen Liminski zur Debatte über das therapeutische Klonen

Die große, ja überwältigende Mehrheit der Jesuiten, überhaupt der Mitglieder von Orden und geistlichen Familien steht hinter dem Papst. Es ist eine verschwindende Minderheit, die Rom in den Fragen der Genetik und Bioethik nicht folgt, sondern meint, zeitgeistigen und ökonomischen Strömungen nachlaufen zu müssen.

Die Position Roms in dieser Frage ist bekannt: Nein zu jeder Art von menschlichem Klonen. Bekannt ist auch die Lehre vom Beginn des menschlichen Lebens. Mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle entsteht eine neue genetische Identität. Diese Identität Mensch ist unantastbar.

Das ist keine Neuigkeit. Schon wenige Jahre nach dem Krieg verfaßte Romano Guardini eine kleine Schrift über das Recht des werdenden Menschenlebens, die sich heute wieder lohnt, in die Hand zu nehmen. Im Abschnitt mit dem Titel "der entscheidende Gesichtspunkt" schreibt er: "Das Leben des Menschen darf nicht angetastet werden, weil er Person ist." Es sei, so Guardini weiter, möglich, daß diese Personalität "überhaupt nicht in den Akt tritt, weil die physisch-psychischen Voraussetzungen dafür fehlen wie beim Geisteskranken oder Idioten. Dadurch aber unterscheidet sich der gesittete Mensch vom Barbaren, daß er sie auch in dieser Verhüllung achtet. So kann sie auch verborgen sein wie beim Embryo, ist aber in ihm bereits angelegt und hat ihr Recht. Diese Personalität gibt dem Menschen seine Würde."

Die aktuelle Klondebatte ist de facto eine Debatte über die Menschenwürde. Deshalb hat die Kirche nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, sich einzumischen. Denn es geht um den Menschen, seine Würde, um ihn als Person, das heißt um "ein geistiges, in sich ganzes, für sich und auf sich hin und um seiner selbst willen existierendes Wesen" (Josef Pieper). Oder um den Menschen als Nummer, als Maschine, als Ersatzteillager, als Klon.

Seit die Briten das therapeutische Klonen freigegeben haben, wird das Thema nicht nur in Deutschland, sondern weltweit diskutiert. Japan und Schweden wollen, wie die Briten und vorher schon Südkorea, das Klonen praktizieren. Frankreich ist dagegen, in Italien machen sich gewissenlose Forscher wie schon die Sekte der Raelianer daran, einen homunculus zu schaffen. Das ist ein geistiger Dammbruch.

Das Gesetz der Briten ist zwar schon fast drei Jahre alt, jetzt wird es angewandt. Darüber freuen sich diejenigen, die in Fragen einer sittlichen Ordnung oder der Personalität nur philosophisches Gequatsche sehen. Man findet solche Leute auch an den Spitzen der Parteien. Die Fachleute denken da anders. Selbst im Nationalen Ethikrat, der von Schröder ja handverlesen zusammengestellt wurde, gehen die Meinungen auseinander.

Der Präsident der Bundesärztekammer meint: "Wir können unser Menschenbild nicht nach den Gesetzen des ökonomischen Wettbewerbs ausrichten." Genau das geschieht, auch bei Wissenschaftlern. Dabei gibt es genügend Alternativen zur embryonalen Stammzellforschung. Man braucht das therapeutische Klonen nicht für den Kampf gegen die Geißeln der Menschheit wie Alzheimer oder Krebs. Deshalb sind auch Dreiviertel des Bundestages gegen jede Form des Klonens.

Dennoch bleibt das Thema in der Schwebe. Denn das letzte Viertel hat mächtige Leute hinter sich. Zum Beispiel Bundeskanzler Schröder oder fast die gesamte FDP, einschließlich Gerhardt. Auch Frau Merkel äußert sich nicht klar gegen jede Form des Klonens. Sie verhält sich wie seinerzeit Kohl in der Frage der Abtreibung. Sie läßt andere reden und schweigt. Ist das der Tribut an Westerwelles Ideologie des neoliberalen, puren Kapitalismus? Sie läßt Katharina Reiche reden (die schon für Stoiber beim Wahlkampf 2002 das Familienbild in Zweifel zog), und zwar pro Klonen, und sie läßt Maria Böhmer reden, contra Klonen. Das Schweigen der Führungen der Parteien mit dem C ist der wirkliche Dammbruch. Es orientiert sich an Umfragen und am Verlauf des Diskurses. Aus einem Wortbild (Zellverband statt Embryo), wird rasch ein Weltbild gezimmert. Wenn sich dann noch professorale Kirchenleute mit ihren persönlichen Wortbildern anbiedern und die Führung der Kirche in Deutschland schweigt, dann hat man sogar eine Rechtfertigung für dieses Verhalten.

Die Briten sind wenigstens ehrlich. Sie wollen einfach die ersten sein, egal mit welchen Mitteln. Ob dabei die Menschenwürde auf der Strecke bleibt, ist der Regierung Blair ziemlich gleichgültig. Man muß befürchten, daß Deutschlands Parteiführungen nicht viel anders denken.

Um so wichtiger ist die autorisierte Stimme der Kirche. Man kann gewiß sein, daß Kardinal Meisner sich qualifiziert äußern wird. Es wird der Klarheit dienlich sein, Köln gilt als das deutsche Rom. Noch wirkungsvoller wäre es, wenn die deutschen Bischöfe geschlossen gegen die Weichspüler der Menschenwürde im politischen und wissenschaftlichen Betrieb aufträten.

Gemeinsamkeiten: Vor allem Greenpeace und der Papst sind entschieden gegen das Klonen. Foto: pa


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