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11.09.04 / Der Schock kann durchaus heilsam sein / Die Entführung der beiden französischen Journalisten richtet sich nicht gegen Frankreichs Außen-, sondern seine Innenpolitik

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. September 2004


Der Schock kann durchaus heilsam sein
Die Entführung der beiden französischen Journalisten richtet sich nicht gegen Frankreichs Außen-, sondern seine Innenpolitik

Frankreich steht unter Schock. Die erste Reaktion ist, wie bei einem Angriff von außen, das Zusammenrücken, der innere Zusammenhalt. Es geht nicht um die zwei Journalisten, die von den Islamisten entführt wurden. Schockierend war das Ultimatum der Islamisten: Abschaffung des Kopftuchverbots oder Tod der zwei Medienvertreter. Dabei wähnte sich Frankreich wegen des Widerstands gegen den Irakkrieg im besonderen und seine proarabische Politik im allgemeinen in ziemlicher Sicherheit. Das Ultimatum aber zeigt: Die Islamisten wollen ihr Gesetz weltweit durchsetzen. Das ist totalitäres Denken. Toleranz, individuelle Freiheit, Menschenrechte sind für sie keine Kategorie des Denkens. Diese Erkenntnis ist schockierend für all jene, die an das Gute im gemeinen Muslim glauben und keine Unterscheidung treffen zwischen einfachen und radikalen Anhängern dieser Religion. Und sie verstärkt die Angst derjenigen, die dem Islam sowieso nicht über den Weg trauen.

Staatspräsident Chirac, der zu den naiven Bewunderern der arabischen Kultur gezählt werden darf, beeilte sich, dem zu erwartenden Protest die Spitze zu nehmen. In Frankreich artikuliert sich Empörung oft auf der Straße. Das mußte verhindert werden, um auch gewalttätige Zusammenstöße zwischen Franzosen und Muslimen in Frankreich zu vermeiden. Diese erste Operation war erfolgreich, auch weil es der Regierung gelang, die Vertreter der verschiedenen muslimischen Glaubensrichtungen zu einem klaren Bekenntnis für die Grundwerte der Republik zu bewegen und sich hinter die Forderung nach Freilassung der beiden Journalisten zu stellen. Alles andere wäre in dieser Situation für die muslimischen Organisationen politischer Selbstmord gewesen.

Es ist in Frankreich wie in Deutschland derzeit politisch unkorrekt, die Solidaritätsbekundungen muslimischer Organisationen in Zweifel zu ziehen. Wer aber die Geschichte des Islam in verschiedenen Nationen, in denen er mit anderen Religionen koexistiert, kennt, der darf solche Zweifel hegen. Das Verhalten ist vom Koran gedeckt. Wahrheit und Aufrichtigkeit sind für viele Muslime relative Begriffe. Entscheidend ist der Endsieg des Islam. Es gibt in diesem Sinn nicht nur die Taquia, die Kunst der Verstellung, die in manchen islamischen Glaubensrichtungen sogar ein Gebot ist, sondern auch Suren, in denen die Muslime angehalten werden, sich ruhig zu verhalten, solange sie in der Minderheit sind. Natürlich läßt sich das nicht so ohne weiteres verallgemeinern, aber es wäre naiv und fahrlässig, Muslimen blind zu vertrauen. Davor warnen selbst aufgeklärte Muslime wie der Göttinger Politologe Bassam Tibi. Für sie und andere Kenner der islamisch geprägten Regionen ist die Ausbreitung des fundamentalistischen Denkens längst eine Tatsache, auch wenn die Europäer die Augen vor ihr verschließen.

Das wirklich Schockierende an der ultimativen Forderung der irakischen Entführer ist die demaskierende Offenheit. So wie diese Islamisten denkt vielleicht nicht die Mehrheit der Muslime in Europa, aber sicher schon eine Minderheit. Im Fall des Kopftuchstreits, der ja auch Deutschland betrifft und in dem andere Regierungen, zum Beispiel die in Belgien, ohne Zögern schon nachgeben würden, wird das Denken deutlich. Er offenbart, daß es nicht um das geht, was auf dem Kopf ist, sondern was in ihm vorgeht. Die französische Regierung handelt richtig. Man muß die muslimischen Bürger zur Staatsräson bringen.

Islamkenner schätzen die Zahl der militanten Islamisten in Frankreich auf mindestens 50.000, die der Sympathisanten eines radikalen Denkens auf eine knappe Million. Die anderen fünf bis sechs Millionen Muslime in Frankreich sind Mitläufer, freilich auch anfällig für die Parolen der radikalen Imame. Unter dem früheren Innenminister Nikolas Sarkozy wurden einige von ihnen verwarnt und sogar des Landes verwiesen. Als ehemalige Schutzmacht Libanons weiß Frankreich, daß den orthodoxen Muslimen die Religion immer wichtiger ist als das Gemeinwohl des Staates, in dem sie leben.

Frankreich ist ein Trampelpfad der Geschichte. Sämtliche Ideologien der letzten Jahrhunderte sind hier entstanden oder schon mal ausprobiert worden, angefangen von der "Religion der Vernunft" der Revolutionäre, die sich schließlich im Laizismus wieder findet, bis hin zum Kommunismus eines Baboef oder den Kommunen in Paris, lange vor Marx. Auch jetzt ist Frankreich die Avantgarde eines großen Ringens in Europa. Wenn Europa seine Seele und Identität bewahren will, muß es eine eigene Position gegenüber dem Islam aufbauen. Das kann nach Lage der Dinge nur die Koexistenz unter dem Banner der Menschenrechte sein. Dazu muß man die Muslime zwingen, freiwillig werden sie sich auf Dauer kaum dazu bekennen. Und es setzt voraus, daß Europa, wie Johannes Paul II wiederholt gefordert hat, zu seinen christlichen Wurzeln zurückkehrt. Aus ihnen sind die Menschenrechte erwachsen, ohne Gewissensfreiheit gibt es auch keine anderen Freiheiten. In diesem Sinn können Schocks aus dem Irak wie in diesen Tagen durchaus heilsam sein. J. L.

Beten für die Entführungsopfer: Mit großer Medienwirksamkeit bekundeten zahlreiche islamische Religionsgemeinschaften in Frankreich ihr Entsetzen über die Entführungen der beiden französischen Journalisten als Mittel, die Abschaffung des Kopftuchverbotes an Schulen zu erzwingen. Foto: AFP


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