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11.09.04 / Gysis Lafontaine

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. September 2004


Gysis Lafontaine
von Ronald Gläser

Es ist schon drollig, Gregor Gysi und Oskar Lafontaine dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig die Bälle zuspielen. Die beiden gehörten zu den charismatischsten Führungsköpfen der äußersten Linken. Beide sind heute keine aktiven Politiker mehr.

Trotz solcher Parallelen sind sie grund- verschieden. Lafontaine ist aus dem Westen, ist ein typischer 68er und gehört der antinationalen Toskana-Fraktion an. Gysi, der "Ossi", hat eine autoritäre Staatspartei oberflächlich in eine "bunte Truppe" umgewandelt und vertritt überwiegend Wähler, die früher einmal die Nutznießer des Mauer- und Stacheldrahtstaats waren.

Als Gysi vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben hat, da präsentierte es Oskar Lafontaine der Öffentlichkeit. Diesmal war es andersherum: Gysi stellte vergangene Woche in der Berliner Zentrale des Beamtenbundes die neueste Lafontaine-Biographie mit dem Titel "Provokation und Politik" vor.

Eigentlich sollte das im Bundespresseamt geschehen. Doch dort griff plötzliche Einsicht um sich: Gregor Gysi stellt in Zeiten verschärfter Montagsdemos ein wohlwollendes Buch über Oskar Lafontaine kurz nach dessen Auftritt in Leipzig vor? Nein, natürlich nicht. Kurzfristig sagte das Bundespresseamt ab und warf dem Dirk Lehrach Verlag somit "Knüppel zwischen die Beine", wie der Autor auf der Pressekonferenz murrte.

Was Gysi anpreist, ist eine klassische Biographie - ohne zeitliche Sprünge, ohne weitergehende Analyse. Beinahe schon die lustlose Aneinanderreihung dessen, was man über die 30jährige Politikerkarriere Lafontaines in der Zeitung lesen konnte. Angereichert mit einigen Anekdoten.

Eigentlich ist Lafontaine ja eine tragische Figur. Er wurde das Opfer einer öffentlichen Kampagne wie kein linker Bundesminister je zuvor. Von Bild bis Handelsblatt wurde er niedergemacht. Die Genossen ließen ihn im Regen stehen. Wer jedoch das Buch gelesen hat, der erinnert sich auch wieder warum: Lafontaine war der schlimmste SPD-Frontmann, den es je gegeben hat. Seine Nähe zu Honecker, seine Haßtiraden auf Mitteldeutsche, sein Mangel an Solidarität mit Rußlanddeutschen. Denen zog er Afrikaner vor. So wie er sich - seinem eigenen Bekenntnis zufolge - Paris und Mailand enger verbunden fühlte als Leipzig und Rostock. Der freche Oskar hat nie in seinem Leben "normal" gearbeitet. Er hat immer nur hochdotierte Politjobs ausgefüllt. Er hat gefeiert und gleich mehrere Ehefrauen hintereinander abgelegt.

Neuerdings telefoniert er öfter mit Gysi, erklärt dieser. Die beiden bilden ein Supergespann: Angesichts des eigenen Scheiterns begründet sich ihre Freundschaft wohl auf dem Satz "Geteiltes Leid ist halbes Leid".


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