29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
11.09.04 / Marienfelder Kirche neu eingeweiht / Zum ökumenischen Gottesdienst erklang wieder das Läuten der alten Kirchenglocke

© Preußische Allgemeine Zeitung / 11. September 2004


Marienfelder Kirche neu eingeweiht
Zum ökumenischen Gottesdienst erklang wieder das Läuten der alten Kirchenglocke

In Marienfelde ist die Kirche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung aus den umliegenden Ortschaften mit einem ökumenischen Gottesdienst, durchgeführt von Pfarrer Jan Reichelt (evangelische Kirche), Pastor Waldemar Eggert (evangelisch-methodistische Kirche) und Kaplan Andre Schmeier (katholische Kirche) ihrer ursprünglichen Bestimmung übergeben worden, erklang wieder das Läuten der alten Kirchenglok-

ke. Als Gäste nahmen an diesem Gottesdienst neben dem Beauftragten der Kreisgemeinschaft Osterode für das Heimatgebiet, Prof. Dr. med. Edgar Steiner, auch der amtierende Landrat von Osterode, Jan Lipski, sowie dessen inzwischen im Sejm sitzende Vorgänger Jan Antochowski teil.

Der Sakralbau ist einer der ältesten im Kreis Osterode und hat eine wechselvolle Geschichte. Er wurde 1386/87 errichtet und anfangs als katholisches, später als evangelisches Gotteshaus genutzt. Im Jahre 1982 beschädigten ein starker Sturm und ein umstürzender Baum die Kirche schwer. 1985 fand der vorerst letzte Gottesdienst durch Pfarrer Jan Reichelt aus Kraplau statt, der 1989 die Bergung der 1923 in Betrieb genommenen Glocke mit der Inschrift: "Nach dem Kriegsleid in schwerer Zeit dem Herrn geweiht" veranlaßte. Das Fehlen der nötigen finanziellen Mittel verhinderte eine Sanierung, so daß der Verfall - begünstigt durch Vandalismus - mit den Jahren voranschritt und schließlich Mitte der 90er Jahre zum völligen Einsturz des Kirchenschiffes führte.

Als Osterodes damaliger Landrat Jan Antochowski, Ende der 90er Jahre um Unterstützung beim Wiederaufbau der Kirche bat, bot sich Edgar Steiner und Max Duscha, dem Vorsitzenden des BdV-Kreisverbandes Leipzig, beim ersten Besuch des Kirchengeländes ein trostloser Anblick. Keiner von ihnen glaubte seinerzeit, daß ein solches Vorhaben bei den zur Verfügung stehenden bescheidenen finanziellen Mitteln zu realisieren sei und Aussicht auf Erfolg habe. Die heutige Realität, der Glaube und die Kraft der Menschen, haben sie aber eines Besseren belehrt.

Der Wiederaufbau der Kirche ist vor allem das Verdienst der Bewohner des Obdachlosenheimes "Markot" in Marwalde und insbesondere ihres Leiters Andrzej Milarz. Sie haben zu keinem Augenblick aufgegeben, auch in schwierigen Situationen nicht den Glauben verloren und mit ihrem Werk das Vermächtnis des Begründers der Obdachlosenstiftung in Polen, Marek Kotanski, erfüllt. Der viel zu früh bei einem Autounfall ums Leben Gekommene, der das bis zum Zweiten Weltkrieg als Heim für Schwererziehbare genutzte Gebäude "Zum guten Hirten" erworben und den Obdachlosen zur Verfügung gestellt hatte, hatte sich die Aufgabe gestellt, die Kirche wieder aufzubauen.

Die Bewohner des Obdachlosenheimes "Markot" begannen im Jahre 2000 die Überreste der Kirche zu bergen und einzulagern und 2002 mit dem Wiederaufbau der Kirche. Die Grundlage hierfür bildeten Baupläne, die von einem polnischen Architekten nach durch Erich Poetzel aus Marienfelde zur Verfügung gestellten Fotografien angefertigt worden waren, sowie eine Anschubfinanzierung der Kreisgemeinschaft Osterode, der Deutschen Gesellschaft "Tannen" und des Dachverbandes.

Mit der Neueinweihung der Kirche sind heute die Worte von Erich Poetzel aus der Folge 92 der Osteroder Zeitung vom November 1999 wieder Wirklichkeit geworden: "Ja, dieser Turm! Einer wuchtigen Trutzburg gleich stand (und steht) er über die Jahrhunderte hinweg da als steinerner Zeuge der um ihn herum zu Staub gewordenen menschlichen Schick-

sale - jener Ernte aus Krieg und Frieden, Freud und Leid, Gesundheit und Krankheit, Jugend und Gebrechlichkeit, Liebe und Haß. Seine über Gräber und Tod hinausgehende Sinnstiftung kam (und kommt) einem hoffnungsfrohen Brückenschlag gleich, einem Bogen der Hoffnung zwischen Vergänglichem und Unvergänglichem."

Nach der endgültigen Fertigstellung soll die Kirche künftig nicht nur für Gottesdienste, sondern vor allem als "Ökumenisches Jugendzentrum" genutzt werden. Bis dahin bleibt aber noch viel zu tun, bedarf es auch weiterhin der Unterstützung der Enthusiasten des Obdachlosenheimes "Markot" in Marwalde. KGO

 

Einweihung der Marienfelder Kirche: Pfarrer Jan Reichelt (evangelische Kirche), Pastor Waldemar Eggert (evangelisch-methodistische Kirche) und Kaplan Andre Schmeier (katholische Kirche) (v.l.n.r.) gaben dem Gottesdienst einen ökumenischen Charakter. Foto: Steiner


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren