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04.09.04 / "Ich meine nicht bloß das bißchen Rauch" / Das Berliner Kupferstichkabinett zeigt in der Alten Nationalgalerie Menzels Vorstudien zu seinem Gemälde "Eisenwalzwerk"

© Preußische Allgemeine Zeitung / 04. September 2004


"Ich meine nicht bloß das bißchen Rauch"
Das Berliner Kupferstichkabinett zeigt in der Alten Nationalgalerie Menzels Vorstudien zu seinem Gemälde "Eisenwalzwerk"

Den Auftakt zu einer in lockerer Folge geplanten kleinen Veranstaltungsreihe der Alten Nationalgalerie Staatliche Museen zu Berlin bildet eine vom Kupferstichkabinett zusammengestellte Studioausstellung mit Vorarbeiten zu Adolph Menzels Gemälde "Eisenwalzwerk". Im Wechselausstellungsraum können so kleine Teile der reichen Zeichnungsbestände zur Kunst des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit den Gemälden vorgestellt werden. Menzel, der eifrige Beobachter und lebendige Skizzierer, und sein umfangreiches Werk bilden geradezu eine Fundgrube. Mehr als 6.000 Einzelblätter und 76 Skizzenbücher des Meisters aus Breslau besitzt das Kupferstichkabinett heute, die wichtigste und umfangreichste Sammlung seiner Zeichnungen überhaupt.

Zu Menzels packendsten und bedeutendsten Werken gehört das 1872-1875 enstandene Gemälde "Eisenwalzwerk", das einst unter dem Titel "Moderne Cyklopen"

bekannt wurde und so auf die griechische Mythologie und die dadurch inspirierte barocke Darstellung der Schmiede des Vulkan anspielte. Heute gilt das Werk als erstes wirklich bedeutendes modernes Industriebild. Seinerzeit wurde es als "Symbol für die gründerzeitliche Explosion der Industrie" gewertet und als "Ausdruck für Deutschlands neue wirtschaftliche Potenz". Menzel selbst wollte sich nicht festlegen; er sagte: "Diese Cyklopenwelt der modernen Technik ist überreich an Motiven. Ich meine nicht bloß das bißchen Rauch."

Der akribische Beobachter Menzel war eigens ins oberschlesische Königshütte gefahren und hatte im dortigen Schienenwalzwerk seine Studien betrieben. Sein sehr persönliches und facettenreiches Bild dieses zum größten und modernsten Hüttenwerk Preußens gehörenden Industriebetriebs zeigt die Anlagen, Räume und Maschinen, vor allem aber auch die Arbeiter, einzeln oder in Gruppen. Doch auch nach seiner Rückkehr nach Berlin fertigte Menzel noch weitere Studien an, so in der Königlichen Eisengießerei, wo er auch seine Modelle fand.

An den vielfältigen Skizzen läßt sich eindringlich der Gestaltungsprozeß des Gemäldes nachvollziehen. Und so ist denn auch der Betrachter des "Eisenwalzwerks" fasziniert von dem Geschehen in der düsteren Halle. In dampferfüllter Dämmerung flackert hier und da ein Licht, das bizarre Schatten wirft. Man hört die Werkzeuge geradezu klingen, meint die Gluthitze zu spüren, die von dem flüssigen Eisen ausgeht. "Die figurenreiche Darstellung des Gemäldes ist mit der gestalterischen Kraft des erfahrenen Malers großer Gruppenszenen als kraftvolle Demonstration moderner Industriearbeit komponiert" (Karin Schrader).

Es sind die Arbeiter, die im Mittelpunkt von Menzels Interesse stehen. "Welch hohes Maß an Einfühlung und auch Bewunderung der Künstler ihnen entgegenbrachte, zeigt sich daran, daß er neben der Härte ihrer Arbeit auch ihre Bedeutung und Würde hervorhob. Den hier im Bilde zwischen Mensch und Maschine ausgetragenen Kampf entschied Menzel eindeutig zugunsten des Menschen", schrieb Sigrid Achenbach, Oberkustodin am Kupferstichkabinett und Kuratorin der Ausstellung im MuseumsJournal (Juli 2004). Die Ausstellung ist noch bis zum 19. September (dienstags bis sonntags 10-18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr) zu sehen. Helga Steinberg

Adolph Menzel: Arbeiter an der Deichsel des Transportwagens (Bleistiftstudie zu dem Gemälde "Eisenwalzwerk; im Besitz des Kupferstichkabinetts Staatliche Museen zu Berlin) Foto: aus Museumsjournal


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